Endlich sind sie wiedervereint: Kelvin und Sheldon van der Linde. Nach Kelvins Wechsel zu BMW gehen die beiden Brüder jetzt für BMW an den Start. Mit ihrem gemeinsamen Sieg beim 12-Stunden-Rennen in Bathurst haben die gebürtigen Südafrikaner schon ein dickes Ausrufezeichen gesetzt.
Im exklusiven Doppel-Interview sprechen Kelvin und Sheldon ganz offen über ihre Beziehung zueinander, Erfolgsdruck, Abschiede und deutsche Pässe. Heute präsentieren wir euch einen kleinen Auszug aus dem Gespräch. Das komplette Interview findet ihr nur in der neuen Print-Ausgabe #101 des Motorsport-Magazin. Am besten schnell bestellen, unser Magazin ist immer schnell vergriffen!
Kelvin, in manchen Medien konnte man lesen, dass du dich mit dem Wechsel zu BMW "verpokert" hättest. Wie beurteilst du das?
KELVIN VAN DER LINDE: Absolut nicht. Ich habe ein paar Sachen gelesen und fand es ziemlich lustig, dass manche Zeitungen scheinbar mehr wussten als ich selbst... Es war schon unterhaltsam, was da alles geschrieben wurde. Am Ende des Tages muss ich mit meiner Entscheidung zufrieden sein, und nicht irgendwelche anderen Leute. Unser Manager Dennis (Rostek; d. Red.) hatte die Situation jederzeit im Griff. Mitte Dezember war es an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Wir wollten uns bewusst Zeit nehmen, um die richtige Wahl zu treffen, weil es hier um etwas Langfristiges geht. Es ist bekannt, dass ich nicht der Typ bin, der ständig zu einem neuen Hersteller springt. Deshalb hat es eben ein bisschen länger gedauert.
Sheldon, wie war dein Gefühl, als du erfahren hast, dass Kelvin zu BMW wechselt?
SHELDON VAN DER LINDE: Richtig schön. Es war immer unser Traum, wieder gemeinsam bei einem Hersteller zu sein - so wie 2018 bei Audi. Jetzt ist es eine besondere Situation, weil unser Dad damals auch für BMW Rennen in Südafrika gefahren ist. Dass es so schnell zur Wiedervereinigung kommen würde, war nicht zu erwarten. Aber das ist großartig, denn wir sind jung und können noch einige große Rennen gewinnen.

Du wohnst schon in München. Kommt es jetzt wieder zur Van-der-Linde-WG wie damals in Kempten?
SHELDON VAN DER LINDE: Nein, wohl eher nicht mehr. Ich meine, ich habe aktuell keine Freundin. Für eine Übernachtung ist auf jeden Fall Platz, wenn Kelvin mal morgens früh zum Flughafen oder in den Simulator muss. Ich wohne ja direkt um die Ecke bei BMW.
Kelvin, wäre es eine Option, noch mal mit deinem Bruder zusammenzuziehen?
KELVIN VAN DER LINDE: Nein, der Zug ist abgefahren. Es war eine sehr schöne Zeit, als wir teilweise sogar zu dritt gewohnt haben - mit Jordan Pepper. Aber hey, jetzt gehe ich in Richtung der 30 Jahre. Irgendwann muss ich ja auch mal sesshaft werden.
Fiel es dir schwer, das Team Abt Sportsline nach so vielen Jahren zu verlassen?
KELVIN VAN DER LINDE: Ja, das war für mich persönlich sehr traurig. Zehn Jahre mit einem Team, das ist im Motorsport nicht alltäglich. Das hat meine ersten Schritte im Motorsport sehr geprägt. Ich werde weiterhin eine enge Verbindung zu den Teammitgliedern haben, daran wird sich nichts ändern. Das Team hat mich als Fahrer immer unterstützt und mich auch im Leben vorangebracht. Dafür bin ich extrem dankbar. Aber jede Sache im Motorsport hat ihre Zeit, und jetzt bin ich glücklich, etwas Neues anzufangen.

Kelvin hat bereits eine doppelte Staatsangehörigkeit und den deutschen Pass in der Tasche. Sheldon, wann ist es bei dir soweit?
SHELDON VAN DER LINDE: Kelvin lebt ja schon ein paar Jahre länger als ich in Deutschland. Ich bin jetzt soweit, ich muss sie nur noch beantragen. Mein Ziel ist es, das bis zum Jahresende zu schaffen.
Fühlst du dich heute eigentlich noch wie der ältere Bruder, Kelvin?
KELVIN VAN DER LINDE: Nein, nicht mehr. Sheldon hat mittlerweile sogar einen Bart...
SHELDON VAN DER LINDE: Hat ja auch nur 25 Jahre gedauert!
KELVIN VAN DER LINDE: Er ist auf einem guten Weg - mit Ausnahme des Barts - und hat sich etabliert. Am Anfang habe ich versucht, ihm überall zu helfen. Aber mittlerweile geht jeder seinen eigenen Weg. Sheldon hat sich bei BMW etwas aufgebaut, und das hat er ganz alleine geschafft. Ich bin sehr stolz darauf, wie er das gemacht hat. Jetzt treffen wir uns bei BMW in einer ganz anderen Situation wieder. Früher standen wir uns vielleicht sogar ein bisschen im Weg, weil wir beide versucht haben, uns in unterschiedlichen Projekten zu etablieren.
SHELDON VAN DER LINDE: Heute sind wir beide etwas älter und es geht nicht mehr darum, sich in irgendeiner Weise etwas beweisen zu wollen. BMW weiß, was sie an uns haben, und wir wissen, was wir an BMW haben. Jetzt ist es down to business: Wir wollen Rennen gewinnen.

Ihr beide geltet in der Öffentlichkeit stets als lockere Typen. Ist das eigentlich schwierig angesichts des enormen Drucks, der im Profi-Motorsport herrscht?
SHELDON VAN DER LINDE: Ich würde sagen, dass es mit den Jahren sogar besser geworden ist. Ich erinnere mich an 2019 und 2020 in der Class-1-Zeit der DTM. Damals war viel strenger geregelt, was ich in den Medien sagen durfte und was nicht. Es wurde für mich entspannter, vielleicht auch, weil wir seit ein paar Jahren Kundensport in der DTM haben. Ich kann jetzt voll ich selbst sein. Ich denke, das hat auch mit Fahrern wie Lando Norris oder Max Verstappen zu tun. Viele haben sich daran ein Beispiel genommen, und ich habe das Gefühl, dass die meisten Fahrer heute viel lockerer und offener geworden sind.
KELVIN VAN DER LINDE: Ich hatte den Vorteil, in einem Privatteam zu fahren. Die Äbte sind ja ohnehin bekannt für ihre Authentizität, und das habe ich immer sehr geschätzt. Aber es hat auch Nachteile. Es ist zwar cool, immer als lockerer Typ wahrgenommen zu werden, aber das geht auch mit einem gewissen Druck einher. Es wird erwartet, dass man in jedem Moment - selbst nach schweren Rennen - gut gelaunt ist. Aber es gibt einfach auch Momente im Rennsport, in denen man nicht gut gelaunt ist. Das ist doch menschlich. Da habe ich mir letzte Saison ein paarmal schwergetan. Wir sind immer bereit, Dinge mit den Fans zu machen und Spaß zu haben, aber letztes Jahr gab es einige extrem stressige Momente. Das war eine Achterbahnfahrt und extrem belastend. Und immer diesen Druck zu haben, lachen zu müssen und der lustige Typ zu sein - das kann schwierig sein.
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