In der Formel 1 heißt es diese Woche: Vom einen Klassiker zum nächsten. Nachdem der Große Preis von Belgien ganz ohne das typische Wetterchaos der Ardennen für jede Menge Unterhaltung und Zündstoff gesorgt hat, geht es von Spa-Francorchamps direkt in den Königlichen Park von Monza. Lewis Hamilton ist zurück im Geschäft, Max Verstappen hat bei einigen seiner Fahrerkollegen den Bogen mächtig überspannt und bei Ferrari läuft es vor dem Heimrennen alles andere als rund. Das sind die fünf Brennpunkte für den Grand Prix von Italien.

Brennpunkt #01: Stunde der Wahrheit für Rosberg und Hamilton

Wie nahe kommen sich Hamilton und Rosberg in Monza?, Foto: Sutton
Wie nahe kommen sich Hamilton und Rosberg in Monza?, Foto: Sutton

Mercedes fackelte nicht lange und verpasste Lewis Hamilton gleich in Spa eine neue Power Unit - oder auch mehrere. Ganz nach dem Motto: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Die Erleichterung bei Hamilton war groß, als er nach dem Rennen trotz seiner Strafversetzung vom Podium jubeln durfte. Bei Nico Rosberg löste dies allerdings keinen Sturm der Begeisterung aus: Er machte trotz Sieg in der WM nur zehn Punkte gut.

In Monza muss sich Rosberg wieder dem Hamilton stellen, der ihm vor der Sommerpause einen 43-Punkte-Vorsprung abgeknüpft hat - und statistisch ist der Deutsche auf dem italienischen Traditionskurs klar im Nachteil: Während Hamilton bereits drei Mal siegreich war und noch öfter auf der Pole Position stand, steht für Rosberg nach zehn Anläufen gerade einmal ein zweiter Platz zu Buche. 2014 führte Rosberg das Rennen zwar kurzzeitig an, verbremste sich aber unter dem Druck des Teamkollegen und verlor den Sieg.

Von den letzten acht Rennen hat Hamilton sechs gewonnen und ohne das Damoklesschwert eines Power-Unit-Wechsels über ihm, ist der Weltmeister wieder angriffslustig wie eh und je: "Jetzt geht es für mich richtig los." Rosberg weiß, dass er mit einem Gegenschlag nicht bis Abu Dhabi warten kann: "Ich gehe jedes Rennen wie ein Pokalfinale an." Im Kampf um den Titel zählt zwischen den beiden Kontrahenten ab jetzt jede einzelne Session.

Brennpunkt #02: Mad Max im Kreuzfeuer

Für Max Verstappen sollte der Grand Prix von Belgien ein ganz besonderes Rennen werden. Nahe der niederländischen Heimat kamen etwa 50.000 Landsleute, um Red Bulls Youngster anzufeuern. Im Qualifying enttäuschte er seine Anhänger mit Platz zwei nicht. Am Rennsonntag wehrte die Freude aber nur kurz: Nach einem verpatzten Start schepperte es in der ersten Kurve zwischen Verstappen und den beiden Ferraris - und auch in der Folge machte sich der 18-Jährige im Kampf gegen Räikkönen und Co. keine Freunde. Eine Woche später ist der Fall Spa für seine Konkurrenten sicherlich noch nicht abgeschlossen.

Im Kreuzfeuer der Kritik musste sich Verstappen schon in Belgien einiges anhören. Bei der Fernsehübertragung von RTL machte Niki Lauda gleich mehrere Vorschläge, wie der Heißsporn zur Vernunft gebracht werden kann: "Der gehört in die Psychiatrie", so Lauda in seiner ersten Reaktion. Der andere Ansatz des dreimaligen Weltmeisters erschien dagegen etwas moderater: "Ich würde ihn mir einmal in einer Ecke zur Brust nehmen und sagen: 'Wenn du so weiter machst, dann können wir auch mal aggressiv werden'."

Die Wahrscheinlichkeit, dass letzteres in Monza passiert, ist durchaus gegeben. Vor allem, da Verstappen in Belgien keinerlei Einsicht zeigte: "Es ist mir egal. Er (Kimi) hat ja schon vorher in der ersten Kurve mein Rennen beendet. Es ist mir egal." Gut möglich, dass die Konkurrenz die Fahrerbesprechung zum Anlass nimmt, um den Jungspund zurechtzuweisen. Aber selbst damit wäre die Sache wohl noch nicht gegessen: Auf der Strecke werden sich Verstappen und die Ferraris wohl auch am kommenden Sonntag kaum aus dem Weg gehen können.

Brennpunkt #03: Ferrari vor den Augen der Tifosi

Es besteht kein Zweifel: Vergangenes Jahr leckten die Tifosi angesichts Sebastian Vettels drei Saisonsiegen Blut - genau wie das Team selbst. Die Erwartung der Ferrari-Fans, ihr Team beim Heimrennen in Monza um den Sieg kämpfen zu sehen, dürften sich aber mittlerweile verflüchtigt haben. Und noch schlimmer: Momentan kann die Scuderia nicht einmal ein Podium garantieren.

In den letzten vier Rennen standen weder Vettel noch Räikkönen auf dem Treppchen. Selbst wenn es einmal gut lief, wie am vergangenen Wochenende, war in der ersten Kurve meistens schon Schluss: Shanghai, Sochi, Spa. Überall knallte es entweder zwischen den beiden Teamkollegen oder mit der Konkurrenz von Red Bull - oder mit zwischen allen zusammen.

Der Erfolgsdruck, gerade beim Heimrennen endlich abzuliefern, steht außer Frage. Ferrari-Präsident Sergio Marchionne fand vergangene Woche deutliche Worte: "Jeder, der keine Leistung bringt, sollte das Team verlassen. Diese Regel gilt für alle - mich eingeschlossen. Wir sind dazu verpflichtet, die Ziele zu erreichen, die wir uns gesetzt haben."

Brennpunkt #04: Kann Magnussen starten?

Hinter Kevin Magnussens Monza-Start steht noch ein Fragezeichen, Foto: Sutton
Hinter Kevin Magnussens Monza-Start steht noch ein Fragezeichen, Foto: Sutton

Kevin Magnussen schockte die Formel-1-Welt in Spa mit seinem Highspeed-Crash in Eau Rouge. In Runde fünf verlor der Renault-Pilot am Kurvenausgang völlig unvermittelt die Kontrolle über seinen Boliden und schlug rückwärts in die Reifenstapel ein. Der Däne konnte dem Auto sichtlich angeschlagen entsteigen und kam daraufhin zuerst ins Medical Center, bevor er zu weiteren Untersuchungen ins örtliche Krankenhaus transportiert wurde.

Dabei wurde eine Schnittwunde und sowie eine starke Stauchung am linken Knöchel festgestellt. Magnussen selbst gab bereits am Sonntagabend Entwarnung und erklärte die Absicht, in Monza am Start sein zu wollen. Am Mittwoch nach dem Rennen ergaben weitere Untersuchungen, dass der Däne für den Einsatz am kommenden Sonntag fit sei. Einen Haken gibt es allerdings noch: Das Urteil externer Ärzte ist hinsichtlich einer Rennfreigabe nicht allzu viel wert.

Zuletzt musste dies Fernando Alonso nach seinem schweren Unfall beim Saisonauftakt in Melbourne feststellen. Der Spanier wurde ebenfalls von seinen Ärzten für einsatzfähig erklärt, bekam von den FIA-Ärzten nach der medizinischen Untersuchung im Vorfeld des Rennens in Bahrain aber keine Startfreigabe. Diese Hürde gilt es auch für Magnussen noch zu überwinden. Sollte er es nicht schaffen, wird Renault wohl auf Entwicklungsfahrer Sergey Sirotkin zurückgreifen müssen.

Brennpunkt #05: Was bringt Manor die Mercedes-Power?

Manor rechnet sich in Monza einiges aus, Foto: Sutton
Manor rechnet sich in Monza einiges aus, Foto: Sutton

Manor war in Spa-Francorchamps das erste Mal seit Pascal Wehrleins Punkte-Wochenende in Spielberg wieder voll bei der Musik. Nach dem Einzug ins Q2 rechneten sich die Hinterbänkler gute Chancen auf einen Platz in den Top-10. Für Wehrlein das Rennen allerdings nach einer Kollision in der ersten Runde früh beendet. Debütant Esteban Ocon fehlte sah zwar die Zielflagge, hatte aber noch nicht die Erfahrung, um das Maximum aus dem Auto herauszuholen. Viel Zeit, der verpassten Chance nachzutrauern, blieb dem Team nicht - und allzu viel Grund dazu dürfte es angesichts des kommenden Wochenendes auch nicht gegeben haben: Mit Mercedes-Power im Heck freut sich das Team nämlich schon seit Wochen auf Monza.

"Bei den Topspeeds sind wir immer die Schnellsten. Das liegt daran, weil wir nicht mehr Abtrieb haben. Wenn man auf der Geraden schnell sein muss, sind wir gut", sagte Wehrlein schon in Monaco gegenüber Motorsport-Magazin.com. Auch der ehemalige Stammfahrer und heutige Ersatzfahrer Rio Haryanto kündigte schon vor Wochen Großes für Monza an: "Ich denke, dass Monza eine gute Strecke für uns wird. Wir haben es in Österreich und in Baku schon gesehen, dass wir auf weniger downforcelastigen Strecken besser sind. Monza ist wohl die Strecke, auf die wir uns am meisten freuen."

Der Indonesier wird nach seiner Degradierung wohl nicht in den Genuss kommen, den Manor in Monza zu steuern - aber für Wehrlein und Ocon könnte sich in Italien tatsächlich die beste Chance der Saison eröffnen, um nochmals Punkte zu sammeln. Mit aktuell einem Punkt auf dem Konto wäre jeder Punkt mehr ein großer Gewinn gegenüber den Verfolgern von Sauber - und auch Renault ist mit gerade einmal fünf WM-Punkten Vorsprung auch nicht weit entfernt.