Die Lehre von den Spionen

Die Formel 1-Welt ist finster, böse, hinterhältig. Wer dieser Tage Nachrichten liest, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass überall im Fahrerlager dubiose Gestalten lauern, Teamchefs ansprechen und geheime Daten verschachern. Das schien die Lehre des Rennwochenendes zu sein. Bei BMW Sauber gibt es trotzdem keine schwarze Liste mit Mitarbeitern, die man besser nicht anstellen sollte. "Bei zwei anderen Teams jetzt vielleicht schon", sagte Mario Theissen scherzhaft. Nico Rosberg nahm die Spekulationen mit Galgenhumor. "Ich finde das gut, immer mehr davon bitte - so lange Williams nicht reingezogen wird..." Nein, darüber dürfe man keine Scherze machen. Wobei an einen Ehrenkodex glaubt er in der Formel 1 nicht. "Was da in der Vergangenheit schon alles mit den Autos gemacht wurde..."

Lehre Nummer 1: Briten lieben komische Kopfbedeckungen., Foto: Sutton
Lehre Nummer 1: Briten lieben komische Kopfbedeckungen., Foto: Sutton

Und vielleicht nicht nur mit den Autos. Wer den Schaden hat, braucht bekanntlich für den Spott nicht zu sorgen. So wurden die Weinflaschen bei der Eröffnung des neuen McLaren Brand Centre Palastes schnell von der Theke geräumt, nachdem einige findige Journalisten entdeckt hatten, dass diese laut Etikett aus dem australischen "Spy Valley" stammen. Und auch das "italienische Design" des neuen Motorhomes musste für den einen oder anderen Witz herhalten - schließlich könnten die angeblichen 500 Seiten Ferrari-Wissen ja weniger Informationen über den F2007 als vielmehr Baupläne des neuen Ferrari-Motorhome beinhaltet haben... Als dann im Freitagstraining ein Teil am McLaren von Fernando Alonso flatterte, musste man im Media Centre nicht lange auf einen Kommentar dazu warten: "Ein gestohlenes Ferrari-Teil!"

Die Lehre vom Spektakel

Presserunden mit den Fahrern sind vielschichtige Veranstaltungen. Sie können vor Informationen nur so strotzen (eigentlich nie), von Phrasen beherrscht werden (eigentlich alle), vor allem aus vielen Fragen und nur wenig Antworten bestehen (immer bei Kimi), Spektakuläre Enthüllungen beinhalten (etwa Nicos Geburtstagsfeier mit drei Kühen in Magny Cours) oder einfach nur so dahinplätschern (hallo Ralf!). Doch die Blockbuster vom letzten Grand Prix können nur eine Woche darauf schon wieder gähnende Langeweile verursachen. "Es ist schwierig, etwas Spektakuläres zu erzählen", sagte Nico Rosberg am Donnerstag in Silverstone. "Man darf ja nix erzählen." So durfte Nico am Samstag noch nicht mal sagen, was an seinem Auto kaputt gegangen war. "Da habe ich das letzte Mal eins auf die Ohren bekommen." Dann lieber gar nichts sagen. Es gibt eben nicht immer Geburtstagsbesuch von drei Kühen vor dem Motorhome...

Lehre Nummer 2: Briten lieben rosa Kopfbedeckungen., Foto: Sutton
Lehre Nummer 2: Briten lieben rosa Kopfbedeckungen., Foto: Sutton

Die Lehre vom 5-Jahresplan

Nick Heidfeld ist glücklich und zufrieden. Er hat noch keinen GP gewonnen, offiziell noch keinen neuen Vertrag bei BMW Sauber, aber all das scheint für ihn nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Derzeit liegen die Weiß-Blauen jedenfalls voll im Plan, aber anders als die meisten neuen Teams. "In der F1 hat jedes Team den bekannten 5-Jahresplan", sagte Heidfeld lächelnd. "Im 5. Jahr wollen dann alle Weltmeister sein - nur meistens geht das nicht auf." Fragen Sie mal bei Toyota und Honda nach...

Die Lehre von den kurzen Wegen

Für Spyker war Silverstone mehr als ein Heimspiel. Die Fabrik des Teams liegt nur wenige hundert Meter vor den Eingangstoren zur Strecke. "Der Vorteil ist, dass wir die Ersatzteile schnell heranholen können", scherzte Adrian Sutil am Donnerstag. "Aber wir hoffen, dass wir sie nicht brauchen." Der Plan ging nicht ganz auf. "Leider hat Adrian dafür gesorgt, dass unseren Jungs in der Fabrik nicht langweilig wird", bilanzierte Mike Gascoyne schon am Freitag. Zum Glück waren die Wege kurz...

Die Lehre vom Wahnsinn

Lehre Nummer 3: Gegen Japaner haben auch Briten keine Chance., Foto: Sutton
Lehre Nummer 3: Gegen Japaner haben auch Briten keine Chance., Foto: Sutton

Der erste Sektor ist für Marc Surer ein Sektor für Männer. "Da wird schnell gefahren", meint der Schweizer. Alex Wurz kann darüber nur lachen. "Alle Kurven sind haarig", verriet der Österreicher vor dem Rennen, "wenn man gegen 21 Wahnsinnige kämpft." Kein Wunder also, dass es nicht lange dauerte, bis es zwischen Wurz und Scott Speed krachte. Dem Fighter aus der Alpenrepublik war das relativ egal. "Für ihn war das schade, denn sein Rennen war damit vorbei. Mir war es eigentlich relativ wurscht."

Die Lehre vom Urschrei

Am Samstagnachmittag erbebte Silverstone. Lewis Hamilton fuhr in allerletzter Sekunde auf die Pole Position. Die britischen Fans tobten. "Ich habe selbst fast meine Stimme verloren!", berichtete Lewis hinter auf der Pressekonferenz. "Ich fuhr über die Ziellinie und konnte die Zuschauer hören - ich weiß nicht, ob sie mich hören konnten, aber ich schrie genauso laut wie sie." Am Sonntag kam der Urschrei zu einem abrupten Ende. 85.000 Fans erstarrten, Totenstille auf den Tribünen. Sie waren plötzlich in der stummen Welt des Iceman.