Liebe motorsport-magazin.com Leserinnen & Leser,

Dass die Formel 1 Welt ein schnelllebiges Geschäft ist, wissen wir schon lange. Wie schnelllebig der Formel 1 Zirkus aber auch abseits der Rennstrecke ist, erlebte ich am vergangenen Wochenende in Hockenheim wieder einmal in Perfektion.

Kaum war der zwölfte WM-Lauf dieser Mammutsaison mit der Zieldurchfahrt von Fernando Alonso beendet, begannen die Mechaniker damit ihre Werkzeuge in den Boxen zusammenzupacken, fuhren die Gabelstapler wie wild durch das Fahrerlager und wurden einem in den Motorhomes wie der riesigen Red Bull Energy Station sprichwörtlich die Stühle unter dem Hintern weggeräumt.

Der Grund für diese emsigen Aktivitäten und den erhöhten Wuselfaktor im F1-Paddock ist kein großes Geheimnis: Bereits wenige Tage nach dem Deutschland GP steht in Ungarn der dreizehnte von neunzehn Läufen zur Formel 1 Weltmeisterschaftssaison 2005 auf dem Programm. Also müssen schon am Donnerstag alle Teile in den Boxen des Hungarorings aufgebaut sein und alle Hospitality-Zelte im Fahrerlager von Budapest auf Hochglanz poliert bereit stehen.

In Hockenheim war die Stimmung trotz der Krise bei Nationalheld Michael Schumacher wie immer prächtig. Persönlich bin ich immer gerne am Hockenheimring, da ich die Stimmung und Atmosphäre unter anderem wegen des Stadioncharakters als schöner als beispielsweise am Nürburgring empfinde.

Allerdings strömten die Fans in diesem Jahr nicht ganz so zahlreich wie in den vergangenen Saisons ins deutsche Motorsportmekka. Dies ließ sich schon ganz einfach daran ablesen, dass ich erstaunlicherweise morgens auf dem Weg zur Rennstrecke nie im Stau stecken geblieben bin. Und die Verkehrsführung dürfte in diesem Jahr wohl kaum so stark verbessert worden sein...

Die Situation rund um Kimi Räikkönen ist momentan beinahe unfassbar. Der Finne ist als Fahrer derzeit wahnsinnig stark und besitzt seit Wochen das mit Abstand schnellste Auto, aber ihm scheint das Pech einfach an den Rennschuhen zu kleben. Und das obwohl auf den Schuhsohlen der McLaren-Angestellten die Worte 'one step towards victory' eingeprägt wurden.

Eine so ausgedehnte Ausfallserie wie sie Kimi derzeit erlebt, habe ich glücklicherweise in meiner Karriere bislang noch nicht überstehen müssen, aber ich weiß aus eigener Erfahrung sehr genau wie weh es tut und wie verärgert ein Rennfahrer nach solchen technisch bedingten Ausfällen ist. Und obwohl man niemanden einen Vorwurf machen kann, da alle hart arbeiten um das Bestmögliche herauszuholen, ist man als Fahrer dennoch sauer und enttäuscht.

In den letzten Wochen vertrat ich zwar trotz der Pechsträhne des McLaren-Stars die Ansicht, dass Kimi noch Weltmeister werden würde, aber langsam wird dies immer unwahrscheinlicher. Denn ohne WM-Punkte kann man auch nicht Weltmeister werden. Und um WM-Zähler zu holen, muss man am besten weit vorne, aber zumindest überhaupt einmal ins Ziel kommen.

Positiv aufgefallen ist mir an diesem Wochenende Red Bull Racing, von denen man als Privatteam nicht erwartet hatte, dass sie im Laufe der Saison noch einmal zulegen könnten. Aber die Leistungen von David Coulthard und Christian Klien bewiesen genau das Gegenteil. Und dies obwohl Christian nur eine Woche vorher im Interview mit motorsport-magazin.com selbst nicht davon ausging aus eigener Kraft in die Punkteränge fahren zu können.

Bei Ferrari warten wir Woche für Woche auf den großen Sprung zurück an die Spitze, aber dieser erfolgt einfach nicht. Die Performance im Qualifying war zwar wieder etwas besser, aber das ist einfach nicht der Anspruch des seit 1999 amtierenden Konstrukteursweltmeisters. Ferrari muss einfach viel besser werden, wenn sie Rennen gewinnen möchten. Und das muss ganz klar ihr erklärtes Ziel sein.

In Ungarn müssen wir auf alle Fälle wieder mit Renault rechnen, die auf dem Hungaroring beinahe schon traditionell schnell sind und deswegen auch am kommenden Wochenende wieder besser aussehen sollten. Trotzdem sehe ich McLaren auch in Budapest als klaren Favoriten an.