Das letzte Rennen des Jahres wird immer aus unterschiedlichen Gründen herbeigesehnt. Die einen wollen die Saison so schnell wie möglich hinter sich bringen und vergessen. Die nächsten wollen sie wenigstens mit einem Erfolgserlebnis, dem legendären "on a high" abschließen. Und wiederum andere stecken noch mitten im Kampf: Um Titel, Meisterschaftspunkte und natürlich Siege - respektive den einen letzten Sieg.

Für Michael Schumacher ist dies wörtlich zu nehmen: Der Große Preis von Brasilien 2006 ist nicht nur eines von 16 Saisonfinals, die er in ebenso vielen Formel 1-Saisons erlebte. Es ist sein letztes Formel 1-Rennen. Nach 71 Runden, schlimmstenfalls schon während dieser, beendet der siebenfache Weltmeister seine Karriere. Die Chancen, dass er dann ein achtfacher Weltmeister ist, stehen seit dem vorletzten Saisonlauf in Suzuka allerdings schlecht. Sein Ziel bleibt dadurch aber ebenso unverändert wie jenes seiner Konkurrenten: sie wollen alle gewinnen.

Renault: Beide Titel gewinnen

Darf Fernando wieder in Brasilien jubeln?, Foto: Sutton
Darf Fernando wieder in Brasilien jubeln?, Foto: Sutton

Fernando Alonso fehlt zum zweiten Weltmeisterglück nur noch ein einziger WM-Zähler. Ein achter Platz reicht dem Spanier zur Titelverteidigung. Während Alonso bereits nach dem Japan GP ankündigte, dass man entsprechend vorsichtig und defensiv in das Finale gehen werde (vor allem was die Motoren betrifft), gab sein Teamchef Flavio Briatore eine andere Devise aus: Attacke. Renault will beide WM-Titel verteidigen und das erreichen sie am einfachsten mit einem Sieg. Dabei spielt es keine Rolle, ob Alonso oder Giancarlo Fisichella ganz oben auf dem Podest steht. Entsprechend wittert der Italiener seine Chance mit einem Erfolgserlebnis in seine große Saison 2007 zu starten - denn dann muss er als Teamleader beweisen, dass er Alonso als Titelkandidat ersetzen kann.

Ferrari: Zum letzten Mal gewinnen

Den Fahrer-Titel hat Michael Schumacher schon seit Suzuka abgeschrieben, an den Konstrukteurstitel klammert er sich noch. Trotzdem müssen die Roten in beiden Titelkämpfen auf Schützenhilfe hoffen. Die Voraussetzung dafür ist aber ein Sieg, in der Team-WM sogar ein Doppelsieg. Genau diesen hat sich die Scuderia auf die roten Fahnen geschrieben. Sollte es mit den Titeln nicht klappen, hätte man zumindest den perfekten Abschied für Michael Schumacher inszeniert. Felipe Massa wird seine Wünsche nach einem Heimsieg in Sao Paulo deswegen noch ein Jahr zurückstellen müssen - am kommenden Sonntag kann es bei Ferrari nur einen geben.

McLaren: Zum ersten Mal gewinnen

Ein letztes Mal in Silber..., Foto: Sutton
Ein letztes Mal in Silber..., Foto: Sutton

McLaren Mercedes gehörte in diesem Jahr noch nicht zum Siegerkreis. Eine sieglose Saison ist für jeden Spitzenrennstall schwierig, für die erfolgsverwähnten Silbernen ist es aber doppelt bitter. Die Chancen auf einen Abschlusssieg in Interlagos stehen schlecht - jedenfalls so lange nicht der Wettergott kräftig mithilft. Eins ist auf jeden Fall klar: Mit seinem letzten McLaren-Sieg würde Kimi Räikkönen seinem neuen Arbeitgeber auch die letzten Minimalchancen auf beide WM-Titel entreißen. Pedro de la Rosa könnte hingegen noch einmal auf sich aufmerksam machen und einen letzten Denkprozess in Gang setzen, bevor Lewis Hamilton 2007 sein Nachfolger wird.

Honda: Zum ersten und zweiten Mal gewinnen

Den ersten GP-Sieg hat Honda in diesem Jahr geschafft, seit dem Heimrennen in Suzuka peilt man offiziell bei jedem Rennen den zweiten Erfolg an - hoffentlich dauert das nicht wieder genauso lange wie beim ersten Sieg. Den hatte British American Racing bekanntlich schon zum Debüt 1999 angekündigt. Für Rubens Barrichello wäre das Wunder von Sao Paulo sein erster Triumph auf heimischem Boden. Bei Ferrari fuhr er Jahr für Jahr dem ersehnten Sieg in der Heimat hinterher. Jetzt soll es mit Honda klappen - höchstwahrscheinlich aber noch nicht in diesem Jahr; außer Interlagos wird seinem Namen wieder einmal gerecht und liegt nicht nur "zwischen den Seen", sondern wird wie 2003 selbst zu einem. Damals schied Rubens jedoch ohne Benzin aus...

BMW Sauber: Gegen Toyota gewinnen

Kubica und BMW haben ihr Soll in Jahr 1 übererfüllt., Foto: Sutton
Kubica und BMW haben ihr Soll in Jahr 1 übererfüllt., Foto: Sutton

Die erste Saison des BMW Sauber Teams neigt sich dem Ende - als Fünfter der Konstrukteurswertung erfolgreicher als man vorher erwarten konnte. Allerdings müssen die Weiß-Blauen für dieses Erfolgserlebnis in Brasilien noch einmal kräftig schwitzen. Nach dem Japan GP liegt ihr einziger Widersacher im Kampf um Platz 5 nur noch einen Punkt zurück. Dank der beiden Podestplätze von Nick Heidfeld und Robert Kubica dürfen es sich die Weiß-Blauen jedoch erlauben einen Punkt weniger als Toyota zu holen; dann wären sie bei Punktgleichheit aufgrund von 2:1 dritten Plätzen immer noch Fünfter. Toyota hat nur einen 3. Platz durch Ralf Schumacher vorzuweisen.

Toyota: Platz 5 gewinnen

Damit es doch noch mit dem 5. Platz klappt, testete Toyota, ebenso wie BMW Sauber, in der letzten Woche in Jerez. Der Aufwärtstrend von Japan macht dem Team zusätzlich Mut. Allerdings spielten in Suzuka die Reifen eine wichtige Rolle. Die große Frage ist deshalb: Hat Bridgestone auch in Brasilien die Oberhand? Wenn nicht, erwartet uns ein harter Kampf zwischen Toyota und BMW Sauber um die letzten Punkteränge.

Red Bull: Bald mit Newey gewinnen

Die letzten Punkteränge hat Red Bull in den zurückliegenden Wochen mehr und mehr aus den Augen verloren. In Japan bot man sogar ein äußerst jämmerliches Bild. Dafür gibt es aber einen Grund: Die roten Bullen arbeiten seit geraumer Zeit hauptsächlich am neuen Auto für 2007. Es bleibt demnach zu bezweifeln, dass Red Bull sein Punktekonto in Brasilien noch einmal aufstocken wird.

Williams: Erinnerungen ans Gewinnen

Nur noch einmal muss Alex Wurz zuschauen, dann darf er auch samstags und sonntags wieder ran..., Foto: Sutton
Nur noch einmal muss Alex Wurz zuschauen, dann darf er auch samstags und sonntags wieder ran..., Foto: Sutton

Für Williams sind das gute Nachrichten: So bleibt den Mitternachtsblauen die Chance auf WM-Rang 7 erhalten. Andererseits müssten sie dafür 5 Punkte aufholen, mit anderen Worten mindestens Vierter oder Sechster und Siebter werden; eine Nullrunde bei RBR vorausgesetzt. Angesichts der starken Konkurrenz und der enttäuschenden Saison erscheint dies nicht gerade als Kinderspiel. Trotzdem gibt es Hoffnung: in den Reifen und beim Wetter...

Toro Rosso: Gewinnen?

Vom Sieg dürfte bei Toro Rosso, selbst bei einer neuen Sintflut, niemand reden - ablehnen würden sie ihn natürlich nicht. Ein realistischeres Ziel ist es die Konkurrenten von Spyker zu schlagen und vor dem Schwesterteam zu landen, das ist den Jungbullen zuletzt einige Male gelungen. WM-Punkte dürften unter normalen Bedingungen aber für keines der Red Bull-Teams drin sein.

Spyker: Keine Chance zu gewinnen

Albers sehen wir 2007 bei Spyker garantiert wieder., Foto: Sutton
Albers sehen wir 2007 bei Spyker garantiert wieder., Foto: Sutton

Die Verantwortlichen bei Spyker wollen schnellstmöglich die niederländische Nationalhymne in der Formel 1 hören. Spötter könnten sagen: Das wird eher bei einem Grand Prix der Niederlande als bei einem Sieg des Teams möglich sein. Einen solchen Grand Prix hielt aber selbst Michiel Mol bei der Spyker-Übernahme für "unwahrscheinlich". Nichtsdestotrotz hat das Team für seine Verhältnisse in diesem Jahr einige 'Siege' eingefahren - Siege gegen Super Aguri, Toro Rosso, Red Bull und nicht zuletzt die Finanzschwäche.

Super Aguri: An Erfahrung gewinnen

Das wichtigste Rennen des Jahres ist vorbei. Super Aguri hat sein Heimrennen in Suzuka anständig beendet. Jetzt soll auch der Saisonabschluss gelingen. Dann kann man sich einen ganzen Winter lang auf seine zweite Saison vorbereiten - auch wenn der Wunsch nach einem Kundenchassis wohl erneut nicht in Erfüllung gehen wird. Die Vorzeichen stehen trotzdem besser als vor dieser Saison.