Drei Wochen. So lange hatten die Formel-1-Teams nun Zeit, sich auf das vierte Rennen der Saison vorzubereiten. Wenn am Freitag zum 1. Freien Training des Türkei GP die Motoren wieder aufheulen wird sich zeigen, welches Team seine Hausaufgaben am besten gemacht hat. Baustellen gab es nach dem Rennen in Shanghai, als Lewis Hamilton die Dominanz Sebastian Vettels unterbrach, zahlreiche.

Bei Red Bull steht - wie seit Saisonbeginn - das KER-System ganz oben auf der Agenda. In bislang jedem Rennen bereitete das Hybrid-System Sorgen, in China kostete es Sebastian Vettel wohl den Sieg-Hattrick, als es am Start nicht funktionierte. Die Ingenieure haben in den vergangenen Wochen mit Hochdruck am KERS des RB7 gearbeitet und Motorsportberater Helmut Marko verkündete Positives. "Unser KER-System ist in Ordnung. Wir haben über die Osterpause einige Änderungen vorgenommen", verriet Marko. "Es ist jetzt viel besser. Es funktioniert."

Wie die Blöden

Ähnliches hatte man allerdings auch vor den vergangenen Rennen aus dem Red-Bull-Lager gehört. Der Unterschied diesmal: Die Zeit. Drei Wochen sind eine Menge, um tiefgreifende Änderungen vorzunehmen. Sollte Red Bull die KERS-Causa endlich in den Griff bekommen haben, dürften sie die Nase - samt flexiblem Frontflügel - ein wenig vor McLaren haben.

Doch Vorsicht ist geboten, meinte auch Niki Lauda. "Die anderen Teams schlafen nicht", betonte der ehemalige F1-Pilot. "Ferrari und McLaren entwickeln wie die Blöden und wenn Red Bull seine Technik nicht in den Griff bekommt, dann ist es bald vorbei mit der Dominanz." In der Tat rauchten in den Hallen von McLaren über Ostern die Köpfe der Ingenieure. Sorgen bereitet den Briten vor allem noch der fehlende Speed des MP4-26 im Qualifying.

Historisch gutes Pflaster

Vettel hatte sich bei allen drei Qualifyings in diesem Jahr die Pole Position geschnappt. "Ich denke, uns fehlen zwischen drei Zehntel und eine halbe Sekunde auf die Pace von Red Bull und das ist klarerweise die Lücke, die wir schließen wollen", gab Chef-Renningenieur Phil Prew zu. Deshalb ist man dabei, den angeblasenen Diffusor noch mehr auszureizen. Helfen soll ein verbessertes Motor-Mapping, um so die Auspuffgase besser nutzen zu können, die den Diffusor anblasen.

McLaren bastelt am angeblasenen Diffusor herum, Foto: McLaren
McLaren bastelt am angeblasenen Diffusor herum, Foto: McLaren

"Die Generierung von Abtrieb wird stark durch die Auspuffgase beeinflusst. Es gibt viele Gründe, warum der Vorteil von Red Bull existiert und wir wollen unsere Leistung im Qualifying und im Rennen steigern, damit wir hoffentlich in beiden Bereichen näher kommen", erklärte Prew weiter. Dabei ist der Istanbul Park historisch kein schlechtes Pflaster für die McLaren-Piloten: 2009 fuhr Jenson Button zum Sieg, im Folgejahr setzte sich Lewis Hamilton gegen seinen Teamkollegen durch.

KERS als Vorteil

Gleichzeitig wollte es sich Hamilton nicht nehmen lassen, die KERS-Vorteile für das Rennen im Istanbul Park hervorzuheben - vielleicht nicht ganz ohne Hintergedanken in Richtung Red Bull. "Die meisten Geraden kommen direkt im Anschluss an langsame Kurven - es gibt also einen großen Anwendungsbereich für KERS, besonders am Ausgang von Kurve zehn, sowie der Zielkurve", freute sich der Weltmeister von 2008, denn das McLaren-KERS hat sich bislang als zuverlässig präsentiert.

Nicht zuverlässig zeigte sich hingegen Ferrari. Die Scuderia hat sich nach den letzten Resultaten aus dem Kreis der Top-Teams herauskatapultiert. Folgendes Bild herrscht derzeit vor: Spricht jemand von Podestplätzen, spricht er nicht von Ferrari. Wurde Ferrari vor dem Saisonbeginn noch für sein unauffälliges Design des 150° Italia gelobt, folgte die Rolle rückwärts. "Bereits beim Design des Autos war unsere Herangehensweise nicht aggressiv genug", gestand Teamchef Stefano Domenicali. Hinzu kamen Probleme mit dem hauseigenen Windkanal. Der hatte wohl verfälschte Daten ausgespuckt, was sich in der schwachen Performance des Boliden niederschlug.

Neuer Wind bei Ferrari

Immerhin: Der Windkanal wurde offenbar neu kalibriert und soll nun wieder zuverlässige Daten für die Entwicklung der Roten Göttin präsentieren. Was bedeutet das für den anstehenden Grand Prix? Nicht allzu viel, wenn man Nicolas Tombazis glaubt. "Ich denke, wir sind näher dran, auch wenn ich nicht glaube, dass wir in der Türkei schon in der Position sein werden, in der wir sein sollten", sagte Ferrari-Chefdesigner. Trotzdem reist das Team nicht ohne Neuerungen an.

Neue Ferrari-Teile in Istanbul, Foto: Sutton
Neue Ferrari-Teile in Istanbul, Foto: Sutton

Was genau ans Auto gebaut wurde, wollte Ferrari noch nicht verraten. Doch angeblich soll Felipe Massa bei einem Drehtag verbotenerweise Updates getestet haben. So soll sich der Bolide laut Medienberichten am Diffusor und der hinteren Aufhängung im Vergleich zu Shanghai verändert gezeigt haben. Zudem schien das Heck höher zu sein als vorher, womit man wohl Red Bull nacheifern will, um den Vorderflügel - egal ob flexibel oder nicht - näher an die Straße zu bringen. Die ersten Trainings im Istanbul Park werden zeigen, ob an diesen Gerüchten etwas dran ist.

Das Wettrüsten geht in dieser Saison also munter weiter. Red Bull kämpft mit eigenen Problemen, die Rivalen damit, den erfolgreichen RB7 im Ansatz zu kopieren. Bleibt nur die Frage offen, was die heimlichen Verfolger Mercedes und Lotus Renault in der Zwischenzeit getrieben haben. Reicht es schon für einen Angriff auf die Elite? Rennen vier sorgt für zwischenzeitliche Aufklärung.