Die Formel 1 wechselt im kommenden Jahr ihr Motorenkonzept. Jahrzehntelang hat man auf Zehnzylindermotoren gesetzt - ab 2006 wird die Königsklasse des Automobilrennsports zu einem Großteil von Achtzylinder-Aggregaten angetrieben. In den letzten Tagen konnte man die ersten Gehversuche der neuen V8-Maschinen von Toyota und BMW beobachten. Das V8-Debüt wurde aufmerksam verfolgt. Zyniker würden sagen: Die Rauchwolken waren auch nicht zu übersehen...

Doch diese Kinderkrankheiten sind keine Besonderheit, die Formel 1-Teams betreten Neuland - auch wenn einer der berühmtesten Formel 1-Motoren der Geschichte der Ford-Cosworth V8-Motor ist. Doch dieser in den Siebziger- und Achtzigerjahren von so vielen Teams eingesetzte Sauger, der dann von den Turbo-Triebwerken ins Abseits gedrängt wurde, hat nur wenig mit den 2,4 Liter V8-Aggregaten der Generation 2006 gemein.

Eines aber sicher - die Umstellung auf V8-Aggreagte kostet viel Entwicklungszeit und damit auch Geld. Und ausgerechnet der neue V8 der Traditionsfirma Cosworth steht auf wackeligen Beinen - wegen fehlender Kunden. Auf den Prüfständen dreht der neue Cosworth bereits satte 21.000 Touren, seine Leistung soll rund 700 PS betragen. Zum Vergleich - der aktuelle BMW-V10 soll in etwa 19.000 Umdrehungen pro Minute schaffen, bei über 900 PS.

Rauchschwaden

Ein Kernproblem der Achtzylindermotoren: Die Vibrationen. Doch Toyota-Techniker Mike Gascoyne zeigte sich nach dem Jerez-Test überrascht: "Die Vibrationen sind geringer als erwartet." Die V8-Motoren sind natürlich wesentlich kleiner als ihre Vorgänger. Der V8 soll um rund 20 Prozent kürzer sein. Bei Toyota wird im Interimsmodell eine Distanzplatte zwischen Motor und Getriebe eingeschraubt. Olivier Panis schilderte, dass er ab dem dritten Gang "mehr Schub erwartet" hatte, aber "da kommt nichts". Bei den Jerez-Tests musste Panis am Donnerstag kurz vor der Mittagspause Rauchschwaden im Heck seines Autos beobachten - er hatte erst 12 Runden absolviert, als sich das V8-Triebwerk verabschiedete.

BMW-Williams musste am Donnerstag die Testfahrten mit dem neuen V8-Motor vorzeitig beenden, weil keine Ersatzteile für die jungfräulichen Maschinen vorhanden waren. Am Vortag hat die Crew bis um 2 Uhr am Morgen daran gearbeitet, den V8-Motor in den Williams FW27B einzupassen - auch bei den Weiß-Blauen wird ein Distanzstück zwischen Getriebe und Motor eingepflanzt. Sowohl am Mittwoch als auch am Donnerstag war die V8-Freude eine enden wollende. Am Donnerstag schaffte Antonio Pizzonia gerade mal 22 Runden, dann verabschiedete sich auch sein Aggregat.

Vibrationen

Die V8-Motoren verfügen über ein anderes Schwingungsverhalten - dies stellt die große Herausforderung für die F1-Ingenieure dar. Marc Gené klagte nach seiner ersten Ausfahrt mit dem Ferrari-V8 über Kopfschmerzen. Ferrari-Motorentechniker Gilles Simon erklärte, die V8-Triebwerke würden "naturgemäß mehr Vibrationen auslösen", das Problem werde "mit Sicherheit nicht einfach zu bewältigen sein". Simon gab zu, dass in der Ferrari-Motorenabteilung "niemand Erfahrung mit einem V8-Rennmotor" hatte - die Scuderia setzte in der "Saugerzeit", also in den Siebziger- und Achtzigerjahren, auf V12-Aggregate. Bei der Prüfstandarbeit mit dem neuen Ferrari-V8 sei man überrascht "über das Verhalten bei so hohen Drehzahlen" gewesen.

Nicht alle Fans freuen sich auf die V8-Motoren., Foto: Sutton
Nicht alle Fans freuen sich auf die V8-Motoren., Foto: Sutton

B·A·R-Honda hat schon im April einen Hybridwagen mit V8-Motor gezündet. Auch Mercedes hat im Mai schon erste V8-Fahrten abgespult - auf dem Militärflughafen im britischen Elvington. Ferrari, Toyota und BMW-Williams unternahmen in der jüngsten Zeit ihre ersten Gehversuche. Einen konträren Weg muss Renault einschlagen. Dort hat man bekanntlich lange schon vom revolutionären, aber wenig überzeugenden Weitwinkelkonzept des V10 Abschied genommen - die Gelb-Blauen werden von einem spitzen 72 Grad-V10 angetrieben. Der V8 der Franzosen wird jedoch, wie im Regelwerk vorgeschrieben, einen Zylinderbankwinkel von 90 Grad aufweisen, weshalb er nicht in das aktuelle Auto passt. Deshalb wird man bei Renault erst im Spätherbst und mit einem 2006er-Chassis die V8-Arbeit aufnehmen.

Streitfrage: V10-Ausnahme ein Vorteil?

Die V8-Wege der Teams sind also unterschiedlich. Zudem wird zumindest 2006 nicht alles V8 sein, was sich in der Formel 1 tummelt. Für Kundenteams wie Minardi nämlich hat man im Reglement eine Alternative eingebaut. Man darf im nächsten Jahr weiterhin einen Zehnzylindermotor verwenden - jedoch nur, wenn dieser auf 15.000 Umdrehungen pro Minute gedrosselt wird. Doch dieser Punkt scheint bereits für Ärger zu sorgen. Die Scuderia Ferrari will herausgefunden haben, dass diese gedrosselten V10-Aggreagte trotz Drehzahllimit über ein vergleichsweise höheres Drehmoment verfügen und zudem weniger Sprit verbrauchen. Jetzt befürchtet man, dass womöglich auch Spitzenteams diesen Passus nützen und aufgrund der Vorteile weiterhin auf V10-Maschinen setzen könnten. Diese Bedenken soll Ferrari angeblich bereits bei der FIA deponiert haben.

Skepsis

Die Fans beäugen das V8-Geschehen mit Skepsis. Was wie eine technische Herausforderung aussieht, ist beim genauen Betrachten des F1-Reglements ein Schritt in Richtung Einheitsmotor. Zu viele Teile der neuen Maschinen sind bis auf das kleinste Detail vorgeschrieben. Die von der FIA angestrebte Kostensenkung wird zudem nicht überall nachvollzogen. Die teure Lebensverlängerung der aktuellen V10-Motoren für nur ein Jahr. Und eben die Neuentwicklung der V8-Aggregate. Bleibt noch das zweite Argument für die neue Motorenregel - die Einbremsung der F1-Boliden. Hier wird einerseits befürchtet, dass bald andere Rennserien wie die amerikanischen Champ Cars der Formel 1 den Rang als schnellste Motorsportserie abringen könnten - andererseits wird auch kritisch hinterfragt, ob die Einbremsung tatsächlich in jenem Maße verwirklicht werden kann, welches die hohen Entwicklungskosten rechtfertigt. Man fragt sich: Wenn man schon jetzt, quasi in den Kinderschuhen, 21.000 U/min drehen und 700 PS freisetzen kann, wie werden dann die Leistungsdaten der V8-Motoren im kommenden Jahr aussehen?

Zumindest was den Sound der kleinen Motörchen (Gilles Simon bezeichnete sie als "Miniaturen") angeht, wird bereits Entwarnung gegeben. Die Formel 1-Motoren der Zukunft sollen ähnlich wie die aktuellen Aggregate klingen.