Wie fühlt man sich als frischgebackener Mercedes-Benz Fahrer in der DTM?
Maro Engel: Zunächst einmal bin ich natürlich sehr glücklich, dass ich von Mercedes diese Chance bekommen habe. Ich werde alles dafür tun, das in mich gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen, viel zu lernen - und so schnell wie möglich hoffentlich weit vorne mitzufahren.

War die lange Wartezeit bis zum Vertragsabschluss sehr hart?
Maro Engel: Natürlich war es einerseits schwierig, aber ich glaube, für einen Rennfahrer ist es normal, dass man in der Winterpause mehr mit der Businessseite des Rennsports, mit Verhandlungen und solchen Dingen, zu tun hat, als mit dem eigentlichen Fahren. Das gehört einfach dazu - umso mehr freue ich mich jetzt, dass es geklappt hat.

Was reizt einen jungen, erfolgreichen Formel-Fahrer an der DTM?
Maro Engel: Erstens einmal, dass es extrem viel Spaß macht, die AMG Mercedes C-Klasse zu fahren. Das ist wirklich eine Herausforderung, sie sind sehr, sehr gut auf der Bremse, haben viel Abtrieb - ich war wirklich überrascht, wie toll sich so ein Auto anfühlt, obwohl es ja fast doppelt soviel wiegt wie alles, was ich bisher gefahren bin. Dazu kommt, dass für mich die DTM nach der Formel 1 die beste und professionellste Rennserie überhaupt ist - und im Tourenwagensport die hochwertigste von allen, sozusagen die Formel 1 der Tourenwagen. Außerdem ist es natürlich toll, dass ich auf diesem Weg weiter mit Mercedes-Benz zusammen arbeiten kann. Ich wurde ja letztes Jahr in der Formel 3 schon von Mercedes-Benz gefördert.

Du hast im Winter auch GP2 getestet, hattest da auch ein Angebot, warum dann doch die Entscheidung für die DTM?
Maro Engel: Weil das Angebot von Mercedes-Benz, diese Chance, die mir hier geboten wird, insgesamt einfach die beste Lösung mit den besten Perspektiven war.

Engel will nicht nur mitfahren, er will vorne mitfahren., Foto: Speed Academy
Engel will nicht nur mitfahren, er will vorne mitfahren., Foto: Speed Academy

Hast Du damit deine Formel-1-Pläne für alle Zeiten endgültig begraben?
Maro Engel: Ganz sicher nicht. Ich bin überzeugt davon, dass der Standard in der DTM so hoch ist, dass sich die besten DTM-Piloten auch mit den Topfahrern in der Formel 1 messen können und dass deshalb die DTM auch in Formel-1-Kreisen hohes Ansehen genießt. Aber jetzt will ich erst einmal in der DTM überzeugen, mich hier mittelfristig in der Spitze etablieren. Langfristig ist die Formel 1 aber immer noch ein Ziel.

Nun bekommst Du ja mit Ralf Schumacher gleich einen Ex-Formel-1-Fahrer als Teamkollegen - ist der dann auch gleich ein besonderer Maßstab?
Maro Engel: Ja und Nein. Einerseits ist er natürlich ein Teamkollege wie jeder andere auch, und ich werde alles daran setzen, ihn zu schlagen. Andererseits ist es schon etwas Besonderes, denn er hat ja in seiner Karriere schon unheimlich viel erreicht, während ich ja am Anfang stehe und erst noch nach oben will. Dazu kommt, dass ich Ralf schon sehr lange persönlich kenne, schon über zehn Jahre, und immer ein bisschen zu ihm aufgeschaut habe...

Wie weit fühlst Du dich als junger Newcomer im Mercedes-Benz Team schon integriert?
Maro Engel: Ich muss sagen, ich bin in der Mercedes-Benz Familie ganz toll aufgenommen worden - und ich benutze das jetzt nicht als Schlagwort, das ist wirklich so etwas wie eine Familie. Auch die älteren, etablierten Fahrer, die schon sehr, sehr viele Erfolge auf ihrem Konto haben, haben mir einen Super-Empfang bereitet. Sicher kannte ich einige ja schon vom letzten Jahr aus meiner Zeit als Mercedes-Junior, aber es ist einfach ein schönes Gefühl, wenn man in so einer starken Mannschaft so schnell richtig dazugehört.

Was wird die größte Herausforderung in diesem Jahr für dich werden?
Maro Engel: Da gibt es einige. Ich bin zum Beispiel noch nie Rennen mit Boxenstopps gefahren, das werden wir üben bis zum Umfallen. Die Starts in der DTM sind nicht ohne, die ganzen Abläufe des Wochenendes werden für mich neu sein, das Medieninteresse wird sicher größer. Aber ich glaube, die allergrößte wird ganz sicher sein vor allem die Konkurrenz zu schlagen und auch meine Teamkollegen.

Du hast ja schon einige Tests hinter dir - wie würdest Du deine momentane Position einschätzen?
Maro Engel: Ich habe aus den Tests sehr positive Eindrücke mitgenommen, aber wo ich wirklich stehe, das kann man wohl erst nach dem ersten Qualifying sagen. Im Moment ist das sehr schwer einzuschätzen, wir wissen nicht, wo Mercedes-Benz gegenüber Audi steht, wie die Jahreswagen gegen die Neuwagen aussehen.

Maro Engel ist fit für die DTM., Foto: Speed Academy
Maro Engel ist fit für die DTM., Foto: Speed Academy

Was war die größte Umstellung vom Formelauto in den Tourenwagen?
Maro Engel: Die Leute reden immer vom berühmten "Dach über dem Kopf." Sicher ist das ein Unterschied, wenn man am Ende einer Geraden bei Tempo 270 bremst und keinerlei Fahrtwind mehr spürt, der Kopf nicht mehr hin- und herwackelt. Aber sich daran zu gewöhnen ist absolut kein Problem. Da war es schon eher eine Umstellung, beim Bremsen die Räder nicht zu sehen. Da muss man sich dann viel mehr auf sein Gefühl verlassen. Ansonsten ist der optimale Fahrstil nicht viel anders als beim Formelauto, man muss rund und weich fahren, vermeiden, allzu sehr zu rutschen...

Also kein wildes Räubern mehr wie in alten Tourenwagenzeiten?
Maro Engel: Na ja, ein bisschen nähere Bekanntschaft mit den Curbs kann man schon schließen als im Formelauto - und das macht auch einen Riesenspaß. Aber allzu viel sollte es nicht sein, sonst verliert man an Geschwindigkeit.

Bietet die Technik dem Fahrer genauso viele Möglichkeiten, durch die Abstimmung das Auto zu perfektionieren, wie ein Formel-Auto?
Maro Engel: Auf jeden Fall. Die DTM ist eine absolute High-Tech-Serie, vielleicht ist da sogar noch mehr möglich. Ich werde mich da aber am Anfang mit Sicherheit stark auf die Erfahrung der Mercedes-Ingenieure verlassen, denn die haben da doch einen gewaltigen Erfahrungsvorsprung. Aber natürlich will ich im Laufe der Zeit lernen, auch da viel zu lernen, so dass ich mein Gesamtpaket optimieren kann.

Macht das Fahren in einem DTM-Auto wirklich so viel Spaß wie in einem Formel 3 oder einen GP2-Renner?
Maro Engel: Mindestens genauso viel - wie gesagt, ich war wirklich überrascht. Und nicht nur ich. Ich habe ja zusammen mit ein paar anderen Leuten, die aus dem Formelsport kommen, zusammen getestet, und wir waren uns alle einig, dass das wirklich eine fantastische Sache ist.

Welche Ziele hast Du dir für 2008 gesteckt?
Maro Engel: Ich möchte sehr gern "Rookie des Jahres" werden, was durch die vielen starken Neuzugänge in diesem Jahr - bei beiden Marken - sicher keine leichte Sache wird. Und dann will ich natürlich so oft wie möglich in die Punkte fahren, und wenn sich die Chance ergibt, vielleicht auch mal aufs Podium. Dass das mit einem Jahreswagen möglich ist, hat man im vergangenen Jahr gesehen. Ich bin ein Racer, der eigentlich jedes Rennwochenende mit dem Ziel angeht, es zu gewinnen. Aber es wäre natürlich vermessen, zu glauben, ich könnte neu in die DTM einsteigen und gleich gewinnen. Dazu ist das Niveau viel zu hoch. Aber ich hoffe, dass ich mich im Laufe der Saison zusammen mit dem Team so steigern, so viel lernen kann, dass eben vielleicht zumindest mal ein Podestplatz raus springt. Ich bin sicher niemand, der mit der Einstellung rangeht, nur mitfahren zu wollen. Das ist nicht genug. Der Erfolg ist wichtig.

Deine Rennkarriere schien vor vier Jahren schon mal am Ende - Du hast dich ganz allein wieder hochgearbeitet. Wie stolz macht es dich persönlich, jetzt Mercedes-Benz Werksfahrer in der DTM zu sein?
Maro Engel: Je härter man für etwas kämpft, desto mehr weiß man es zu schätzen. Ich habe vieles dafür aufgegeben, bin auch Risiken eingegangen. Aber ich bin überzeugt, dass mich diese Periode vor allem stärker gemacht hat. Ein bisschen stolz bin ich sicher, dass ich jetzt auch diesen Schritt zum Mercedes-Benz Fahrer in der DTM geschafft habe und nun die AMG Mercedes C-Klasse fahren darf. Aber ich weiß auch, dass die härteste Zeit, die schwerste Aufgabe, noch kommen wird: mich in der DTM zu etablieren, mich auch gegen meine sehr starken Teamkollegen und die Konkurrenz durchzusetzen. Aber dieses Ziel werde ich mit höchster Motivation und größtem Einsatz in Angriff nehmen.