Alle sind sich einig: Beim DTM-Saisonfinale in Hockenheim (20.-22. Oktober) wird mit harten Bandagen um die Meisterschaft gekämpft. Spitzenreiter Thomas Preining (Manthey-Porsche) und seine beiden Herausforderer, Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini) sowie Ricardo Feller (Abt-Audi), haben bereits das Kommando 'Volle Attacke' angekündigt und wollen bzw. müssen auf Sieg fahren.

Dabei sollten allerdings gerade Preining und Bortolotti mit kühlem Kopf zu Werke gehen, denn: Den Titelanwärtern droht auf dem Hockenheimring eine Grid-Strafe. Beide haben in der laufenden Saison jeweils zwei Verwarnungen kassiert. Bei der dritten setzt es per Reglement eine Strafversetzung um fünf Plätze in der Startaufstellung für das nächstfolgende Rennen.

DTM: Genug Gründe für eine Verwarnung

Gründe, um eine Verwarnung von DTM-Rennleiter Sven Stoppe zu kassieren, gibt es im Strafenkatalog genügend. Das reicht von einem Spurwechsel in der Bremsphase über Missachtung von Track Limits, dem Abdrängen anderer Autos über gefährliches Verhalten in der Boxengasse bis hin zu überlangsamer Fahrt auf der Ideallinie oder einer verursachten Kollision. Die Fahrer können theoretisch ab dem 1. Freien Training Verwarnungen kassieren.

Wie schmerzhaft eine Grid-Strafe sein kann, bekam Abt-Youngster Feller dieses Jahr bereits zu spüren. Beim elften Saisonrennen auf dem Sachsenring fiel er wegen seiner dritten Verwarnung vom siebten auf den zwölften Startplatz zurück - auch Teamkollege Kelvin van der Linde musste eine Grid-Strafe (P8 statt P3) antreten. Mit den Plätzen vier und fünf konnten Feller und van der Linde im Rennen immerhin Schadensbegrenzung auf hohem Niveau betreiben.

Feller: Abgehakte Strafen ein kleiner Vorteil

Meisterschaftsaspirant Feller hat zuletzt in Spielberg zwar seine vierte Verwarnung erhalten, müsste bis zur nächsten Grid-Strafe aber noch zwei weitere sammeln. Bei der sechsten Verwarnung hagelt es dann sogar eine 10-Platz-Strafe, wovon der Schweizer aber noch ein gutes Stück entfernt liegt. Im Gegensatz zu Preining und Bortolotti kann er sich in Hockenheim also folgenlos einen 'Ausrutscher' erlauben.

"Fünf Plätze sind viel", sagte Feller, wollte den drohenden Bestrafungen seiner Konkurrenten aber keine zu große Bedeutung beimessen. "Ich glaube nicht, dass dadurch die Meisterschaftshoffnungen für die beiden Jungs weg wären. Preining hatte schon mehrfach starke Comebacks, und in den Rennen kann viel passieren. Es ist ein kleiner Vorteil, dass ich die (Strafe) schon abgehakt habe. Es ist aber nicht gesagt, dass noch weitere Punkte gesammelt werden."

Die DTM-Titelanwärter 2023 Thomas Preining, Mirko Bortolotti und Ricardo Feller
Thomas Preining, Mirko Bortolotti oder Ricardo Feller: Wer holt den Titel?, Foto: DTM

Preining und Bortolotti: Im Idealfall keine weiteren Verwarnungen

Eine Verwarnung ist in der DTM schnell kassiert, kann aber genauso einfach vermieden werden: Bortolotti 'wartet' seit dem dritten Saison-Event am Norisring auf seine dritte Verwarnung, Preining seit dem darauffolgenden Rennwochenende auf dem Nürburgring, wo er gleich zwei Verwarnungen (Abdrängen eines anderen Autos und Verlassen der Strecke mit Vorteil) ausfasste. Bei den folgenden drei Veranstaltungen ließen sich Preining und Bortolotti nichts mehr zu Schulden kommen.

"Ich bin seit drei, vier Wochenenden auf dem Stand", sagte Porsche-Werksfahrer Preining. "Bisher habe ich ohne Rückversetzungen überlebt. Es wäre natürlich gut, wenn das so bleibt." Bortolotti argumentierte ähnlich: "Ich bin seit dem Norisring auf dem Stand. Es war wichtig, im Laufe der Saison keine 5-Platz-Strafe zu bekommen, weil du dann in einer ganz anderen Situation landen kannst. Im Idealfall bleibt das auch so."

ADAC-Motorsportchef: "Gehen mit Strafen liberal um"

Vor allem in der Spitzengruppe, wo die Herren Preining, Bortolotti und Feller meist zu finden sind, können Strafversetzungen richtig wehtun. Mit den GT3-Autos, die in der DTM seit 2021 zum Einsatz kommen, gelten Überholmanöver auf den vorderen Positionen als echtes Kunststück. Das belegt die Statistik: Aus 10 der bisherigen 14 Saisonrennen ging der Pole-Setter als Sieger hervor.

Der ADAC als neuer Promoter der DTM ist mit dem bisherigen Vorgehen der Rennleitung zufrieden und nicht der Ansicht, dass zu viele Strafen oder Verwarnungen verteilt werden. "Im Vergleich zu anderen Serien glaube ich, dass wir in Sachen Strafen sehr liberal sind", sagte ADAC-Motorsportchef Thomas Voss. "Wir sprechen nicht zu viele Strafen aus und ich glaube nicht, dass eine eklatant falsch war. Man kann immer streiten, das ist wie beim Fußball. Ich muss ein Lob an unsere Rennleitung aussprechen."