Auf die Tausendstel Sekunde pünktlich zum Saisonstart erwachten Anfang März all jene aus dem F1-Winterschlaf, welche den unzähligen Testkilometern zwischen November und Februar traditionell fern bleiben und sich stattdessen auf weniger unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragene Veranstaltungen konzentrieren.

Doch am ersten F1-Rennwochenende des neuen Jahres sind sie alle wieder da - egal ob Fans, Teamverantwortliche oder Medienvertreter. Und sieh da: Es hat sich nicht viel verändert. Die Formel 1-Weltkugel im Albert Park zu Melbourne dreht sich noch immer, die australischen Fans sind enthusiastisch und begeistert wie eh und je und die Hauptstadt von Victoria wurde erneut für vier Tage zur Party Zone Melbourne.

Nach dem großen Trubel rund um das erste Grand Prix Wochenende des Jahres 2005, fühlte man sich allerdings fast so, als ob die F1-Welt einen Rückschlag erlitten und wieder in einen beinahe kollektiven Winterschlaf verfallen wäre.

Die Fahrer verabschiedeten sich zwischen den beiden Überseerennen in den Urlaub, um dort mit Familie und Freunden zu entspannen oder wie im Falle von Patrick Friesacher mit dem Team und diversen australischen Zootieren zu relaxen, die Fans diskutierten ein wenig über die Ereignisse des ersten Rennwochenendes, allen voran den deutsch-deutschen Knall zwischen Michael Schumacher und Nick Heidfeld, und die meisten Schlagzeilen der Nicht-F1-Medien blieben in der Woche danach von den erwarteten Wellen des Auftaktwochenendes verschont.

Es stellte sich fast eine Art Newsflaute ein, wie wir sie sonst nur aus dem Winter gewohnt sind. Dies bot uns immerhin genügend Zeit für ausführliche Analysen dieses unkonventionellen und abwechslungsreichen ersten GP-Wochenendes der Saison.

Und diese Zeit nutzen wir an dieser Stelle um ohne den Stress von dutzenden Press Releases, Interviews, Meldungen und Trainingssessions mit etwas Abstand auf den ersten WM-Lauf zurückzublicken.

Die Quintessenz der drei Tage Australien GP ist dabei die folgende: Das Feld ist - nicht nur durch die Wetterkapriolen vom Samstag - sehr viel enger zusammengerückt, was besonders der Spannung im ersten Renndrittel zu gute kam.

Danach hatte man sich jedoch bereits daran gewöhnt, dass die Fahrer nun zwar enger zusammen liegen, es aber dennoch kaum Action und schon gar keine der so genannten 'aktiven Positionswechsel', sprich Überholmanöver, gab. Es herrschte wie schon in den letzten Jahren eine Überholmanöverflaute.

Für motorsport-magazin.com-Kolumnist Sven Heidfeld war der Australien GP trotzdem "spannender als so mancher Grand Prix der vergangenen Jahre", womit der Bruder von Williams-Star Nick Heidfeld keinesfalls Unrecht hat. Dennoch betont auch er die alte F1-Krankheit, welche dafür sorgt, dass es dem Rennen an "Überholmanövern mangelte" und trotz der durcheinander gewirbelten Startaufstellung hauptsächlich 'passiv', bei den weniger gewordenen Boxenstopps, Plätze getauscht wurden.

Das "beste Beispiel" für die Schwierigkeit von erfolgreichen Überholmanövern war der rundenlange Zweikampf zwischen Jacques Villeneuve im Sauber und Fernando Alonso im überlegenen Renault. "Alonso kam nicht vorbei, obwohl der Spanier im besten Auto des Wochenendes saß."

Svens Bruder erklärt dies so: "Wenn man nicht mindestens ein bis eineinhalb Sekunden schneller ist als der andere, geht gar nichts." Und erst recht nicht, wenn der Gegner nicht nachgibt und dann beide im Kies landen...

Der Quell des Übels wurde schon vor langer Zeit in der überempfindlichen Aerodynamik der modernen F1-Boliden ausgemacht. "Solange man nicht die Flügel, den Unterboden und weitere Elemente massiv beschneidet und dafür wieder breitere Reifen erlaubt, so dass Windschattenspiele wieder möglich sind, wird sich daran auch nichts ändern", schreibt unsere Kollegin Karin Sturm in unserem Partnermagazin Rennsport News Formel 1 / F1 Racing. Doch allen Regeländerungsbemühungen von Max Mosley zum Trotz, wehren sich die Teams erwartungsgemäß gegen eine radikale Beschneidung ihres heiligen Aerdodynamik-Grals.

Apropos Regeländerungen: Diesen respektive der freiwilligen Selbsttestbeschränkung der neun nicht in Maranello ansässigen Rennställe verdanken wir auch solche Szenarien, wie sie sich in dieser Woche im südspanischen Jerez de la Frontera abspielten und wie wir sie vor einigen Wochen bereits an die Wand malten: McLaren & Toyota packten aufgrund "extremer Wetterbedingungen" nach einem halben Tag des Wartens ihre silbernen und weiß-roten Sachen zusammen, um keinen ihrer 30 Testtage an ein regnerisches Klima zu verschwenden.

Das ist eine ebenso legitime Aktion wie jene von British American Racing, als diese in Melbourne bei einem 'taktischen Doppelausfall' eine Regellücke ausnutzten um in Malaysia mit frischen Motoren antreten zu dürfen. Dem angeblich allgegenwärtigen Gedanken des Kostensparens kommt aber beides nicht nach...