Die Bürger aus dem kleinen Ort Schilda - in dem bekannten Märchen heißt es, dass diese Bürger extrem schlaue Menschen waren, weshalb sie zu begehrten Ratgebern der Könige wurden. Die Kehrseite der Medaille bestand darin, dass immer mehr Menschen von den Königen abgezogen wurden und Schilda immer weniger Bürger hatte. Bis man eines Tages beschloss, sich dumm zu stellen, den Königen Streiche zu spielen. Was auch funktionierte - doch: Mit der Zeit wurden die Bürger von Schilda tatsächlich immer dümmer, sodass sie am Ende für ihre Dummheit bekannt wurden. Heute wird der Begriff "Schildbürgerstreich" für besonders sinnlose, absurde und aberwitzige Regelungen und Maßnahmen der Bürokratie angewandt.

Einen typischen "Schildbürgerstreich" hat die Oberste Sportbehörde FIA in ihrem neuesten Motorenreglement verpackt. Die Motorenentwicklung wird von 2008 bis 2011 eingefroren - die Homologation für diese Motoren wird jetzt, im Jahr 2006 vergeben. Der Schildbürgerstreich besteht darin, dass im kommenden Jahr neue, weiterentwickelte Motoren eingesetzt werden, nur um im Jahr 2008 wieder auf die aktuellen Versionen zurückzugreifen.

Während FIA-Boss Max Mosley am Freitagmorgen in einem Schreiben an die Teams erklärt hat, dass es in punkto Motoreneinfrierung kein Abweichen von der vollen Einfrierung geben wird - die Hersteller wollen eine Kompromisslösung, die in gewissen Bereichen eine Weiterentwicklung der Motoren erlaubt - scheint die Sportbehörde zumindest in dem erwähnten Punkt gesprächsbereit zu sein.

Wie unsere Kollegen von Autosport erfahren haben, wird Max Mosley in der kommenden Woche BMW-Vorstandsmitglied Burkhard Göschel treffen. Göschel ist auch in der Herstellervereinigung GPMA ein wichtiger Mann - er könnte in dem Meeting mit Mosley erreichen, dass die Hersteller nicht umsonst viel Geld für die Entwicklung der Aggregate für die Saison 2007 ausgeben, wenn 2008 tatsächlich die 2006er-Varianten eingesetzt werden sollten.

Einen ähnlich kostspieligen "Schildbürgerstreich" fabrizierte die FIA bereits vor zwei Jahren, als man für die Saison 2005 die Lebensdauer der V10-Motoren auf zwei Grand Prix-Wochenenden erhöhte, nur um 2006 auf V8-Motoren zu wechseln. Zyniker würden sagen: So wie die Bürger von Schilda mit ihren Streichen ins Märchenreich eingingen, könnte Max Mosley mit seinen "sündteuren Sparmaßnahmen" in die Motorsportgeschichte eingehen.