Wir haben die Hälfte der Saison hinter uns - wie beurteilen Sie diese ersten Monate?
Luis Perez-Sala: Meine Einschätzung könnte nicht positiver ausfallen. Unser Saisonstart war kompliziert. Wie wir bereits mehrmals gesagt haben, haben wir beinahe das gesamte Team verändert, wir haben einen neuen Firmensitz bezogen, in dem wir seit Anfang April sind und das alles, während wir ein neues Auto bauten. Es war eine sehr ehrgeizige Herausforderung, es war von vornherein unmöglich zu erreichen, aber wir haben es mit sehr begrenzten Mitteln geschafft. Als wir uns eingelebt hatten, kamen wir von April, Mai an in einen Rennrhythmus. Sicherlich haben wir einige sehr intensive Monate hinter uns, in denen das Team alles gegeben hat, denn wir haben es geschafft, alles zu erreichen, was wir uns vorgenommen hatten.

Was hat Sie am meisten überrascht? Und was hat Ihnen die größte Genugtuung verschafft?
Luis Perez-Sala: In Wahrheit hat mich nichts zu sehr überrascht, denn ich bin mit einer offenen Einstellungen da ran gegangen, bereit, alles zu bewältigen, was mir in den Weg kam. Ich würde sagen, was mir die größte Genugtuung bereitet hat, war das Engagement von allen an diesem Projekt Beteiligten. Diese Menschen waren in sehr schwierigen Momenten vereint und haben ihre Tapferkeit, Ehre und Verantwortung bewiesen, um dieses Projekt in den härtesten Augenblicken weiter zu unterstützen. Es ist nicht leicht, sein Bestes zu geben, wenn man nicht viel geschlafen hat, wochenlang von zu Hause weg ist oder unbequeme Reisen durchleben musste, aber die Mitglieder dieses Temas haben es getan und dafür bin ich dankbar. Diese Arbeit und dieses Engagement zahlen sich aus, weil nicht nur wir, sondern auch alle anderen anfangen stolz zu sein und sich als ein Teil dieses Projekts zu fühlen.

Würden Sie sagen, dass die Ziele für die erste Saisonhälfte erreicht wurden?
Luis Perez-Sala: Ja, wir haben die Ziele erreicht, die wir uns selbst gesetzt haben, nämlich den großen strukturellen Wandel durchzuführen und die nötige Stabilität zu schaffen, um wachsen zu können. Das scheint ein bescheidenes Ziel zu sein, aber es verlangte eine radikale Veränderung. Gegen Ende des Jahres 2011 wurde die Entscheidung getroffen, den Teamsitz nach Spanien zu verlagern, ein neues Auto zu kreieren und einen ersten Standard zu schaffen, der es uns ermöglichen sollte, leicht die 107-Prozent-Hürde zu meistern, um dann zu wachsen. Wir haben all das erreicht, deshalb können wir sagen, dass wir unser Soll erfüllt haben. Nun müssen wir uns neue Ziele setzen.

Was ist die komplizierteste Herausforderung, der sich das Team stellen muss?
Luis Perez-Sala: Von hier an ist die wichtigste und komplizierteste Herausforderung, weiter in die richtige Richtung zu wachsen, unsere Ressourcen zu optimieren und das Auto besser zu machen. Das ist das Schwierigste, denn während andere Teams eine gefestigte Struktur haben, befinden wir uns nach wie vor in einer Übergangsphase. In diesem Sinne haben sie uns gegenüber auch einen Vorteil, aber vor allem, weil wir nur begrenztes Personal und wirtschaftliche Ressourcen haben und das bedeutet, dass der Upgrade-Plan sehr klar sein muss und was auch immer wir einführen, einen bedeutenden Unterschied macht. Es muss einen Schritt nach vorne bedeuten. Das Wichtigste ist jetzt, nicht von den anderen Teams abgehängt zu werden, während wir unser Team fertig formen, uns entwickeln und uns auf die Zukunft vorbereiten.

Luis Perez-Sala sieht in der Zuverlässigkeit die größte Stärke des F112., Foto: Sutton
Luis Perez-Sala sieht in der Zuverlässigkeit die größte Stärke des F112., Foto: Sutton

Der F112 ist ein komplett neues Auto - was macht das Team daraus? Denken Sie, dass das maximale Potential bereits herausgeholt wurde?
Luis Perez-Sala: Ich denke, insgesamt hat der F112 ein ganz gutes Ergebnis geliefert, wenn man bedenkt, wie es begann. Im Winter hatte ich viele Zweifel, denn das Auto wurde uns übergeben und wir hatten nicht genug Zeit, es zu überprüfen. Das Prozedere und die Deadlines waren nicht wie sonst und das zwang uns dazu, schneller vorzugehen, um die verlorene Zeit gutzumachen und die verschiedenen in das Projekt involvierten Parteien zu organisieren, um es rechtzeitig zu schaffen. Aber sogar mit all diesen Hindernissen hat das Auto gute Resultate erbracht. Es hat eine gute Basis und das ist seine größte Stärke. Es ist ein zuverlässiges Auto mit einer guten mechanischen Widerstandsfähigkeit und es bietet viele Entwicklungsmöglichkeiten. Ich würde sagen, wir sind bei 50 Prozent des Potentials und wir können weitere 50 Prozent herausholen, vor allem im Bereich der Aerodynamik.

Wird es nach der Sommerpause Upgrades geben?
Luis Perez-Sala: Ja, wir haben ein paar Upgrades für den Singapur GP vorbereitet. Als kleines Team können wir es uns nicht leisten, alle zwei oder drei Rennen kleinere Updates zu bringen, denn die Kosten für ein Upgrade oder ein neues Teil für ein kleines Upgrade zu schaffen, sind sehr hoch. Abgesehen von aerodynamischen Studien muss man die Teile herstellen und das benötigt ebenfalls viel Zeit. Also müssen wir aus jeder Veränderung das Beste machen und eine sehr klare Vorstellung haben, in welche Richtung wir gehen wollen, damit diese Upgrades ergiebig sind.

Wir haben gesehen, wie viel Einfluss das Wetter auf verschiedene Rennen der Saison hatte. Wie sehr kann das die Entscheidungen eines Teams beeinflussen und welche Herausforderungen stellt das während des Rennens?
Luis Perez-Sala: Wir lernen in diesem Bereich. Wir kämpfen nicht um Punkte und die Tatsache, dass wir überrundet werden, bedeutet, dass unsere Strategie immer von außen beeinflusst wird. Aber wir können dadurch Erfahrungen sammeln und in hoffentlich nicht allzu langer Zeit, wenn wir um die Punkte oder bessere Platzierungen kämpfen können, sind wir umso besser vorbereitet um die richtigen Entscheidungen zu treffen. In jedem Fall hat man nie alles perfekt unter Kontrolle, denn auch legendäre Teams machen bisweilen Fehler, also gibt es immer etwas zu lernen.

Die Kombination aus Pedro und Narain als Einsatzfahrer, Dani als Reservepilot und Ma im Entwicklungsprogramm, stellte sich als sehr positiv heraus. Was würden Sie bei jedem von ihnen hervorheben?
Luis Perez-Sala: Ich würde bei Pedro alles hervorheben. Er ist ein außergewöhnlicher Mensch und ein hervorragender Fahrer. Abgesehen von seiner Erfahrung hat er viel Allgemeinwissen und er agiert als Teamleader. Es gibt keinen Zweifel, dass er der Eckpfeiler dieses Projekts ist. Bei Narain würde ich seine Erfahrung, seine Sicherheit und seinen Speed hervorheben, und zudem die Stabilität, die er dem Team verleiht. Dani ist ein junger Fahrer und er hat sich phänomenal gut an das Team angepasst und das in einer Position, die nicht einfach ist, nämlich die eines Ersatzfahrers. Ma ist ein Fahrer, der uns alle überraschen wird, denn er hat großes Potential. Wir haben das gesehen, als er in Silverstone den F112 testete und seine Qualität unter Beweis stellte. Er ist ein emsiger Arbeiter und er hat sich auch perfekt angepasst. Ich bin sehr stolz auf und zufrieden mit der Fahrerstruktur, die wir haben, und jeder erfüllt seine Rolle perfekt.

Was muss passieren, damit Sie diese Saison am Ende als erfolgreich bezeichnen können?
Luis Perez-Sala: Für mich wäre es ein Erfolg, die Zuverlässigkeit aufrecht zu erhalten und unsere Leistung etwas zu verbessern. Ich hoffe, dass das Aero-Paket, das wir nach dem Sommer einführen werden, uns helfen wird, den nächsten Schritt zu machen. Das Ziel ist es, zwischen 104 und 105 Prozent zu bleiben und das Projekt für 2013 vorzubereiten. Wenn wir all das erreichen, wäre ich zufrieden. Abgesehen davon hoffe ich, dass das Team voll und ganz funktioniert - die Design- und Aerodynamikabteilung arbeitet in der Caja Magica - auch wenn wir noch etwas mehr Zeit brauchen, damit wir das erreichen.

Die Formel 1 geht durch eine Phase des Wandels - das Concorde Agreement wird neu verhandelt um im Jahr 2014 wird es neue Motoren geben. Wie sieht das Team diese sehr wichtigen Themen für die Zukunft?
Luis Perez-Sala: Der Standpunkt des HRT Formel-1-Teams ist derzeit offen. Bei der Frage der neuen Motoren warten wir darauf, alle möglichen Informationen zu erhalten, vor allem bezüglich der Kosten, die diese Änderung mit sich bringt. Wir kennen nach wie vor nicht alle Details, aber für uns ist es von zentraler Bedeutung, dass die wissen, wo wir stehen und welche Entscheidung wir treffen, denn das macht etwa 15 bis 20 Prozent des Teambudgets aus. Diese Veränderung erfordert wichtige Planung, die gut gemacht sein muss. Beim Concorde Agreement erwarte ich keine Probleme, denn auch wenn wir ein kleines Team sind, habe ich den Eindruck, dass wir beachtet und unterstützt werden.

Welche Pläne haben Sie für den Urlaub nach einigen Monaten mit harter Arbeit?
Luis Perez-Sala: Ich bleibe mit meiner Familie in Spanien und wir werden ein paar Tage am Strand verbringen und weitere in den Bergen. Ich freue mich wirklich, etwas Zeit mit ihnen zu verbringen und abzuschalten, um etwas Kraft zu tanken, denn vor uns liegt ein tolles Ende der Saison.