Das Qualifying war kaum vorbei, da ging im Fahrerlager auf der Ile de Notre Dame in Kanada der Run auf die Fernseher los - zumindest bei der deutschen Fraktion, auch bei den Fahrern. Schließlich sind die deutschen Formel-1-Piloten alle sehr am Fußball interessiert und hatten schon im Vorfeld fast geschlossen nach Möglichkeiten gesucht, am Samstag nicht zu viel vom deutschen Auftakt-EM-Spiel zu verpassen.

Das musste dann auch im österreichischen Red Bull-Team gehen. Da sorgte Sebastian Vettel schon dafür. "Der Fernseher wird hier bei uns wohl schnell umgeschaltet werden", war er sich sicher. Nur musste er dann leider doch zwischendurch in den Paddockclub und ins Meeting. "Aber es gibt auch noch Live-Ticker." Natürlich drückte er der deutschen Mannschaft ganz fest die Daumen, war aber auch gleich von einer "Gegenleistung" überzeugt: "Ich bin sicher, die schauen auch vor dem Spiel noch unser Qualifying", grinste er schon am Donnerstag.

Das wollte aber dann Michael Schumacher seinem guten Kumpel Lukas Podolski doch nicht unbedingt vorschlagen, mit dem er in regem SMS-Kontakt steht. "Ich habe ihm zum Geburtstag schon gesagt, dass die Jungs Gas geben sollen." Eine Gefahr sieht Schumi in der Tatsache, dass Deutschland als Favorit gilt: "Denn der Kuchen ist noch lange nicht gegessen. Ich hoffe, dass die Mannschaft das auch so sieht." Zusammen mit seinem Teamkollegen Nico Rosberg schaute er sich das Spiel im Mercedes-Motorhome an, Nico setzte sich nach dem Sieg sogar einen Schwarz-Rot-Goldenen Maurerhut auf, eine gleichfarbige große Winkehand machte die Runde.

Mit ihren Tipps hatten die Mercedes-Stars gar nicht so falsch gelegen - 2:1 hatten beide gesagt, Sieg und Torverhältnis zumindest stimmten. RTL hatte zu Beginn des Wochenendes in der FOM-Hospitality von Bernie Ecclestone sogar zeitweise eine kleine deutsche "EM-Ecke" aufgebaut, mit vielen deutschen Fähnchen, um dort Tipps und Einschätzungen der Fahrer aufzuzeichen. Und auch im Pressezentrum läuft Fußball - zwar nicht offiziell auf den großen Bildschirmen, aber inoffiziell. Die Stars sind die Kollegen, die auf ihren Laptops gute Livestreams laufen haben, um ihre Plätze bilden sich die großen Trauben.

Mit Sicherheit dann auch am Sonntag zwei Stunden vor dem Rennstart, wenn mit Italien und Spanien zwei auch in der Formel 1 stark vertretene Nationen aufeinander treffen. Nur Fernando Alonso, einer der größten Fußballfans überhaupt unter den Piloten, ist ein bisschen frustriert. Denn nicht einmal der - genau wegen der EM und daraus resultierender Kollisionen der TV-Übertragungen - um eine Stunde nach hinten verschobene Rennstart am Sonntag wird ihm viel bringen. "Fünf oder zehn Minuten kann ich von Spanien - Italien vielleicht gucken, dann müssen wir schon zur Fahrerparade und sind beschäftigt."

Dabei hat das Spiel für einen Spanier in einem italienischen Team natürlich besondere Brisanz. "Ich bin immer für Spanien, meine Mechaniker natürlich für Italien." Teamkollege Felipe Massa macht sich da intern mehr Freunde. Der Brasilianer outet sich eindeutig als Italien-Fan. Sein brasilianischer Landsmann Bruno Senna ist freilich außen vor. "Ich habe ehrlich gesagt gar nicht gewusst, dass die EM los geht", gab er zu. "Ich weiß, Bildungslücke - aber mich interessieren halt nur Weltmeisterschaften, wo Brasilien mitspielt."