Die anstehenden Wintertestfahrten gelten unter Experten als eine der wichtigsten Phasen vor dem Beginn der neuen Formel 1 Saison 2006. Durch die Rückkehr von Reifenwechseln und den Umstieg von V10- auf V8-Motoren steht den Teams jede Menge Testarbeit ins Haus.

Da ist es kein Wunder, dass die Scuderia Ferrari bereits seit dem Saisonende munter in Vallelunga und Bahrain getestet hat. Damit setzen sich die Italiener weiter allen Kritikern zum Trotz als einziges Team gegen die freiwillige Testbeschränkung der anderen durch.

Ab Montag dürfen aber auch die anderen neun Rennställe wieder ins Testgeschehen eingreifen. Zeit für uns einen Blick auf die anstehenden Testaufgaben und den Stand der Dinge zu werfen.

Die Parties sind vorbei: Jetzt wird wieder getestet., Foto: Sutton
Die Parties sind vorbei: Jetzt wird wieder getestet., Foto: Sutton

Renault: Kein Interimsmodell

Die Weltmeister gehen verhalten an die Wintertests heran: Der neue Achtzylinder aus Viry-Châtillon wird erst im neuen Jahr zum Einsatz kommen. Entsprechend bauen die Franzosen auch kein Interims-Chassis. Ein solches verspricht laut Technikchef Bob Bell eine "viel zu geringe Rendite". Stattdessen werden die Gelb-Blauen bis zum Jahresende mit einem an das 2006er Reglement angepassten V10-Triebwerk testen. Dadurch sollen sich die Fahrer an die geringeren Geschwindigkeiten und neuen Gegebenheiten gewöhnen. Zudem werden natürlich Aerodynamikentwicklungen geprüft sowie vor allem Reifentests absolviert werden. Neben den Stammpiloten wird der GP2-Vizemeister und neue Vollzeittestfahrer Heikki Kovalainen einen Großteil der Wintertests bestreiten.

McLaren: Bereit zur Jagd

McLaren Mercedes möchte in der neuen Saison Renault den Rang als Weltmeister ablaufen und selbst wieder den größten Pokal in die Vitrine stellen. Der neue Mercedes V8 läuft aus diesem Grund schon seit einigen Monaten zu Testzwecken in einem Silberpfeil. Diese Testfahrten mit dem V8-Aggregat werden in den anstehenden zwei Wintertestmonaten intensiviert. Außerdem erhält DTM-Champion Gary Paffett die Möglichkeit sein Können in einem F1-Boliden zu demonstrieren. Mehr als eine einmalige Testfahrt ist jedoch nicht geplant.

Ferrari steckt bereits mitten in den Tests., Foto: Ferrari Press Office
Ferrari steckt bereits mitten in den Tests., Foto: Ferrari Press Office

Ferrari: Testen ohne Rücksicht auf Limitierungen

Die Scuderia steckt bereits mitten in ihrem Wintertestprogramm. Schon in der Woche nach dem Saisonfinale schicken die Roten ihre Testfahrer im heimischen Vallelunga auf die Strecke. Ähnliche Testversuche fanden danach an gleicher Stelle vor den Toren Roms sowie zuletzt in der Wüste von Bahrain statt. Marc Gené, Luca Badoer und Felipe Massa hatten bei diesen Tests nur zwei Aufgaben: Reifen und Motoren testen. Neben einem F2005 mit einem angepassten V10-Motor, kam auch ein F2004 mit dem neuen V8-Triebwerk zum Einsatz. Ebenso werden die Roten in den kommenden Wochen weiter verfahren. Michael Schumacher genießt unterdessen seinen gewohnten Winterurlaub mit der Familie.

Toyota: V8-erfahren

Auch Toyota hat bereits während der vergangenen Saison mit den ersten V8-Tests begonnen. Testfahrer Riccardo Zonta war von der fehlenden Power des neuen Aggregats allerdings wenig angetan: Er meinte sogar ein kleines Mädchen könnte das Auto jetzt fahren. Dennoch werden bei den anstehenden Wintertests Zonta, Ralf Schumacher und Jarno Trulli im Cockpit sitzen. Die neue Saison werden die Weiß-Roten mit einem Interimsauto beginnen, bevor später ein komplett neues Auto Toyota den ersten Sieg einbringen soll. Wie alle Rennställe stehen bei den Japanern neben Motoren-Tests auch intensive Testfahrten mit dem schwarzen Gold auf dem Programm. Für Toyota gilt dies aber noch intensiver: Schließlich sind die Japaner von Michelin zu Bridgestone gewechselt.

Williams hat viel zu tun., Foto: Sutton
Williams hat viel zu tun., Foto: Sutton

Williams: Kompletter Neuanfang

Neues Auto, neue Reifen, neuer Motor: In Grove bleibt kein Bauteil auf dem anderen. Entsprechend sehen die einen eine große Chance für die Briten. Andere erwarten hingegen ein äußerst schwieriges Jahr für Frank Williams und Patrick Head. Eines steht auf alle Fälle fest: Williams hat bei den Wintertests alle Hände voll zu tun. Die neuen japanischen Pneus müssen an das Chassis angepasst werden und der Cosworth-V8 muss den traditionellen Lorbeeren gerecht werden. Mark Webber und Nico Rosberg erwartet also eine heiß0e Testphase. Wer sie als Testfahrer unterstützen wird, steht noch nicht fest.

Honda: Angriff auf die Spitze

Einen Namen für das mittlerweile komplett von Honda übernommene Team haben die Japaner noch nicht veröffentlicht. Trotzdem sind die Ziele für 2006 klar definiert: Siege und eine Chance auf den WM-Titel sollen her. Der V8-Motor wurde als einer der ersten schon vor Monaten in Mugello getestet und soll in diesem Winter so schnell wie möglich standfest gemacht werden. Neben einem gedrosselten V10 wird das echte V8-Aggregat in einem neuen Concept Car zum Einsatz kommen. Honda setzt also nicht auf die Renault-Taktik und verspricht sich von einem Interimswagen sehr wohl eine gute Rendite.

Die Bullen werden von Pferden angetrieben., Foto: Sutton
Die Bullen werden von Pferden angetrieben., Foto: Sutton

Red Bull Racing: Rote Bullen und springende Pferdchen

Auch bei RBR gibt es einiges Neues: Ab Februar schwingt Adrian Newey in Milton Keynes das Design-Zepter. Schon in diesem Jahr kommen die neuen Ferrari-V8-Triebwerke im Heck der roten Bullen zum Einsatz. Wer der zweite RBR-Pilot neben David Coulthard sein wird, steht allerdings immer noch nicht endgültig und offiziell fest. Es ist aber davon auszugehen, dass Christian Klien den Zuschlag erhalten wird. Als dritter Mann ist mittlerweile nicht mehr Neel Jani, sondern Robert Doornbos im Gespräch.

BMW-Sauber: Es gibt viel zu tun

Bereits seit Monaten arbeiten in München und Hinwil alle auf das Debüt des neuen BMW-Werskteams hin. Dennoch gibt es in den kommenden Wochen und Monaten noch viel zu tun. Das erste BMW-Sauber-Chassis muss entwickelt und gleichzeitig das Interimsmodell getestet werden. Der neue BMW-V8 steckte zumindest schon einmal zu Testzwecken in einem Williams-Boliden. Noch größer sind die Fragezeichen aber über der Fahrerpaarung: Wer neben Nick Heidfeld als zweiter Stammfahrer und Testfahrer agieren werden, steht noch nicht fest.

MF1 Racing: Die Russen kommen

Nicht nur Sauber hat seit Saisonende seinen Namen gewechselt: Auch das Jordan Team existiert nicht mehr. An seine Stelle ist das erste F1-Team mit einer russischen Lizenz getreten. Abgesehen von einigen Seatfittings für Einmaltester wie den Russen Roman Rusinov, den Belgier Jeffrey van Hooydonk oder den Deutschen Markus Winkelhock, gab es in den letzten Wochen nicht viel aus Silverstone zu vermelden. Der neue M16 befindet sich noch in der Entwicklung - und zwar unter der Leitung des beförderten Technikchefs James Key. Immerhin hat Toyota mit seinem V8-Motor bereits einige Testkilometer hinter sich gebracht.

Minardi ist F1-Geschichte., Foto: Sutton
Minardi ist F1-Geschichte., Foto: Sutton

Scuderia Toro Rosso: Alles neu in Faenza

Hat Minardi mit seinem Viertagestest in Vallelunga gegen das Testabkommen verstoßen? Die Italiener nahmen es gelassen: Da das Team nach Testende nicht mehr existierte, spielte es auch keine Rolle. Tatsächlich war die Befehlsgewalt aber schon am 1. November auf Red Bull übergegangen. Diese installierten den neuen Namen Scuderia Toro Rosso und warten nun auf Anfang Januar. Dann wird der neue Teamboss Franz Tost seine Arbeit in Faenza aufnehmen. Bis dahin soll aus dem PS05 und dem RB1 ein konkurrenzfähiger neuer Wagen entstehen. Neben einigen neuen Mitarbeitern, soll ab Februar auch Adrian Newey hin und wieder einmal ein Auge auf den Zweitwagen der Österreicher werfen.

Super Aguri: Nichts ist unmöglich

Nichts ist unmöglich: So lautet eigentlich der Slogan von Toyota. Doch in diesem Fall gilt er auch für die Honda-Truppe rund um Aguri Suzuki. Denn diese versucht nicht nur dem Chassisproblem ein Schnippchen zu schlagen, sondern gar ein ganz unmögliches Ding zu drehen: Laut Paul Stoddart verhandeln die in der alten Arrows-Fabrik in Leafield ansässigen Japaner darüber die alten Arrows A23-Chassis vom Australier zu kaufen. Diese sind bereits vier Jahre alt, auf Cosowrth-V10-Aggregate zugeschnitten und nicht mehr regelkonform. Dennoch sieht Stoddart darin die einzige Chance des Teams in Bahrain an den Start gehen zu können. Wie dieser Wettlauf gegen die Zeit ausgehen wird und was die anstehenden Wintertests mit sich bringen werden, erfahren wir allerdings erst in den kommenden Wochen.