In der ersten Saisonhälfte war es nahezu unmöglich, den Sieger des nächsten Rennen vorauszusagen. Inzwischen - vor dem 15. Saisonrennen in Japan - zeichnet sich ein deutliches klareres Bild ab. McLaren konnte drei der letzten vier Rennen gewinnen - und wahrscheinlich hätte Pole-Setter Lewis Hamilton auch beim Nachtrennen in Singapur den Sieg davongetragen, wäre er nicht von einem defekte Getriebe ausgebremst worden. Dabei galt der verwinkelte Marina Bay Street Circuit nicht einmal als McLaren-Strecke. Anders sieht es mit dem Suzuka Circuit aus, dessen schnelle Kurven eher den Stärken der Chrompfeile entsprechen. Im Vorjahr feierte Jenson Button in Japan einen der wenigen Siege über das seinerzeit übermächtige Red-Bull-Team.

In diesem Jahr dürften die Hoffnungen der Truppe aus Woking aber vor allem auf Hamilton ruhen. Button muss wegen eines Getriebewechsels eine Strafversetzung von fünf Plätzen mit ins Rennen nehmen. Interessant wird jedoch sein, wie sich Hamilton im ersten Rennen nach der Bekanntgabe seines Wechsels zu Mercedes präsentiert. Will er seine Chancen auf die WM trotz 52 Punkten Rückstand auf Alonso wahren, muss er in Suzuka eigentlich gewinnen. Auf die Unterstützung von McLaren kann er dabei offenbar zählen. Dass Team werde alles tun, um das Jahr mit einem Erfolgserlebnis abzuschließen, stellte Teamchef Martin Whitmarsch klar. "Wir haben ein konkurrenzfähiges Auto, zwei gute Fahrer und es gibt zwei Meisterschaften, die wir noch gewinnen können", sagte der Brite. "Wir werden alles dafür tun, damit Lewis den Titel holt, und er wird uns beim Kampf um die Konstrukteurskrone unterstützen."

Vettel bläst zur Titeljagd

Dass auch er die WM weiter im Visier hat, stellte Sebastian Vettel mit dem Erfolg in Singapur nachdrücklich unter Beweis. Und auch verbal ließ der 25-Jährige an seinem Vorhaben wenig Zweifel. "Das Ziel ist klar: Wir wollen die Meisterschaft gewinnen", meinte der Red-Bull-Pilot. "Es sind noch ein paar Rennen, wir müssen fokussiert bleiben und immer das Maximale herausholen." Ob der RB8 auf der schnelleren Strecke in Suzuka genauso gut zurecht kommt wie auf dem Marina Bay Circuit, bleibt allerdings abzuwarten. Auf den Highspeedstrecken von Spa und Monza gehörte Red Bull nicht zu den absoluten Top-Teams. Um die WM spannend zu halten, müsste Vettel aber vor Alonso ins Ziel kommen. Hoffnung macht vor allem die Bilanz des 25-jährigen Champions, der in den letzten drei Jahren zwei Siege und einen zweiten Platz auf dem Suzuka International Racing Course herausfuhr.

Vettel oder Alonso: Wer schnappt sich den Titel?, Foto: Red Bull
Vettel oder Alonso: Wer schnappt sich den Titel?, Foto: Red Bull

In Suzuka sollte das Weltmeister-Team aber auch Ferrari wieder auf der Rechnung haben. Nach dem etwas enttäuschenden Abschneiden im südostasiatischen Stadtstaat mahnten Fernando Alonso und Teamchef Domenicali, dass die derzeitige Performance, für den Titelkampf zu wenig sei. Der Spanier führt die Fahrerwertung zwar noch einigermaßen souverän an, Fakt ist aber auch, dass er seit Hockenheim kein Rennen mehr gewinnen konnte. Kommt es in Suzuka nun zur Ferrari-Renaissance? Die Vorzeichen, dass die Scuderia in Japan in die Erfolgsspur zurückkehrt, stehen zumindest nicht schlecht. Die Streckencharakteristik dürfte den Roten mehr entgegenkommen als die in Singapur. Knackpunkt für ein gutes Ergebnis ist das Qualifying. Bei den letzten Rennen gelang es nur selten, im Zeittraining das Maximum aus dem Auto herauszuquetschen.

Räikkönens legendäre Aufholjagd

Lotus wartet seinerseits immer noch darauf, ein Rennwochenende mit dem maximalen Erfolg - einem Rennsieg - abzuschließen. Trotz einiger starker Auftritte von Kimi Räikkönen und Romain Grosjean ist das Team aus Enstone 2012 noch ohne Erfolg. Nach dem nicht ganz geglückten Singapur Grand Prix hofft das Team in schwarz-gold, in Suzuka wieder in den Kampf um die Podiumsplätze eingreifen zu können. "Wir müssen im Vergleich zu Singapur - wo wir im Niemandsland waren - einen Schritt nach vorne machen", forderte Räikkönen. Dass Suzuka für ihn ein gutes Pflaster ist, stellte der 32-Jährige bereits mit seiner spektakulären Aufholjagd im Jahr 2005 unter Beweis, als er das Rennen von 17. Startplatz aus gewann.

So ein Husarenstück wie Räikkönen vollbrachte er in Suzuka zwar noch nicht, dafür trug sich Michael Schumacher öfter als jeder andere Fahrer in die Siegerliste ein. Der 43-Jährige feierte bereits sechs Siege, den ersten 1995. Dass auf seiner Abschiedstournee für Mercedes noch ein weitere hinzukommt, ist zum jetzigen Zeitpunkt aber unwahrscheinlich. Lange, schnelle Kurven gelten nicht unbedingt als die Stärke der Silberpfeile. Leistungsmäßig dürfte Mercedes demnach eher bei Sauber, Williams und Force India als bei den Top-Teams anzusiedeln sein. Dass Schumacher wegen seines Unfalls in Singapur um zehn Startplätze nach hinten versetzt wird, kommt erschwerend hinzu. Doch der Rekordchampion lässt sich den Optimismus von den schlechten Vorzeichen nicht nehmen - im Gegenteil. "Natürlich werden meine Chancen durch die Rückversetzung stark eingeschränkt. Aber solche Dinge habe ich schon immer als Herausforderung verstanden", kündigte er an.