23 von 24 Plätzen in der Formel 1 sind vergeben. Auf den letzten freien Sitz beim Hispania Racing HRT F1 Team machen sich noch einige Kandidaten Hoffnungen. Darunter auch Christian Klien. Im Interview mit Motorsport-Magazin.com spricht der Vorarlberger über seine Cockpitchancen, Freundschaft zwischen ewigen Rivalen und die Show in der Formel 1.

Wie sieht der aktuelle Stand der Dinge in Sachen HRT aus? Das HRT F1 Team hat bekanntlich als einziges Team den zweiten Fahrerplatz für 2011 nicht bekannt gegeben.
Christian Klien: Roman Rummenigge ist in laufendem Kontakt mit dem HRT Management. Ich würde natürlich sehr gerne für das HRT Team fahren, denn ich bin sicher, dass das Team sich weiter entwickeln wird und einige Leute überraschen wird. Vor allem bei der Fahrzeugentwicklung würde ich mich gerne von der technischen Seite einbringen. Mit Geoff Willis und Chefdesigner Paul White sind Ingenieure im Team die wissen, wie man ein konkurrenzfähiges Auto baut. Zudem arbeitet das Team effizient wie kaum ein anderes um mit geringem Budget ein Maximum zu erreichen.

Könnten Liuzzi oder Mondini einen Vorteil haben, weil sie schon für HRT getestet haben?
Christian Klien: HRT hat bei allen bisherigen Tests das 2010er Auto eingesetzt. Dieses Auto bin ich im vergangenen Jahr an 5 Rennwochenenden gefahren, davon drei Grands Prix. Dabei ist es mir gemeinsam mit den Renningenieuren gelungen durch die Arbeit am Setup die Performance des Autos deutlich zu steigern. Am Ende der Saison war unser Abstand zu den anderen Teams geringer, obwohl wir keine neuen Konstruktionsteile für das Auto hatten. Andere Fahrer wie Tonio oder Mondini kannten das Auto noch nicht. Daher ist es aus Teamsicht auch verständlich, dass man so viele Aussagen wie möglich einholt und die Arbeitsweise anderer Fahrer testet.

Liuzzi und Du kämpfen nicht zum ersten Mal um ein Cockpit...
Christian Klien: Ja, schon lustig, oder? Schon 2005 bei Red Bull durften wir ja das bahnbrechende "seat sharing"-Modell testen. Aber Tonio und ich sind seit vielen Jahren gute Freunde. Wir haben auch nach seinem HRT-Test miteinander telefoniert. Im Sommer hatte ich eine Karte fürs Fußball Champions League-Finale in Madrid übrig. Da habe ich ihn natürlich mitgenommen. Egal wer das Cockpit kriegt, das ändert nichts an unserem guten Verhältnis zueinander.

Christian Klien hofft auf einen Fixplatz, Foto: Sutton
Christian Klien hofft auf einen Fixplatz, Foto: Sutton

HRT hat noch keine Streckenerfahrung mit dem neuen F111. Kann der eine Test in Barcelona als Vorbereitung auf die Saison reichen?
Christian Klien: Jeder Testtag ist wichtig, keine Frage. Aber wer sieht, aus welchen Trümmern das Team Anfang der Saison 2010 geboren wurde, wird keine Sorgen haben, dass in Blickrichtung 2011 das Maximale herausgeholt wird. Es wird sehr ordentlich und analytisch gearbeitet.

Es zeichnet sich ab, dass HRT auch dieses Jahr wohl wieder nur weit hinten mitfährt. Macht das als Fahrer dann überhaupt noch Spaß?
Christian Klien: Abwarten! Voreilige Prognosen können manchmal ziemlich danebengehen. Und ja, die Formel 1 macht immer Spaß, denn sie ist das höchste Privileg, das sich ein Rennfahrer erarbeiten kann. Wer den Biss verliert, nur weil ihm die Top Platzierungen nicht in den Schoß fallen, kann sich ja auch einen anderen Job suchen.

Wie sind Deine Ansichten zur Paydriver-Problematik?
Christian Klien: Die wirtschaftliche Situation der Formel 1 hat sich in den letzten zwei Jahren dramatisch verändert. Die Top-Teams verfügen über gute Einnahmequellen, aber schon ab dem Mittelfeld müssen sich alle nach der Decke strecken. Ich habe in allen meinen Jahren in der F1 und im Sportwagen-Bereich nicht für das Rennen fahren bezahlt, sondern bin für meine Leistungen immer bezahlt worden. Das wird auch weiterhin so sein. Denn klassische Bezahlfahrer gibt es ohnehin fast nie. Ein Bezahlfahrer nimmt eigenes Geld in die Hand. Alle anderen bringen ihre Partner und Sponsoren mit in die Ehe. Das ist bei mehr als zwei Drittel der Fahrer im aktuellen Feld der Fall.

Macht das den Sport nicht teilweise kaputt, wenn Geld statt Leistung entscheidet?
Christian Klien: Nein, denn in der Formel 1 sind immer noch die besten Rennfahrer der Welt. Man kann es aber den Teams nicht verdenken, dass Fahrer mit Sponsoren oder einem großen Markt im Rücken für diese Teams ein Muss geworden sind. Was nicht heißen soll, dass diese Fahrer ihr Handwerk nicht beherrschen. Aber geht man davon aus, dass zwei gleichwertige Fahrer für ein Team am Markt sind, dann wird sich das Team logischerweise für den Fahrer entscheiden, der zusätzlich die wirtschaftliche Basis des Teams verbessern kann.

Gibt es eine Alternative zur F1?
Christian Klien: In der jetzigen Phase ist mein Fokus ausschließlich auf die Formel 1 ausgerichtet. Die einzige Alternative zum Renncockpit wäre ein Testfahrervertrag mit der klaren Perspektive von Renneinsätzen. Sollte sich beides nicht bieten, werde ich den Weg in eine andere Rennserie einschlagen. Mehrere internationale Rennserien bieten spannenden Rennsport auf hohem Niveau. Auch dort finden sich technisch interessante Herausforderungen, wo die Fahrzeugentwicklung inklusive Testarbeiten über das ganze Jahr, im Vordergrund steht. Und wenn man sich in der Formel 1 einmal einen guten Namen gemacht hat, steht diese Türe zum Glück immer einen Spalt weit offen.

Nach den Testfahrten: Welches Team hat bislang den besten Eindruck hinterlassen?
Christian Klien: Bei allen Fragezeichen, die sich da immer stellen: Red Bull und Ferrari schauen extrem stark aus. Aber alle Teams scheinen große Probleme mit der Haltbarkeit der Reifen zu haben.

Christian Klien kämpft gegen Tonio Liuzzi um ein Cockpit, Foto: Sutton
Christian Klien kämpft gegen Tonio Liuzzi um ein Cockpit, Foto: Sutton

Was werden KERS und der verstellbare Heckflügel bringen?
Christian Klien: Ich kenne die KERS-Technik auf Grund meiner Test- und Entwicklungsarbeit bei BMW Sauber. Trotz Mehrgewicht am Fahrzeug wird es in Summe die absolute Rundenzeit verbessern. Es wird nicht allen Teams gelingen, gleich im ersten Jahr das System effizient einzusetzen. Für die Zukunft betrachtet finde ich es sehr gut, dass sich die F1 technisch zur Energieeinsparung bekennt. Betreffend der "Vorteile" des verstellbaren Heckflügels kann ich mir noch kein klares Bild machen. Ich denke, es wird sich erst in den Rennen herausstellen, ob der erwünschte Effekt von mehr Überholmanövern eintreten wird. Sogar Bernie Ecclestone ist ja noch skeptisch.

Bernie Ecclestone hat sich für künstliche Regenrennen ausgesprochen. Das soll die Show verbessern. Wie ist Ihre persönliche Einstellung dazu?
Christian Klien: Lustige Idee von Bernie. Er ist ja sehr kreativ auf dem Gebiet und erfindet immer etwas Neues, vor allem im Winter. Ich denke, dass genug für ein besseres Spektakel getan wurde und man die derzeitigen Methoden wie den Heckflügel einmal auf seine Tauglichkeit testen sollte. Außerdem haben wir meiner Ansicht nach rein statistisch schon genügend Regenrennen pro Jahr. Und vom Cockpit aus sieht die Sache immer etwas anders aus als vor dem Fernseher.