Zweites Kräftemessen beim WM-Finale der Formel 1 in Abu Dhabi. Der amtierende Weltmeister Lewis Hamilton setzte sich wie schon im ersten Training erneut vor dem Meisterschaftsführenden, Nico Rosberg, durch. Statt drei Zehnteln trennte das Mercedes-Duo diesmal allerdings nicht einmal mehr eine Zehntelsekunde. Dahinter robbten sich auch Ferrari und Red Bull näher heran. Noch dazu ein Schreckmoment für Sebastian Vettel. Alles gerichtet für ein extrem enges Entscheidungswochenende.

Die Platzierungen: Mit seiner Bestzeit von 1:40.861 Minuten auf der ultraweichen Reifenmischung unterbot Hamilton seine eigene Bestmarke der ersten Session um zwei Sekunden, auf die Pole-Zeit des Vorjahres fehlte allerdings noch eine halbe Sekunde. Rosberg präsentierte sich in seinem Quali-Run jedoch ähnlich stark. Gerade einmal 79 Tausendstel einer Sekunden fehlten dem deutschen WM-Anwärter.

Hinter dem Silberpfeil-Duo klassierte sich Sebastian Vettel als Dritter. Dem Ferrari-Piloten fehlten knapp drei Zehntel auf die Bestzeit. Mit etwas mehr als einer halben Sekunde Rückstand auf Hamilton folgte das nur um eine Tausendstel getrennte Red-Bull-Gespann um Max Verstappen und Daniel Ricciardo. Kimi Räikkönen (+0,603 Sek.) komplettierte die Top-6. Dahinter nahmen die beiden Williams die Force India ins Sandwich.

Die Zwischenfälle: Gleich zu Beginn leistete sich Kevin Magnussen am Ende der langen Geraden, gefolgt von Esteban Gutierrez an selber Stelle, einen harm- wie folgenlosen Ausrutscher neben die Strecke. Kurz darauf ging es heftiger zu: Ein spektakulärer Abflug von Daniil Kvyat endete nur um Haaresbreite vor der Streckenbegrenzung.

Ursache: Hinten links war ein Reifen am Toro Rosso geplatzt. Genau dasselbe hatte sich bereits im ersten Training ereignet. Offenbar scheint etwas an dem Reifen zu schleifen. Diesmal schaffte es Kvyat jedoch aus eigener Kraft zurück an die Box. Daraufhin untersuchte Toro Rosso gleich beide Boliden intensiv - großer Verlust an Trainingszeit für die Piloten.

Kurz darauf leistete sich Pascal Wehrlein einen kleinen Ausrutscher in die asphaltierte Auslaufzone während Kimi Räikkönen seine Qualifying-Simulation durch einen Fehler abbrechen musste. Während der Longruns zeigte schließlich Nico Rosberg einen kapitalen Verbremser, der ihn mehrere Sekunde kostete. Es folgten weitere minimale Ausrutscher von Grosjean und Räikkönen.

Die Technik: Jenson Button verbrachte nach seinem ERS-Problem am Ende des ersten Trainings auch zu Beginn des zweiten Trainings noch eine halbe Stunde in der Garage. McLaren schraubte weiter eifrig an seinem Boliden. Droht da Ungemach beim Abschiedswochenende des Briten?

Außerdem auffällig: Lewis Hamilton horchte während der Session ganz tief in seinen Silberpfeil, berichtete sowohl von einem nicht ideal balancierten Reifensatz sowie einem komischen Gefühl beim Getriebe. Da will einer im WM-Kampf wirklich jede Eventualität ausschließen.

Auch Romain Grosjean meldete während der Session einmal mehr diverse Probleme an seinem Haas. Dann ein Schock in Rot: Zehn Minuten vor Ende rollte Vettel mit einem Getriebeschaden aus. "Das ist unglaublich", funkte Vettel.

Das Wetter: Die erste Session in der Abenddämmerung. Anders als im ersten Training, dafür wie im Rennen am Sonntag, dunkelte es während der zweiten Trainingssession zunehmend ab. Warm war es trotzdem noch. Bis zu 26 Grad Celsius Außen- und 29 Grad Asphalttemperatur in Abu Dhabi. Da Qualifying und Rennen zur selben Uhrzeit starten werden wie diese Session, können die Teams und Performance-Analysten aus dieser Einheit die repräsentativsten und damit besten Schlüsse ziehen.

Die Dämmerung in Abu Dhabi sorgte bereits für erste spektakuläre Szenen, Foto: Sutton
Die Dämmerung in Abu Dhabi sorgte bereits für erste spektakuläre Szenen, Foto: Sutton

Die Analyse: Puh, wird das eng. Wie schon in Brasilien hat sich Rosberg im zweiten Training verbessert gezeigt, ist ganz nah dran an Hamilton. Trotzdem muss sich der Deutsche zumindest kleine Sorgen machen. Zwar würde selbst P3 noch zum Titel reichen, doch schlagen sich Ferrari und Red Bull in Abu Dhabi bislang durchaus beachtlich. Weit abgeschlagen sind die Verfolger zumindest im Qualifying-Trimm nicht. Und genau da hat Mercedes ja gewöhnlich noch den größten Vorteil - Zauber-Knopf sei dank. Verwendet haben wird man den Extraboost im Training zwar noch nicht, doch sollte auch die Konkurrenz noch etwas mehr Pace in petto haben.

"Vettel war sehr stark. Wir müssen das optimale Setup finden. Es wird im Qualifying sicher eng mit Ferrari", bestätigt Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko im ORF. Für das Rennen verspricht er sich eine ganz enge Kiste zwischen allen Top-Teams: "Aber im Renntrimm sieht es so aus, als dass Mercedes, Ferrari und wir näher zusammen kommen werden." Pirelli bestätigte: "Die Rennpace an der Spitze sieht sehr eng aus." Nico Rosberg gefällt das nicht.