Zumindest Updates über den Gesundheitszustand der am Dienstag schwer verunglückten Maria de Villota gibt es immer mal wieder, und es ist schön, zu hören, dass es zumindest positive Tendenzen zu geben scheint. Trotzdem - die sonstige Informationspolitik, die Marussia in den Tagen von dem Unfall bis jetzt betreiben hat, trägt nicht dazu bei, das Image des Teams zu verbessern. Wenn man sich völlig unzugänglich und unerreichbar gibt und hinter verschlossenen Türen verschanzt, entsteht bei vielen erst recht der Eindruck, man habe etwas zu verbergen und schießen die wildesten Spekulationen ins Kraut - egal, ob richtig oder nicht.

Zwei Tage lang hatte die Kommunikationschefin von Marussia ihr Handy ausgeschaltet, an der Strecke ist von den Teamverantwortlichen niemand wirklich zu sprechen, Teamchef John Booth verweist bei Fragen nach der Unfallursache auf die laufenden behördlichen Ermittlungen, wegen derer man überhaupt nichts sagen dürfe. Das ist vor allem aus versicherungsrechtlichen Gründen bis zu einem gewissen Grad verständlich. Allerdings stellt dann der ein oder andere die Frage, ob das Team es denn sicherheitsmäßig verantworten könne, hier überhaupt anzutreten, ob man denn wisse, dass sich so ein Zwischenfall nicht auch in einer vollen Boxengasse wiederholen könne?

Tatsache ist: Intern weiß man wahrscheinlich sehr wohl, dass eben kein grundsätzliches technisches Problem das plötzliche Beschleunigen des Autos in der improvisierten Boxengasse auf dem Flughafen von Duxford ausgelöst hat. Und man kann sich auch ziemlich sicher sein, das sich ein Fahrer wie Timo Glock schon sehr eingehende Informationen über das Geschehen geholt hat, ehe er wieder ins Auto stieg. Genau deswegen wollte man dem Deutschen wohl am liebsten am Donnerstag ein absolutes Redeverbot auferlegen, sogar ein lange geplantes Interview zum Thema Hockenheim mit einer Kollegin sollte zunächst abgesagt werden, konnte erst nach massivem Druck auch von Timos Seite stattfinden.

Die Unfallursache ist weiterhin nicht bekannt, Foto: Sutton
Die Unfallursache ist weiterhin nicht bekannt, Foto: Sutton

Auch das ist ein Zeichen für die Panik im Team - aber wovor eigentlich? Vor dem Vorwurf, eine unerfahrene Pilotin aus PR-Gründen ins Cockpit gesetzt zu haben, weil viele unter der Hand geführte Gespräche und eben auch viele Anzeichen eher auf einen menschlichen Fehler, ein Bedienungsproblem, als auf einen technischen Defekt hindeuten? Möglich ist auch, dass man erst einmal Maria und ihre Familie schützen will, aber so recht funktioniert auch das nicht, denn es denken sich sowieso die meisten inzwischen ihren Teil...

Oder hat man eher Angst davor, dass so oder so der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht so leicht aus der Welt zu schaffen sein wird, wenn ein LKW mit halb abgelassener Ladekante - eine nach den Sicherheitsvorschriften vieler Hersteller übrigens verbotene "Parkposition" - derart in der Nähe eines fahrenden Formel-1-Autos steht?

Das an manchen Stellen gehörte Argument, das sei doch jetzt alles erst einmal nicht so wichtig, wichtig sei nur der Gesundheitszustand der verunglückten Maria de Villota, zieht auch nicht wirklich. Denn die allererste Konsequenz aus einem Unfall muss doch sein, so weit wie möglich sicher zu gehen, dass er sich nicht wiederholen kann. Insbesondere wenn weiterhin Formel-1-Autos auf Rennstrecken und bei Straight-Line-Tests fahren.

So sieht das auch Felipe Massa, der aus eigener Erfahrung einen ganz besonderen Blick auf die Dinge hat: "Dass so etwas passieren kann, hat uns alle überrascht und geschockt. Ein solcher Aufprall mit dem Helm muss fürchterlich sein. Ich kann nur hoffen, dass sie sich so schnell wie möglich wieder weitgehend erholt. Aber für mich wäre es sehr wichtig, zu wissen, wie so etwas passieren kann - denn das ist schwer zu verstehen. Ich finde auch, dass sich die FIA damit beschäftigen sollte, wie man so etwas in Zukunft verhindern kann. Denn wenn ein Formel-1-Auto so in einen LKW knallt, dann gibt es da sicherlich Klärungsbedarf, da muss eine genaue Analyse her."

Wobei sich die FIA in diesem Fall erst einmal nicht wirklich in der Pflicht sieht, weil derartige Straight-Line-Tests nun mal die Privatsache der Teams sind und eben gerade nicht unter FIA-Aufsicht fallen. Weswegen auch kein FIA-Delegierter an der behördlichen Untersuchung des Autos teilnahm, obwohl Marussia sogar gerne einen dabei gehabt hätte.

Was zumindest mittelfristig eine Frage aufwirft: Wäre es nicht besser, auch diese Tests in Zukunft unter FIA-Aufsicht auf der Geraden einer echten Rennstrecke stattfinden zu lassen, wo die Sicherheitsvorkehrungen passen, wo nicht etwa aus Platzgründen die Lkws sehr dicht stehen müssen - andere Teams geben zu, dass sie solche Situationen auch schon hatten. Nur hatte sich bis jetzt halt nie jemand darüber Gedanken gemacht, weil nie etwas passiert war...