Julius Seebach steht nach nur eineinhalb Jahren vor dem Abschied als Motorsportchef bei Audi Sport. Was Motorsport-Magazin.com bereits am 16. März dieses Jahres berichtet hatte, wird zum 01. September 2022 effektiv in Kraft treten. Seebachs Aufstieg in die Technische Entwicklung (TE) des Autobauers aus Ingolstadt soll parallel, aber unabhängig von Audis Formel-1-Einstieg verkündet werden.
Seebach berichtet in seiner neuen Funktion an Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann. Die schon lange erwartete, offizielle Verkündung des Formel-1-Engagements ab 2026 soll nach Informationen von Motorsport-Magazin.com aus Audi-Kreisen am morgigen Freitag (25.08.) um 09:15 Uhr im Rahmen des Großen Preis von Belgien in Spa-Francorchamps vor Ort kommuniziert werden.
Mit Rolf Michl, seit April 2022 neuer Chief Operating Officer (COO) bei Audi Sport, wie Motorsport-Magazin.com im März exklusiv berichtet hatte, steht ein Mann mit Motorsport-Erfahrung im Unternehmen als Nachfolger für den in der Renn-Szene alles andere als unumstrittenen Seebach fest.
Neben seiner Funktion als Geschäftsführer der Audi Sport GmbH (seit 01. Mai 2019) übernahm der heute 38-jährige Seebach zum 01. Dezember 2020 die Verantwortung für den inzwischen in die Audi Sport GmbH eingegliederten Motorsport-Bereich des Autobauers. Seebach folgte auf Dieter Gass, fast zehn Jahre lang in leitenden Positionen bei Audi Sport und von 2017 bis 2020 als Audi-Motorsportchef für den nachweislich vorhandenen sportlichen Erfolg mitverantwortlich.
Warum Gass auf wenig galante Art und Weise, wie es bei der Audi AG heißt, abgesägt wurde und welche Funktion er heute in der Audi AG ausführt, bleibt weiterhin unklar. Seebach übernahm die Motorsport-Leitung Ende 2020 ohne größere Kenntnisse in der Renn-Szene. Von Mitarbeitern wurde der Manager als "Zahlen-Mensch" bezeichnet, der vor allem auf die Finanzen bedacht ist.
In einem seiner seltenen Motorsport-Interviews sagte Seebach im vergangenen Jahr zu Motorsport-Magazin.com: "Meine Führungsaufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, dass bei Audi Motorsport alle Zahnräder ineinandergreifen und wir auf jeder Position die besten Experten haben. Ich werde nicht Derjenige sein, der am Kommandostand steht und Befehle vorgibt, ich werde mich auch dort auf meine Experten verlassen. Es geht mir darum, den Motorsport zukunftssicher auszurichten und erfolgreich zu machen."
Noch unter Seebachs Führung geriet Audi Motorsport zuletzt arg in die Kritik von Medien und Fans. Ende letzter Woche trennte sich der große Audi-Star und dreifache DTM-Champion Rene Rast vorzeitig nach zwölf gemeinsamen Jahren. Den 35-Jährigen, der für das vor dem Tod stehende LMDh-Projekt eingeplant war, zog es ebenso zur Konkurrenz von BMW wie das belgische Top-Team WRT, das ebenfalls für die Prototypen-Einsätze auf der Langstrecke vorgesehen war.
Beim Autobauer aus München treffen Rast und BMW mit Andreas Roos auf einen weiteren Ex-Audi-Mitarbeiter. Der heutige BMW-Motorsportchef zählte zu den wichtigsten Mitarbeitern bei Audi Sport, zuletzt war er Projektleiter für alle werkseitigen Motorsportaktivitäten des Autobauers aus Ingolstadt. Er verließ das Unternehmen Ende September 2021, mitten in der heißen Phase der Vorbereitungen auf Audis kontrovers diskutiertes Debüt bei der Rallye Dakar.
Bei der Dakar-Premiere zu Beginn dieses Jahres hatten die technologisch komplizierten Prototypen schon früh keine Chancen auf den Gesamtsieg. Mit vier Tagessiegen wurde das Projekt intern bei Audi aber auch aus PR-Sicht als Erfolg gewertet. Für den zweiten Einsatz im Jahr 2023 musste Audi ab dem Frühjahr neue Chassis für seine Dakar-Autos entwickeln und damit auch wieder viel Geld in die Hand nehmen, weil die Dachkante zu schmal für das Reglement konzipiert worden ist. Das neue Auto wird im September präsentiert.
Statt Seebach wird nun Rolf Michl, der auf Erfahrung in der Renn-Szene zurückblickt und bislang in seiner Funktion als COO bei Audi Sport an Seebach berichtete, die zukünftig spannende Aufgabe moderieren müssen, welche Projekte bei Audi Motorsport neben dem Formel-1- und dem Off-Road-Engagement zusätzlich geplant sind. Dabei könnte vor allem der von Audi Sport customer racing erfolgreich betriebene Kundensport eine wichtige Rolle spielen.
Kein einfacher Job also für Michl, denn Seebach und auch Audi-Chef Markus Duesmann haben sich statt der Formel E und DTM für die Rallye Dakar mit dem schon fast fertigen LMDh-Prototypen-Projekt entschieden, das wohl im Zuge des Formel-1-Einstiegs - auch aus Kostengründen - gestrichen wird. Für das Formel-1-Projekt ist zudem der frühere BMW- und FIA-Mitarbeiter Adam Baker vorgesehen.
Ab 2014 war Michl als Projektleiter für den Markenpokal Audi Sport TT Cup zuständig, der von 2015 bis 2017 im Rahmenprogramm der DTM gastierte und heutige Profi-Rennfahrer wie Philip Ellis, Dennis Marschall oder Nicklas Nielsen hervorbrachte und in dem auch Fabian Vettel, jüngerer Bruder des vierfachen Formel-1-Weltmeisters Sebastian Vettel, sein Motorsport-Rüstzeug erlernte.
"Ich bin dem Rennsport emotional sehr verbunden, bin aber selbst nie Autorennen gefahren", sagte Michl 2018, als er für zwei Jahre bei Abt Sportsline als Leiter der Fahrzeugveredelung alle Bereiche von der Beschaffung über die Produktion bis zum Marketing verantwortete.
2019 kehrte der Allgäuer zurück zu Audi und war seitdem als Leiter Vertrieb und Marketing bei der Audi Sport GmbH tätig. Bei der Marke mit den vier Ringen hatte Michl im Jahr 2005 seine Laufbahn mit unterschiedlichen Funktionen und Positionen begonnen.
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