Er fuhr in fünf Runden vom 12. Startplatz auf Platz vier nach vorne, mit Top-Rundenzeiten - doch dann musste Bruno Senna im Prominenten-Rennen von Bahrain seinen Chevrolet seinem Partner Simon Webbe übergeben, dem Ex-Blue-Sänger, der das Duo schon am Samstag im ersten Lauf um alle Chancen gebracht hatte.

Danach stand er mit Ex-GP-Pilot und RTL-Experte Christian Danner vor dem Monitor - und während Danner sich freuen konnte, weil sein Co-Pilot, der libanesische Pop-Sänger Ragheb Alame, in seiner Heimat ein Superstar, als Dritter zumindest noch einen Podiumsplatz halten konnte, konnte Bruno nur den Kopf schütteln: Webbe ließ sich noch von zwei Gegnern überholen, wurde am Ende nur Sechster.

"Der Typ ist einfach hoffnungslos", ärgerte er sich - obwohl es ja eigentlich um nichts ging. "Aber ich hasse es grundsätzlich, zu verlieren - egal, bei was." In bester Familientradition eben - auch Ayrton Senna konnte ja nur sehr schwer eine Niederlage wegstecken - auch wenn es sich nur um ein Tischtennis-Match unter Freunden handelte...

Erfahrung sammeln für die Königsklasse

Eigentlich hatte Bruno an dem Rennen ja vor allem teilgenommen, um die Strecke kennen zu lernen. "Wenn ich einmal in die Formel 1 komme, dann will ich schon so viele Kurse wie möglich kennen." Deshalb fährt er auch in drei Wochen im Rahmenprogramm zum Australien-GP ein Formel-3-Rennen in Melbourne. "Außerdem ist das eine gute Gelegenheit, vor dem Start der englischen Formel-3-Saison noch ein bisschen zusätzliche Erfahrung zu gewinnen."

Erfahrung sammeln, so viel und so schnell wie möglich, das ist ein Schlüsselwort für den 22-jährigen: Nach Ayrton Sennas Tod in Imola 1994 verbot Sennas Schwester Viviane ihrem Sohn erst einmal das Kartfahren: "Die ganze Familie war dagegen, es ist ja auch irgendwie verständlich, ich musste das respektieren."

Acht Jahre lang versuchte er, "das Rennfahren zu vergessen, als das endgültig aus dem Kopf zu bekommen - aber es ging einfach nicht." Mit 18 erklärte er dann seiner Mutter, dass er unbedingt wieder Kart fahren wolle - "und sie erlaubte es. Aber wirklich ernsthaft in einem Rennauto habe ich erst wieder 2004 gesessen - in der Formel BMW." Familienoberhaupt und Großvater Milton Senna da Silva ist zwar immer noch alles andere als begeistert - "aber er muss auch meine Entscheidung respektieren. Und ganz nebenbei: Im Übrigen war er es - und nicht Ayrton - der mich zum ersten Mal in ein Kart gesetzt hat."

Ein entscheidendes Jahr

Jetzt muss Bruno den Vorsprung seiner Konkurrenten im Formel-1-Tempo aufholen - und er scheint das Zeug dazu zu haben. In der zweiten Saisonhälfte 2005 stand er in der britischen Formel-3-Meisterschaft bereits dreimal auf dem Podium, holte eine Pole-Position. "2006 wird auf jeden Fall ein ganz entscheidendes Jahr, ich will und muss unter die ersten drei in der Meisterschaft, der Titel wäre natürlich toll."

Er fährt im Team von Kimi Räikkönen und dessen Robertson-Management, mit Mercedes-Motoren, "und derzeit dominiert er zusammen mit seinem Teamkollegen Mike Convey alle Tests", sagt Steve Robertson. Dann soll auf jeden Fall ein Jahr in der GP2-Serie folgen - und dann der Sprung in die Formel 1. "Wenn ich die entsprechenden Leistungen bringe, dann werden die Angebote schon kommen", ist er sicher - und weiß natürlich, dass sein Name da viele Türen öffnet. "Aber der Name Senna ist natürlich auch ein Vermächtnis, er bringt eine hohe Verantwortung mit sich. Das Problem ist, dass eben sofort der Vergleich mit Ayrton kommt - vor allem von Leuten, denen gar nicht bewusst ist, wie wenig Erfahrung ich habe."

Großes Talent, große Ziele

Eines hat er von seinem Onkel auf jeden Fall übernommen: Die Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit, mit der er seine Aufgabe angeht - und den Ehrgeiz: "Ich mache das hier nicht nur zum Spaß. In unserer Familie macht niemand halbe Sachen. Was wir machen, das wollen wir perfekt machen."

So hat er intensiv an seiner Fitness gearbeitet, hat seinen eigenen Personal Trainer, macht viel Ausdauer- und Krafttraining - "und sehr viel Boxen. Das ist unheimlich gut, schult alles gemeinsam, auch Reaktionsschnelligkeit und Reflexe..." Und das Ziel ist auch nicht nur, einfach irgendwann einmal in der Formel 1 anzukommen: "Ich will dort dann auch gewinnen - und Weltmeister werden..."

Das Talent dazu hatte ihm Ayrton Senna schon bescheinigt, als der noch nicht einmal zehnjährige Bruno jedes Wochenende auf der eigenen Kartstrecke der Senna-Farm in Tatui, 150 Kilometer von Sao Paulo entfernt, herumtobte. "Ihr denkt immer, ich bin gut. Wartet mal, bis Bruno kommt", sagte er damals, Anfang der Neunziger, einmal zu McLaren-Teammanger Dave Ryan.