Das hat es in der über 30-jährigen Geschichte der DTM nie zuvor gegeben: Nach dem Highlight auf dem Norisring, gleichzeitig Saisonhalbzeit 2022, begibt sich die deutsche Traditionsserie in eine achtwöchige Sommerpause. 54 Tage liegen zwischen dem Sonntagsrennen auf dem Nürnberger Stadtkurs und dem 1. Freien Training beim nächsten Event auf dem Nürburgring (26.-28. August 2022).

"Die Sommerpause finde ich gut", war DTM-Boss Gerhard Berger von der Neuerung im DTM-Rennkalender 2022 überzeugt. "Wir haben Temperaturen, bei denen die Leute auch nicht mehr vor dem Fernseher sitzen wollen. Wir kämpfen damit genauso auf der Strecke, wenn es 36 oder 37 Grad hat. Ich glaube, dass so eine zweigeteilte Saison gut funktionieren kann. Deshalb halte ich die Sommerpause für den richtigen Schritt."

In der Vergangenheit mit den Herstellern versuchte die DTM mehrfach, sportlichen Großveranstaltungen wie Fußball-Welt- oder Europameisterschaften oder auch Olympischen Spielen aus dem Weg zu gehen in dem Wissen, dass die DTM dabei eher untergehen würde. Dieses Jahr steigt die Fußball-WM allerdings erst Ende November in Katar, weitere internationale Groß-Events gibt es 2022 nicht.

70.000 Zuschauer auf dem Norisring

Zumindest auf dem Norisring haben sich die Fans nicht von den hochsommerlichen Temperaturen abhalten lassen: Rund 70.000 Besucher verfolgten die DTM am Wochenende vor Ort. Auch die TV-Quoten bei TV-Partner ProSieben waren in Ordnung, der Gesamt-Markanteil lag am Samstag bei 4,5 Prozent, in der Zielgruppe waren es gute 8,9 Prozent. Der Norisring ist und bleibt ein Zuschauermagnet.

Anders sah es beim vorangegangenen Rennwochenende in Imola (17.06.-19.06.) sowie beim Saisonauftakt in Portimao (29.04.-01.05.) aus. In Südeuropa tut sich die DTM traditionell schwer, die diesjährigen Ausflüge bildeten keine Ausnahme: Auf den italienischen Grand-Prix-Kurs dürften sich Schätzungen zufolge weniger als 5.000 Besucher verirrt haben, in Portugal waren die Tribünen ähnlich leer. Beim zweiten Saison-Event auf dem Lausitzring (20.05.-22.05.) war zumindest das Fahrerlager gut gefüllt.

Berger: "Veranstaltungen mit wenigen Leuten gefallen mir nicht"

"Wir hatten zwei schwierige Rennen in der ersten Hälfte, was die Fans anbelangt", räumte Berger ein. "Südländische Fans sind für die DTM sehr schwer zu aktivieren. Ich bereue nicht, dass wir da waren. Aber Veranstaltungen mit wenigen Leuten gefallen mir nicht." Der frühe Saisonstart im April war auch der Corona-Pandemie geschuldet, in Portugal erhofften sich die Kalender-Macher die besten Chancen auf eine Austragung während der Planungen zur damals unsicheren Lage.

Eine Sommerpause hat sicherlich ihre Vorzüge, birgt aber eine wesentliche Gefahr: Die DTM 2022 könnte ihren Rhythmus bzw. Fluss verlieren und die bisherigen acht Rennen in Vergessenheit geraten. Damit hatte dieses Jahr bereits die Formel E in Folge einer sechswöchigen 'Zwangs-Pause' - ein geplantes China-Rennen musste abgesagt werden - massiv zu kämpfen. Um eine drohende Wiederholung zu vermeiden, rückte anstelle des abgesagten Rennens in Vancouver kurzfristig Marrakesch am vergangenen Samstag in den Formel-E-Kalender.

Berger: "Noch ein bisschen mehr Gewicht auf Deutschland"

DTM-Boss Berger war überzeugt, dass die Fans auch nach acht Wochen 'am Ball bleiben': "Ich glaube schon. Wichtiger ist, dass man noch ein bisschen mehr Gewicht auf Deutschland legt. Wenn du in der ersten Halbzeit zu weit weg bist, ist das nicht so ideal."

Bei den Kalender-Planungen für 2023 spielt unter anderem eine Rückkehr des Saisonstarts nach Deutschland eine Rolle, wie Berger vor einigen Wochen bestätigte. Mindestens acht (wie 2022) und maximal zwölf Events sind für die nächste Saison angedacht, wobei die Hälfte der Rennwochenenden auf deutschen Strecken ausgetragen werden soll.

DTM-Kalender 2022: So geht es weiter

In der zweiten Saisonhälfte warten weitere Rennen auf dem Nürburgring, im grenznahen Spa-Francorchamps, auf dem Red Bull Ring in Österreich sowie beim Saisonfinale am Hockenheimring auf die DTM-Fans. Laut Berger gäbe es "super Werte beim Vorverkauf für die restlichen Rennen der Saison, da sind wir auf dem Stand von 2019".

Während die DTM selbst sich in die Sommerpause verabschiedet, geht es für zahlreiche Teams und Fahrer ohne Unterbrechung weiter. "Für mich geht es direkt weiter nach Italien, wir testen den Evo2-Lamborghini im Windkanal", sagte der inoffizielle Halbzeitmeister Mirko Bortolotti (GRT-Lamborghini). "Dann stehen noch weitere Rennen wie die 24 Stunden von Spa auf dem Plan."

Die Audi-Werksfahrer Rene Rast (Abt-Audi) und Nico Müller (Rosberg-Audi) sind schon kommendes Wochenende wieder im Einsatz beim WEC-Rennen in Monza. "Danach habe ich aber wirklich ein paar Wochen Pause, zum ersten Mal in den letzten 20 Jahren", blickte Abt-Audi-Pilot Rast voraus.