Kritik für die Kritiker: Marc Surer geht die scheinbar unendliche Geschichte um die Pirelli-Reifen mittlerweile gehörig auf den Keks. Seit Monaten beschwert sich eine Großzahl der F1-Teams und Fahrer, dass die vom italienischen Monopolisten gelieferten Pneus nichts ins Anforderungsprofil der Königsklasse passen würden. Absichtlich langsam fahren und Reifen schonen, das sei kein echter Motorsport, so der Grundtenor, der Tag für Tag von der Phalanx der Pirelli-Gegner über das Sprachrohr Medien hinaus in die weite Welt schallt. Surer hat genug davon und findet, dass die anhaltende Nörgelei über die Reifen keineswegs das Problem des Herstellers Pirelli sondern einzig und allein das der Teams sei - der Lieferant würde liefern, die Rennställe müssten anschließend das Beste aus dem machen, was ihnen zur Verfügung gestellt werde.

Da alle das gleiche Material bekommen würden, sei es sinnlos immer weiter zu lamentieren. Gewisse Unterschiede räumte Surer zwar ein: "Es sind drei Teams, die mit den weichen Reifen relativ gut klarkommen: Lotus, Ferrari und Force India. Die möchten natürlich ungern eine Veränderung." Der Schweizer bekräftigte gegenüber Sky aber auch, dass es an der Konkurrenz läge, dementsprechend nachzuziehen. "Diese Teams haben ihre Autos für diese Reifen gebaut, die schon im letzten September vorgestellt wurden. Da scheinen die anderen Rennställe nicht gut genug gearbeitet zu haben... und das ist nicht das Problem von Lotus, Ferrari und Force India", stärkte Surer den Teams, die schonender mit den Pirelli-Gummis umgehen, den Rücken.

Surers Tipp: Auto besser abstimmen

Dass Pirelli nun durch externen Druck zu Veränderungen und Überarbeitungen gezwungen werden soll, hielt er für den falschen Ansatz. "Die Reifen dürfen eigentlich nur aus Sicherheitsgründen verändert werden", so Surer, der Pirellis-Widersacher hart ins Gebet nahm. Allen voran Sebastian Vettel und sein Red-Bull-Team hatten zuletzt vehement Änderungen seitens Pirelli gefordert - der Deutsche ging sogar soweit, von einem 'Kasperletheater' zu sprechen. Surer konnte derlei Komplimente nur umlenken und hielt dem 25-Jährigen den Spiegel vor. "Die Fahrer nehmen das Reifenthema auch gerne als Ausrede." Sein Tipp: "Dann sollte vielleicht einfach das Auto besser abgestimmt werden."

Der eine Pilot im Fahrerlager würde das schließlich besser, der andere schlechter hinkriegen, wie Surer anschließend auch am Beispiel von Mercedes verdeutlichte. Dort bescheinigte er Nico Rosberg einen besseren Job in Bezug auf die Pneus als Stallgefährte Lewis Hamilton - auch das trage dazu bei, dass der Deutsche intern zuletzt die Nase klar vorne gehabt hätte. "Nico hat einen feinfühligeren Fahrstil als sein Teamkollege Lewis. Das kommt dem Auto und im speziellen auch den Reifen entgegen", so der ehemalige Formel-1-Pilot, der den gebürtigen Wiesbadener daher lobte: "Er schont die Reifen einfach mehr als Hamilton."