Ferrari-Technikdirektor Ross Brawn gehört zu den "rauchenden Köpfen" im Fahrerlager - ein genialer Stratege, der quasi mit allen Rennwassern gewaschen ist. Zurzeit gibt es neben der leidigen Motoreneinfrierung zwei weitere Thematiken, welche die Formel 1-Welt beschäftigt. Die nicht enden wollende Diskussion rund um die flexiblen Flügelelemente und die neuerdings wieder aufgeflammte Frage der Safety Car-Regeln.

Flexi-Wings mangels Kontrollmöglichkeit zulassen?

Die "Flexi-Wings" vergleicht Brawn mit der Traktionskontrolle - die Versuche, diese zu verbieten, scheiterten daran, dass die Oberste Sportbehörde FIA nicht in der Lage war, ein solches Verbot zu kontrollieren. Zu vielfältig sind die Möglichkeiten der Superhirne, eine Traction Control zu verstecken.

Die flexiblen Flügel scheinen ein ähnlich hartnäckiges Problem darzustellen. Die von der FIA vor dem Kanada-Grand Prix zwingend vorgeschriebenen Abstandhalter konnten offensichtlich nicht für ein Ende der Verdächtigungen sorgen - Honda drohte, gegen BMW Sauber Protest einzulegen, weil das junge Gespann noch immer über einen sich durchbiegenden Heckflügel verfügen soll.

Brawn würde die Flexi-Wings mangels Kontrollierbarkeit erlauben., Foto: Sutton
Brawn würde die Flexi-Wings mangels Kontrollierbarkeit erlauben., Foto: Sutton

Ross Brawn sieht daher nur eine Lösung für den Konflikt: Flexible Flügel sollen erlaubt werden. "Das scheint die einfachste Lösung zu sein, aber es ist unwahrscheinlich, dass dem alle Teams zustimmen werden. Daher wird es wahrscheinlich auch nicht passieren", erklärte Brawn gegenüber Autosport.

Safety Car-Phase: Die Überrundeten stören das Rennen

In Montreal hätte nach dem Unfall von Jacques Villeneuve und dem Einsatz des Safety Cars sieben Runden vor Schluss ein heißer, elektrisierender Sprint stattfinden können - doch weil überrundete Fahrzeuge zwischen den Toppiloten lagen, gab es dennoch keine oder nur wenige direkten Kämpfe zu beobachten. Ein großer Teil der Piloten wünscht sich nun eine neue Regelung, wonach überrundete Fahrer in einer SC-Phase zurück gewunken werden sollen.

Brawn sagt dazu: "Es gibt viele Diskussionen rund um dieses Thema und es wird dazu in den kommenden Wochen einige Meetings mit der FIA und den Piloten geben." Prinzipiell würde er den Piloten zustimmen: "Das Safety Car ist eine tolle Chance, ein Rennen zu beleben und es ist schade, wenn Überrundete dies verhindern." Doch man müsse auch hier differenzieren, sagte Brawn: "In anderen Rennserien werden die Spitzenfahrer und die Überrundeten in zwei nebeneinander fahrende Reihen separiert - doch dies ist bei uns nicht möglich, weil die Strecken nicht breit genug sind und weil die Überrundeten auf der staubigen Seite fahren müssten." Dies würde ein Sicherheitsrisiko darstellen.

Er könne sich jedoch vorstellen, dass die Überrundeten ans Ende der Schlange zurück gewunken werden, sagte Brawn. "Sie werden so oder so überrundet, man könnte also die ersten acht Fahrer vorne wegfahren lassen." Das Problem dabei: "Das muss man auch entsprechend organisieren und unsere Boxenfunkgeräte sind nicht zu hundert Prozent verlässlich. Man kann sich vorstellen, welch Konfusion herrschen würde, wenn es Kommunikationsprobleme geben würde."

Boxengasse während der SC-Phase schließen?

Neben der aktuellen Frage der Überrundeten würde es noch weitere Diskussionspunkte geben - beispielsweise werde überlegt, die Boxengasse während einer SC-Phase abzusperren.

Ross Brawn erklärt: "Das SC-Car wird eingesetzt, weil es eine gefährliche Situation gibt. In dieser jedoch werden die Fahrer dazu verleitet, möglichst rasch an die Box zu gelangen, was ebenfalls gefährlich werden kann und somit in gewisser Weise einen Widerspruch darstellt."

Zugleich würde bei dieser Lösung ein weiteres Problem entstehen: Jene Fahrzeuge, welche ihren programmierten Boxenstopp just in der Safety Car-Phase eingeplant hätten, würden dann ohne Sprit auf der Strecke zum Erliegen kommen. Und auch das wäre für die Sicherheit wenig förderlich. Sicher ist nur: Es gibt in der Welt der Formel 1 noch viel zu diskutieren.