Der Circuit de Nevers, seit 1991 Heimat des französischen Grand Prix, ist berühmt für seine Billardtisch-ähnliche Fahrbahndecke. Doch so sehr dies die Abstimmungsarbeit erleichtert, so sehr erschweren andere Merkmale die Arbeit von Piloten und Technikern. Der Asphalt reagiert zum Beispiel stark auf Temperaturänderungen. Selbst die kleinste Schwankung der Quecksilbersäule erfordert möglicherweise eine andere Reifenwahl und ein modifiziertes Setup.

Die ebene Fahrbahn-Oberfläche erlaubt bei der Abstimmung die Wahl der geringsten Bodenfreiheit und den Einsatz sehr harter Federn. In den lang gezogenen, oft sehr schnellen Kurven braucht ein Auto gute aerodynamische Effizienz und Stabilität bei schnellen Richtungswechseln. Obwohl diese Highspeed-Stellen über die Rundenzeit entscheiden, sollten die Boliden auch in den langsamen Ecken fahrbar bleiben. Seit der leichten Modifikation der Strecke sind Überholmanöver auch an anderen Punkten als der Adelaide-Haarnadel möglich, bleiben aber immer eine Herausforderung.

Der Retortenkurs im Niemandsland

Magny Cours gilt nicht als Favorit der F1-Welt., Foto: Sutton
Magny Cours gilt nicht als Favorit der F1-Welt., Foto: Sutton

Eine besondere Bedeutung kommt auf der Strecke in Magny Cours, nahe dem französischen Nevers, der äußerst glatten Fahrbahnoberfläche zu, deren Belag die glatteste Oberfläche aller Strecken der F1-Welt darstellt. Aus diesem Grund können die Autos auch sehr hart abgestimmt werden. Die Eigenschaften der Haftung ändern sich allerdings mit den wechselnden Asphalt-Temperaturen.

Der moderne Retortenkurs in der französischen Provinz bietet neben weitläufigen Auslaufzonen und guten Sicherheitsstandards auch zwei interessante Stellen zum Überholen. So ergeben sich für die Piloten bei der bis zu 11,4 Meter breiten Anfahrt zur Haarnadel Adelaide sowie auf der Bergab-Passage vor Start und Ziel sehr gute Überholmöglichkeiten.

Ein weiterer potenziell rennentscheidender Streckenabschnitt ist die Estoril-Kurve, die extrem lang ist und Geschwindigkeiten bis zu 300 km/h erlaubt. Auf sie folgt die bereits genannte Adelaide-Kurve, in der bis auf 60 km/h heruntergebremst werden muss. Mit der Grande Courbe findet sich auf dem 4,251 Kilometer langen Kurs zudem auch noch eines der letzten Exemplare schneller Kurven der Formel 1, welche mit über 250 km/h durchfahren wird.

Aufgrund des ebenen Belages können die Teams ihre Boliden mit einer sehr geringen Bodenfreiheit versehen, welche dafür sorgt, dass die Autos sehr gut in den schnellen Kurven liegen. Der glatte Asphalt verlangt aber auch einen exzellenten mechanischen Grip und eine perfekt abgestimmte Aerodynamik.

Die Strecke wurde vor ein paar Jahren an einigen Stellen angepasst., Foto: Sutton
Die Strecke wurde vor ein paar Jahren an einigen Stellen angepasst., Foto: Sutton

Neben dem Fahrbahnbelag kann in Magny Cours auch das Wetter entscheidenden Einfluss auf den Rennausgang ausüben, da die Wetterlage in Nevers sehr wechselhaft sein kann. Die letzten Regenrennen fanden hierbei in den Jahren 1992, 1997 und 1999 statt, bei denen das Wasser dank der hohen Fahrbahnglätte nur sehr schlecht abfließen konnte.

Im Zuge der allgemeinen Streckenumbauten und Verbesserungen auf allen F1-Kursen rund um den Globus, nahmen auch die französischen Streckenbetreiber vor dem 2003er Rennen in Magny Cours einige Veränderungen an ihrer Strecke vor. So misst der Circuit de Nevers nach den Umbauarbeiten anstelle der alten Streckenlänge von 4,251 Kilometer jetzt 4,411 Kilometer, weshalb auch die Renndistanz von 72 auf 70 Runden herabgesetzt wurde.

Die Veränderungen selbst betreffen vor allem die Adelaide Kurve, welche noch spitzer und langsamer wurde, sowie die Château d'Eau. Komplett abgeändert wurde auch die Zielkurve Lycée, welche nun nicht mehr nach einer Schikane auf die Start und Zielgerade führt, sondern gerade angefahren wird.

Die Streckengeschichte

2005 findet der 55. Frankreich GP statt., Foto: Sutton
2005 findet der 55. Frankreich GP statt., Foto: Sutton

Seit seiner Premiere 1950 wurde der französische Grand Prix bereits auf sieben verschiedenen Strecken ausgetragen, vor Magny-Cours waren dies Reims, Rouen, Clermont-Fèrrand, Le Mans, Le Castellet und Dijon-Prenois. Nur der Große Preis der USA wurde an mehr Orten ausgetragen - nämlich an insgesamt neun.

Der Frankreich Grand Prix von 1906 - ausgetragen in der Nähe von Le Mans - war seiner Zeit das erste Automobilrennen, das Großer Preis genannt wurde. Nach zwei Tagen und 1.238 Kilometern siegte der Ungar Franz Szisz auf Renault. Seit 1950 wird der Große Preis von Frankreich - mit Ausnahme von 1955 - in jedem Jahr ausgetragen, weswegen wir 2005 die 55. Ausgabe insgesamt sowie die 15. in Magny-Cours erleben.

Was die Experten über Magny-Cours sagen

Der Fahrer - Ralf Schumacher: "Magny-Cours ist eine moderne, anspruchsvolle Strecke. Sie macht viel Spaß, und ich verbinde gute Erinnerungen mit ihr: 2001 habe ich dort die erste Pole Position für das BMW Williams Team geholt und 2003 habe ich dort gewonnen. Dass die Strecke bei Nevers nicht zu den allgemein beliebtesten im Kalender gehört, ist einzig und allein auf ihr Umfeld zurückzuführen – so eine Art Niemandsland. Die größeren Flughäfen sind weit weg, und die Hotelsituation ist auch nicht rosig. Aber das zählt angesichts der Erfolge, die wir dort hatten, nun wirklich nicht."

Der Techniker - Sam Michael: "Magny-Cours hat eine sehr schnelle Passage, zwei ebenfalls schnelle Schikanen und ein paar langsame und mittelschnelle Kurven. Erfahrungsgemäß ist der Belag sehr eben und glatt. Die Strategie ist aufgrund der Länge der Boxengasse und typischem Reifenverschleiß in der Regel eine klare Sache."

Der Motorenmann - Mario Theissen: "Streckenspezifisch sind die Ansprüche an den BMW P84/5 Motor eher durchschnittlich. Allerdings haben wir in Magny-Cours schon häufig Hitzerennen erlebt. Die Strecke hat uns bisher recht gut gelegen."