"Kraftvolle Bässe, ein tiefes Wummern und dennoch ein bisschen futuristisch" - So soll das neue Rennauto für die DTM Electric laut Entwicklungspartner Schaeffler klingen. Einen Vorgeschmack auf die Zukunft erhalten Motorsport-Fans beim kommenden DTM-Rennwochenende auf dem Red Bull Ring in Spielberg (23.-25. September 2022).

Bei sogenannten 'DTM Electric Sound-Runs' am Freitag sowie Samstag und Sonntag kurz vor den DTM-Rennstarts präsentiert Schaeffler erstmals im fahrenden Demo-Auto eine neue Klangsynthese-Software, die in Echtzeit Fahrzeugdaten mit einem speziell für die künftige Rennserie entwickelten Soundprofil kombiniert.

Foto: Schaeffler
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Elektro-Motorsport: Sound-Diskussion schwingt mit

Der Sound eines Elektro-Fahrzeugs ist nicht erst seit der Formel E ein unter Motorsport-Fans heiß diskutiertes Thema. Die Verantwortlichen bei Schaeffler waren sich dessen von Beginn an bewusst für die Rennserie, die ab 2024 Rennen auf der DTM-Plattform austragen, die GT3-DTM aber laut Gerhard Berger nicht ersetzen soll.

Vorbild für den Klang des über 1.000 kW (1.360 PS) starken DTM-Electric-Boliden mit vier individuell ansteuerbaren E-Motoren sei laut Schaeffler-Angaben das Klangspektrum des im Fahrzeug verbauten Elektromotors, den der Zulieferer-Gigant mit rund 83.000 Mitarbeitern selbst herstellt. Im Fahrzeug verbaute Hardware soll dafür sorgen, dass die gesamte Karosserie des E-Boliden zum Schwingen gebracht wird.

Foto: DTM
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DTM Electric: Kein Verbrenner- oder Science-Fiction-Sound

"Die DTM Electric soll weder einen typischen Verbrenner nachahmen noch wie Science-Fiction klingen", sagt Jochen Schröder, Leiter des Unternehmensbereichs E-Mobilität von Schaeffler und mit Formel-1-Vergangenheit. "Vielmehr haben wir den Klang ganz nah an der Physik eines E-Motors entwickelt, nur eben cooler. Beim DTM Electric Sound-Run kann man jetzt schon hören, dass auch elektrischer Motorsport Emotionen pur erzeugt."

Die Technologie hinter dem Sound des E-Boliden klingt aufwendig: Während der Fahrt werden in Echtzeit Fahrzeugdaten, wie Drehzahl, Motorlast und Bremsdruck in die Software eingespeist. Sie passt die Tonhöhe und Schallpegel des hinterlegten Profils an die jeweilige Fahrsituation an. Beim Gas geben und Bremsen in verschiedenen Geschwindigkeiten soll so ein dynamischer und authentischer Klang entstehen. Über einen Verstärker wird dieser anschließend an spezielle Spulen im Fahrzeug weitergegeben, welche die Karosserie anregen und zum Schwingen bringen.

Bei den Show-Runs am Steuer sitzt Schaeffler-Markenbotschafterin Sophia Flörsch. Die 21-jährige Nachwuchspilotin gab 2021 ihr Debüt in der DTM mit dem Audi-Team Abt Sportsline. Nach einer Saison wechselte die Münchnerin auf die Langstrecke und ging zum dritten Mal bei den 24 Stunden von Le Mans in der LMP2-Klasse an den Start. Außerdem fuhr Flörsch für das LMP2-Team Algarve Pro Racing in der European Le Mans Series.

"Als ehemaliger Rennfahrer faszinieren mich alleine schon die puren Leistungsdaten der DTM Electric", sagt Martin Tomczyk, Representative Brand & Sports der DTM-Organisation ITR. "Aber wie wir alle wissen, gehört zu einem echten Rennwagen auch eine adäquate Akustik. Ich bin richtig gespannt, wie das Auto auf der Rennstrecke klingt, bin aber überzeugt davon, dass die Schaeffler-Ingenieure hier ganze Arbeit geleistet haben. Die DTM-Fans dürfen sich darauf freuen und ich bin gespannt über deren Feedback!"

Foto: DTM
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DTM Electric ab 2024: Wer soll das bezahlen?

Bei all den innovativen Ideen rund um die DTM Electric stellt sich die Frage: Wer finanziert dieses Projekt? DTM-Boss Gerhard Berger macht kein Geheimnis daraus, einen Großinvestor für die DTM Electric zu suchen. Gespräche mit interessierten Partnern laufen.

Zwar war Schaeffler bislang federführend bei der Entwicklung des Prototypen, doch für die Umsetzung bis hin zu einem Starterfeld mit einer gewissen Masse an Autos müssen große Summen aufgebracht werden. Noch ist nicht bekannt, ob sich auch Autohersteller in der DTM Electric engagieren und welche Teams letztendlich die Autos einsetzen könnten.

E-Mobilitätsleiter Schröder sagte im Juli dieses Jahres zu Motorsport-Magazin.com: "Wir sind ebenfalls ein Investor in diesem Projekt. Wir haben aber von Anfang an gesagt, dass wir nicht der Einzige sein sollen, der ein solches Projekt trägt. Das wäre auch nicht richtig. Wir müssen starke Partner aus der Automobilindustrie gewinnen. Wir haben uns als erster Partner eindeutig bekannt, wollen aber weitere potente Partner an Bord haben, um ins Ziel zu kommen."

Foto: DTM
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DTM Electric: Mahle als weiterer Partner an Bord

Mit dem Zulieferer-Giganten Mahle mit rund 71.000 Mitarbeitern konnte die DTM bislang einen weiteren Partner für die DTM Electric begeistern. Das Unternehmen mit Sitz in Stuttgart ist für das Thermo-Management der Komponenten wie den E-Motoren, dem Getriebe, der Leistungselektronik sowie der Batterie, die rund 100 kW/h liefern soll, zuständig.

"Der Schlüssel ist ein optimales Thermo-Management bei geringstem Gewicht und Luftwiderstand, weil wir Höchstgeschwindigkeiten von mehr als 300 km/h abbilden wollen", sagte Fred Türk, Vice President Mahle Motorsport, zu Motorsport-Magazin.com. "Für das Projekt ist ein großer Kühlungsaufwand notwendig, denn das ist der Unterschied zur Formel E: Wir wollen 20 bis 30 Minuten Full-Power fahren und nicht Batterie sparen, um den Piloten die Möglichkeit zu geben, ihr Talent zur Schau zu stellen."

Präsentation am Norisring: Michael Resl, Martin Tomczyk, Jochen Schröder und Fred Türk, Foto: Motorsport-Magazin.com
Präsentation am Norisring: Michael Resl, Martin Tomczyk, Jochen Schröder und Fred Türk, Foto: Motorsport-Magazin.com

Schröder: "Es braucht jetzt diesen Schritt nach vorne"

Um die DTM Electric trotz einer einheitlichen Antriebs- und Chassisplattform schmackhaft für Hersteller zu machen und die wichtigen Differenzierungsmöglichkeiten zu bieten, könnten Bereiche wie die Integration der Speichertechnik oder Schnellladefähigkeit in Zukunft geöffnet werden, um einen technologischen Wettbewerb zu ermöglichen. Eine Forderung, mit der vor allem die Formel E in den vergangenen Jahren von Herstellern konfrontiert wurde. Aus Kostengründen sind viele Komponenten mit Ausnahme des E-Antriebes sowie der Hinterradaufhängung vereinheitlicht.

Schröder, früher für das Formel-1-Projekt von BMW-Sauber tätig: "Es geht voran. Wir befinden uns mitten in der Entwicklungs- und Realisierungsphase. Der Motorsport braucht jetzt diesen Schritt nach vorne, weil sich die gesamte Automobilindustrie in der Transformation befindet. Da können wir im Rennsport nicht sagen, dass wir nur bei verbrennungsmotorischen Konzepten stehenbleiben. Es braucht die DTM Electric als ergänzendes Element."