Das DTM-Debüt auf dem italienischen Traditionskurs in Imola steht am Wochenende (17.-19.06.2022) bevor. Das bedeutet für viele Fahrer neues Terrain - oder etwa nicht? Die DTM unter dem GT3-Reglement schafft einigen Piloten Abhilfe, was die Erfahrung auf der italienischen Piste anbelangt. Denn die GT World Challenge gastierte bereits mit baugleichen Boliden in Imola. Außerdem konnten einige Fahrer ihr Imola-Können schon in anderen Rennserien unter Beweis stellen.

Einer dieser 'Glückspilze' ist der Meisterschafts-Achte Felipe Fraga. "Wenn ich mich nicht irre, bin ich dort 2020 bei der GT World Challenge gefahren. Damals sind wir in einem AMG auf P2 gelandet", erinnerte sich der Brasilianer in einer Pressekonferenz vor dem Rennwochenende. Obwohl der Ferrari-Pilot 2020 in einem Mercedes unterwegs war, könnte diese Erfahrung zu einem Wiedereinstieg in den Kampf um die Spitze behilflich sein.

Der AF-Corse-Mann konnte 2022 bis dato nur im zweiten Lauf in Portimao punkten, holte einen Podestplatz. Zuletzt auf dem Lausitzring brannte Fragas 488 GT3 im Sonntags-Qualifying ab und verhinderte den Einsatz im Rennen Der Brasilianer bestreitet das Ferrari-Heimspiel angesichts der Schäden in einem neuen Auto.

Auch DTM-Rückkehrer Timo Glock absolvierte schon einige Runden in Imola. 2004 übernahm der Deutsche das Steuer eines Formel-1-Boliden aus dem Hause Jordan - jedoch nur im Training. Rennkilometer konnte Glock in Imola also noch keine abspulen. In der Italienischen GT-Meisterschaft, die Glock für BMW zusammen mit Jens Klingmann bestreitet, wartet das Imola-Wochenende erst Anfang September.

Ebenso ohne Rennkilometer reist der dreimalige DTM-Champion Rene Rast an. "Ich bin dort noch nie Rennen gefahren, sondern habe nur einen Test absolviert", sagte der dreimalige DTM-Champion in Diensten von Abt-Audi.

Doch nicht nur die mangelnde Rennerfahrung in Imola könnte Rast Probleme bereiten. Denn der DTM-Routinier stieg erst vor wenigen Tagen aus seinem LMP2-Boliden in Le Mans. "Es ist immer schwierig, von einem ins andere Auto zu springen, das habe ich das gesamte letzte Jahr gemacht. Es sieht von außen vielleicht einfach aus, ist es aber nicht", so Rast.

Der Meisterschafts-Zweite Mirko Bortolotti konnte zwar schon in einigen Einsitzer-Rennen sein Können in Imola unter Beweis stellen, doch auch der GRT-Pilot kommt direkt vom 24-Stunden-Rennen in Frankreich. "Es wird hart. Zum Glück hatte ich am Dienstag in Cremona die Möglichkeit, einen Shakedown zu absolvieren und ein wenig Zeit im Auto zu verbringen. Das hat sich genauso angefühlt wie vom GT3-Auto ins LMP2-Auto, jetzt nur andersrum", erklärte der Italiener vor dem Lambo-Heimspiel auf der geschichtsträchtigen Grand-Prix-Strecke

Komplett ohne Imola-Erfahrung ist der aktuelle Meisterschafts-Führende Sheldon van der Linde. "Es wird ein heißes Wochenende und ich war noch nie dort. Es wird spannend zu sehen, wie schnell ich mich mit dem neuen Auto an die Strecke gewöhnen kann", sagte der Südafrikaner, der Schubert-BMW zuletzt einen Doppelsieg in der Lausitz bescherte und zusammen mit Bruder Kelvin im Auto nach Imola reist

Foto: LAT Images
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DTM: Hitzehölle Imola

Ein weiterer Knackpunkt in Imola wird die enorme Hitze sein. Zwar freuen sich Rennfahrer grundsätzlich über Sonnenschein und eine trockene Strecke, in Imola ist es aber oft zu viel des Guten. Van der Linde demonstrierte in einer Pressekonferenz am Mittwoch, wie extrem die Temperaturen in Italien sein können: "Mein iPhone ist gerade schon auf dem Weg nach Imola überhitzt! Es wird ein heißes Wochenende."

Für die Piloten von BMW, Audi und Ferrari ist das nicht unbedingt ein Problem, da deren Boliden mit einer Klimaanlage ausgestattet sind. Der Mercedes-AMG GT3 und die Lamborghinis wiederum nicht. "Wir haben keine Klimaanlage im Auto. Das heißt, es wird ziemlich heiß. Ich bin es aber aus der Italian GT gewohnt in Imola zu fahren, es war immer das härteste Rennen, wenn es um die Hitze geht", sagte Lambo-Mann Bortolotti.

Obwohl der Reiz eines frischen Luftstroms in der Hitze-Hölle Imola groß ist, hat die Abkühlung auch Nachteile. Denn der Klimagenerator frisst ein paar PS an Leistung. "Wenn man in Führung liegt, kann man sie mal einschalten, um ein bisschen frische Luft zu bekommen. Wenn man aber volle Leistung braucht, schaltet man sie aus", erklärte Rast.

Auch Glock hat nicht vor, sich eine Abkühlung zu gönnen. "Ich glaube, ab einem bestimmten Punkt macht es keinen Unterschied mehr, ob die Klimaanlage an oder aus ist, deshalb werde ich sie wahrscheinlich aus lassen. Obwohl man sie in meinem Alter vielleicht anlassen sollte", scherzte der BMW-Pilot. Weiter sagte Glock: "Wir haben eine gute Belüftung im Auto und das Rennen ist nur eine Stunde lang, wir sollten es überleben. Der härteste Teil des Wochenendes wird die Zeit in der Box im ersten freien Training, wenn die Hitze vom Auto ins Innere steigt. Auf der Strecke sollte es okay sein."

BMW-Kollege van der Linde gab Glock jedoch Entwarnung: "Die Ingenieure in München haben einen so guten Job gemacht, dass die Klimaanlage keine Power verbraucht. Ich werde sie also hundertprozentig benutzen!" Eine kluge Entscheidung des Südafrikaners, denn ohne eingeschaltete Klimaanlage können die Temperaturen im Cockpit auf bis zu 70 Grad Celsius ansteigen!

Für Dr. Thomas Fell, Medical Delegate der DTM, sind Klimaanlagen grundsätzlich eine gute Investition für einen Podestplatz. "Die dabei eventuell verlorengehende Motorleistung kann der Fahrer innerhalb des rund einstündigen Rennens mit besserer physiologischer Leistung locker kompensieren."

Der Mediziner verdeutlicht die möglichen Konsequenzen eines Hitzerennens: "Der Flüssigkeitsverlust ist dann extrem und muss konsequent ausgeglichen werden, um die perfekte Funktionseinheit der körperlichen Zellen sicher aufrecht zu erhalten. Bereits kleine Veränderungen können zum Beispiel zu einer verlängerten Reaktionszeit der Nerven oder einer früheren Ermüdung von beanspruchten Muskelgruppen führen."