Nur wenige Tage nach dem überraschenden Titelgewinn von Sebastian Vettel in Abu Dhabi ging es auf der gleichen Strecke mit den letzten Testfahrten des Jahres weiter. Nach zwei Tagen mit Nachwuchspiloten begann am Freitag und Samstag die Ära von Pirelli. Ab sofort fahren alle zwölf Teams mit den italienischen Reifen.

Am ersten Testtag setzte sich Felipe Massa an die Spitze, am zweiten Tag war Fernando Alonso nicht zu bremsen - der Verfolger war jeweils ein Deutscher: beide Male hieß er Sebastian Vettel. Zwar wurde am Samstag Michael Schumacher kurzfristig als Zweiter geführt, aber die Zeit des Deutschen wurde gestrichen, weil er eine Schikane abgekürzt hat. Die letzte Bestzeit des Jahres von Alonso lautete 1:40.529 Minuten - damit war er gut drei Zehntel langsamer als Massa am Vortag.

Für den Mercedes-Piloten war der Samstag der erste Kontakt mit den neuen Pirelli-Reifen. Der Rekordweltmeister beschwerte sich in der vergangenen Saison, ebenso wie sein Teamkollege Nico Rosberg, über die schwachen Vorderreifen von Bridgestone. Rosberg sah nach seinem Testtag am Freitag noch keinen Grund zum Jubeln über die neuen Pirellis, noch steht aber auch nicht der 2011er Silberpfeil zur Verfügung.

Zweiter Reifenschaden bei Vettel

Sebastian Vettel hatte erneut Reifenprobleme, Foto: Red Bull/GEPA
Sebastian Vettel hatte erneut Reifenprobleme, Foto: Red Bull/GEPA

Vettel hatte am Samstag erneut einen Reifenschaden zu beklagen. Der Deutsche blieb der einzige Pilot, der im Verlauf der beiden Testtage solche Probleme hatte. Auch bei den sechs Exklusivtests von Pirelli mit Nick Heidfeld, Pedro de la Rosa und Romain Grosjean sollen solche Defekte nicht aufgetreten sein. Zumindest der Schaden am Freitag wurde durch einen Schnitt im Pneu ausgelöst. Trotzdem hatte in der Mittagspause Zeit, eine Gruppe Schulkinder zu empfangen.

Die zweite rote Flagge des Tages löste Force-India-Testfahrer Paul di Resta aus, der mit einem mutmaßlichen Temperaturproblem am Streckenrand stehen blieb. Ein Sensor hatte Alarm geschlagen und di Resta stellte das Auto vorsorglich ab. Damit sollte verhindert werden, dass der Auspuff wie am Vortag beschädigt wird. Es handelte sich aber um einen Fehlalarm eines defekten Sensors. Am Ende landete er auf Platz 8.

Di Resta und Tonio Liuzzi arbeiteten am Samstag mit dem Force India Team an der Gewichtsverteilung, am Aero-Setting und der allgemeinen Balance. "Wir haben unseren Fahrern erlaubt, die neue Basis mit der diesjährigen zu vergleichen. Der nächste Schritt für uns ist, das zu übernehmen, was wir bei der Entwicklung des VJM04 gelernt haben und eng mit den Pirelli Ingenieuren zusammenzuarbeiten", sagte Chef Renningenieur Dominic Harlow mit Blick nach vorn.

Buntes Feld

GP2-Champion Pastor Maldonado verursachte kurz vor Testende die dritte und letzte Unterbrechung. Der HRT-Pilot drehte sich in Kurve 1, rettete sich dann aber doch noch langsam an die Box zurück.

Hinter dem Spitzentrio Alonso, Schumacher und Vettel reihten sich Williams-Mann Rubens Barrichello und Renault-Pilot Robert Kubica auf den Plätzen vier und fünf ein. "Wir haben ziemlich viele Runden zurückgelegt und dabei alles über die Reifen gelernt, was wir wissen müssen", sagte Barrichello, der zudem laut seinem Senior Testingenieur Bremssysteme "mit interessantem Ergebnis" probiert hatte.

"Mein erstes Gefühl ist gut und die Reifen scheinen im Laufe des Tages besser geworden zu sein", sagte Kubica. Renault kämpfte zwar mit etwas Untersteuern, konnte aber Fortschritte beim Verständnis für die Reifencharakteristik und den Reifenabbau machen. "Wir fuhren mittellange Runs auf den weichen und mittleren Mischungen", verriet Chefingenieur Alan Permane. "Dabei gab es keine größeren Probleme."

Für McLaren griffen sowohl Gary Paffett als auch Nachwuchsmann Oliver Turvey ins Lenkrad, wobei der DTM-Titelanwärter Paffett einen Tick schneller unterwegs war. Hinter di Resta belegte Kamui Kobayashi vor Sebastien Buemi und Tonio Liuzzi Position neun. Sergio Perez fuhr an seinem zweiten F1-Testtag nur sieben Zehntel langsamer als sein japanischer Sauber-Teamkollege.

Oliver Turvey durfte noch mal bei McLaren ran, Foto: Sutton
Oliver Turvey durfte noch mal bei McLaren ran, Foto: Sutton

"Obwohl wir einige technische Probleme hatten, war es ein ziemlich guter Tag für mich", sagte der mexikanische F1-Rookie Perez, der vor allem mit Rennsprit fahren sollte, um ein Gefühl für das Auto unter Rennbedingungen zu erhalten. "Für mich war es wichtig, längere Runs zu fahren. Ich fühle mich jetzt im Auto wohler und bin mit den Ingenieuren und Abläufen vertrauter." Auch Kobayashi litt unter den Problemen. "Trotzdem konnte ich mehr Erfahrung mit den Reifen sammeln", so der Japaner. Die Probleme sollen in der Fabrik analysiert werden.

Sebastien Buemi war nach Arbeiten mit den Vorderreifen und Tests verschiedener mechanischer Komponenten mit den neuen Gummis zufrieden. "Wir können aus der aktuellen Performance noch keine Schlüsse ziehen, aber das Gefühl mit den neuen Reifen ist wirklich gut", kommentierte er nach einem Mix aus kurzen und langen Runs.

Lotus mit Bestzeit der Neuen

Lotus verteidigte seine Position als bestes der drei neuen Teams. Jarno Trulli schätzte ein: "Wir müssen uns auf die Fahrbarkeit der Reifen konzentrieren, bisher funktionierten sie ganz gut. Wir müssen das Maxiumum im Zusammenwirken der Reifen mit dem Auto herausholen. Die harte Mischung war ziemlich beständig, die Weichen weniger." Lotus Technikchef Mike Gascoyne resümierte: "Beide Testtage waren für uns sehr erfolgreich."

Trulli platzierte sich vor Pastor Maldonado im HRT sowie Timo Glock im Virgin-Boliden. "Wir haben einige positive Dinge an den Reifen gesehen und einige, die verbessert werden müssen", sagte Glock. "Der weiche Reifen sieht sehr gut aus und ist sehr konstant, aber der harte Reifen scheint hinten sehr stark abzubauen." Daran müsse noch gearbeitet werden. Teamchef John Booth freute sich derweil über die 400 gefahrenen Testkilometer an einem Tag. "Das zeigt, wie weit wir in dieser Saison gekommen sind." Immerhin blieb Virgin bei den Wintertests zu Beginn des Jahres viel zu oft stehen.

Das Hispania Racing Team probierte verschiedene Setups aus, um den Wagen optimal auf die neuen Reifen abzustimmen. "Wir haben uns nicht auf die Rundenzeiten konzentriert. Ich habe es wirklich genossen in einem Formel-1-Wagen zu sitzen", sagte Maldonado zum Abschluss.