So klar war die Situation auf dem Sektor Reifen schon lange nicht. Der große Sieger dieses Rennwochenendes heißt Michelin. Motorsportdirektor Pierre Dupsaquier kostet den Triumph aus wie ein Glas, gefüllt mit gutem, altem Wein: "Die Kombination aus der großen Hitze und dieser schwierigen Rennstrecke, die jeden Fehler bestraft, macht dieses Rennen zur Herausforderung des Jahres. Und Michelin hat mit Bravour bestanden…"

Dupasquier voller Stolz: "Das verheißt Gutes für den Rest der Saison. Wir haben gezeigt, dass wir einen das volle Rennen über funktionierenden Reifen für solch extreme Bedingungen produzieren können. Jetzt können wir uns ein wenig zurücklehnen und uns dem Feintuning widmen, uns auf die kommenden Rennen konzentrieren - die nicht ganz so anspruchsvoll sind, aber natürlich dennoch eine Herausforderung darstellen."

Dupasquier fügt hinzu: "Wir hatten keinerlei Zweifel, dass einer unserer Kunden Probleme mit den Reifen bekommen würde. Die Abnützung war höher als wir das vor zwei Wochen in Australien erwartet haben. Aber alle Michelin-Autos beendeten das Rennen mit Reifen, die noch über das Rennende hinaus ihre Funktion erfüllt hätten, deren Lebensdauer ausreichend dimensioniert war."

Nicht ganz - Kimi Räikkönen sah man - wie einst Gilles Villeneuve - auf der Felge umherfahren - Dupasquier klärt auf: "Dieser Schaden wurde durch ein gebrochenes Ventil verursacht."

Dupasquier betont noch einmal, dass der Michelin-Pneu es "unseren verschiedenen Kundenteams ermöglichte, an der Spitze des Feldes zu kämpfen". Das Fazit des Franzosen liest sich simpel: "Das war ein sehr gutes Rennen für uns - und es war glasklar ein sehr enttäuschendes Rennen für unseren Konkurrenten."

Dieser Konkurrent, Bridgestone, hat es irgendwie nicht leicht. Feiert die Scuderia Ferrari Seriensiege, spricht man von der großen Ferrari-Dominanz - stagnieren die Roten, hört man schnell das Wörtchen Reifenkrise oder gleich Bridgestone-Krise. Allerdings: Bei dem großen Rückstand dürfen sich Ferrari und Bridgestone die Schuld getrost teilen. Dass Ferrari das einzige Topteam der Japaner darstellt, ist in siegreichen Zeiten kein Problem - in Zeiten der Niederlage jedoch fehlt Bridgestone eine Vergleichsmöglichkeit. Hätte man ein zweites Spitzenteam im Kader, würde man einen Überblick darüber erhalten, ob es mehr am Reifen oder eher am Auto liegt.

Wie auch immer - Bridgestone hat heute eine empfindliche Niederlage erlitten. Motorsportdirektor Hisao Suganuma erklärte: "Klarerweise sind wir enttäuscht, dass unsere Reifenperformance nicht unserem üblichen Level entsprochen hat, aber wir verlassen Malaysia mit einem positiven Feedback darüber, was in unserer künftigen Reifen-Entwicklung verbessert werden kann."

Suganuma fügt hinzu: "Es war schon öfter so, dass wir nach dem Verfehlen eines guten Ergebnisses einen nützlichen Einblick in die Performance unserer Reifen erhielten und das war an diesem Wochenende ganz sicher der Fall."

Auch in der größten Niederlage muss in der Formel 1 der Konzerne etwas Positives über die eigene Mission hinzugefügt werden - und so nimmt sich Dupasquier das Thema Sicherheit zur Brust - immerhin ist ein Konkurrenzauto auf der Felge umhergefahren. Im Unterbewusstsein des Lesers muss nun suggeriert werden, dass man zwar nicht schnell, aber immerhin sicher unterwegs war - im Hinblick auf die Verkaufszahlen in der Serienproduktion ein schlauer Zug des Franzosen: "Sicher war unsere Reifenperformance nicht gut genug, aber wir sind dennoch erfreut, dass wir auch bei extremen Wetterbedingungen sichere Reifen liefern können."

Wenn der Blick auf die jüngste Vergangenheit oder die Gegenwart schmerzt, blickt man einfach in die Zukunft: "Wir werden nächste Woche in Mugello Testfahrten abhalten, wobei es gilt, aus den verschiedenen Reifenkandidaten die besten Spezifikationen für den kommenden Grand Prix von Bahrain auszusuchen. Wir werden so schnell wie möglich reagieren, um die Situation wieder umzudrehen."