Der Artikel wurde in der 81. Ausgabe des Printmagazins von Motorsport-Magazin.com am 28. Oktober 2021 veröffentlicht.

Dieses Spektakel wollte sich selbst der große Chef nicht entgehen lassen. Inmitten einer Schar neugieriger DTM-Besucher verfolgte Georg F. W. Schaeffler, Gesellschafter der Schaeffler-Gruppe und gleichzeitig einer der reichsten Menschen Deutschlands, höchstpersönlich die Enthüllung am Rande des Saisonfinales auf dem Norisring. Mit einem Lächeln im Gesicht und der Handy-Kamera in der Hand schoss der Unternehmer Erinnerungsfotos des brandneuen Rennwagens, der in Zukunft auf der DTM-Plattform für Furore sorgen soll.

Die DTM Electric bildet eine von mehreren Säulen auf der Plattform von Gerhard Berger, soll die aktuelle GT3-Generation samt Verbrennungsmotoren aber keinesfalls verdrängen. Nicht nur Herrn Schaeffler dürfte gefallen haben, was die Verantwortlichen des neuen Projekts im Fahrerlager präsentierten: das sogenannte DTM Electric Design Model, also das Fahrzeug, das laut aktuell anvisiertem Fahrplan ab 2023 Rennen im Rahmen der DTM-Wochenenden bestreiten soll.

War das bisherige Demo-Car der DTM Electric faktisch ein technologisch umfangreich umgebauter Audi RS 3 LMS, fielen diesmal die Hüllen über der nächsten Entwicklungsstufe des späteren Renn-Prototypen. Ein futuristisch anmutendes, an Computerspiel-Supercars erinnerndes Fahrzeug in knackigem Neongelb samt Grünstich kam da zum Vorschein und sorgte für großes Staunen beim Publikum. Ein Heckflügel wie aus der Zukunft, lange Motorhaube, üppige Proportionen, aggressive Frontpartie, oder auch: "Proper Race Car", wie der Brite sagen würde.

Die Rahmendaten der DTM Electric klingen vielversprechend: mehr als 1.000 PS Leistung, über 300 km/h Höchstgeschwindigkeit und kompromissloses Vollstrom-Racing. Dass das neue Projekt keine 'Formel E mit Dach' werden soll, machten die Federführenden unmissverständlich klar.

DTM Electric: Auch der Heckflügel ist aus der Zukunft, Foto: DTM
DTM Electric: Auch der Heckflügel ist aus der Zukunft, Foto: DTM

"Wir wollen echtes Racing sehen und nicht ein Fahrzeug, wo man aufs Energie-Management achten und vorher vom Gas gehen muss, um zu rekuperieren", betonte Dr. Jochen Schröder, Leiter Unternehmensbereich E-Mobilität Schaeffler und mit Formel-1-Vergangenheit. Der Schlachtplan für die DTM Electric stattdessen: "Die Piloten fahren bis zum Bremspunkt und gehen dann in die maximale Rekuperationsleistung. Dadurch können wir spannendes Racing bieten, wie man es von der DTM kennt."

Welche Komponenten genau im Antriebsstrang unter der Motorhaube werkeln, wird noch nicht verraten. Die bereits im Demo-Auto eingesetzten, radindividuellen Antriebe sollen bleiben. Torque Vectoring lässt grüßen! Auch das bereits in der DTM erprobte Space-Drive-Lenksystem ist an Bord. Während Zulieferer-Gigant Schaeffler die Motoren, Leistungselektronik und Getriebe entwickelt, sollen weitere Partner zusätzliche Komponenten beisteuern.

"Es gibt sicherlich noch Hersteller für die Bereiche Fahrwerk oder Batterie", sagte Matthias Zink, Vorstand Automotive Technologie bei Schaeffler, zu Motorsport-Magazin.com. "Es sieht sehr vielversprechend aus, innerhalb unseres Partner-Netzwerks führen wir gute Gespräche. Es gibt eine ganz konkrete Roadmap bis hin zu einem gemischten Rennformat mit der DTM. Ich möchte dabei betonen, dass die DTM Electric die DTM nicht ablösen soll."

Mit diesem Demo-Auto ging die Electric-Reise los, Foto: Schaeffler
Mit diesem Demo-Auto ging die Electric-Reise los, Foto: Schaeffler

Pünktlich zur Präsentation konnten die Verantwortlichen mit Mahle ein weiteres Großunternehmen gewinnen, das seine Kompetenzen im Bereich Thermomanagement einbringt. "Die Antriebseinheiten müssen in jedem Betriebszustand optimal temperiert sein, um den Fahrern die Möglichkeit zu geben, stets maximale Performance abzurufen und nicht irgendetwas einsparen zu müssen. Wir wollen Full-Power-Racing sehen, aber innovativ und nachhaltig", betonte Fred Türk, Vice President Mahle Motorsport.

Die bisherigen Zutaten klingen ganz nach Bergers Geschmack, der zwar nicht als allergrößter Fan der elektrischen Pioniers-Serie Formel E gilt, sich aber stets offen zeigte für Nachhaltigkeit und neue Technologien - solange das pure Racing dabei die Hauptrolle einnimmt. "Die Mobilität verändert sich, die Welt verändert sich, und auch der Motorsport wird sich verändern müssen", sagte Berger. "Wir können Themen wie Elektro, Wasserstoff und neue Technologien nicht ignorieren, sondern wollen einen Beitrag leisten und uns in Sachen Nachhaltigkeit auch im Motorsport richtig positionieren."

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