Das ist ein harter Schlag für Motorsport-Fans weltweit. BMW hat am Freitag offiziell seinen Abschied von Schnitzer Motorsport bekanntgegeben, dem mit Abstand erfolgreichsten Team in der Geschichte des Autobauers aus München. Nach mehr als 50 Jahren endet damit eine Ära für die Mannschaft aus Freilassing, die BMW schier unzählige Erfolge bei 24-Stunden-Rennen, in der DTM oder bei Tourenwagenmeisterschaften beschert hat.
"Aufgrund der erforderlich gewordenen Neuausrichtung der werksbasierten Teamstruktur wird die Partnerschaft mit dem BMW Team Schnitzer nicht fortgeführt", heißt es in der Pressemitteilung von BMW oder ein Zitat eines Verantwortlichen aus München.
Dahinter steckt die Ankündigung, dass künftig das Team RMG von Stefan Reinhold die Entwicklungsarbeit mit dem neuen BMW M4 GT3 übernehmen wird, nachdem in Folge des DTM-Ausstieges keine Werkseinsätze mehr vorgesehen sind. RMG gewann mit Marco Wittmann 2014 und 2016 die DTM-Meisterschaft. Die Entwicklung der neuen GT3-Hoffnung lag zuvor bei Schnitzer Motorsport.
"Wir bedauern sehr, dass die Zusammenarbeit mit BMW Motorsport vor dem Hintergrund der Veränderungen im Motorsport nicht mehr fortgeführt werden kann", wird Herbert Schnitzer jun. In der BMW-Pressemitteilung zitiert. Eine Aussendung von Schnitzer Motorsport selbst gibt es erst zum Jahresende.
Schnitzer jun. weiter: "Doch natürlich verstehen und respektieren wir dies. Wir sind stolz darauf, dass wir Schnitzers über so viele Jahrzehnte gemeinsam mit BMW den internationalen Motorsport geprägt haben und blicken gerne auf all die großen Erfolge zurück, die wir zusammen in den verschiedensten Kategorien gefeiert haben. Es macht uns auch sehr stolz, ein fester Teil der Motorsporthistorie von BMW zu sein."
Die "veränderte Projektlandschaft", wie es BMW verklausulierte, bringt weitere Opfer mit sich. Neben Schnitzer ist auch für das Team RBM von Bart Mampaey Feierabend. Mit dem belgischen Team verband BMW eine mehr als 25 Jahre anhaltende Partnerschaft mit Erfolgen in der Tourenwagen-Szene und seit 2012 auch in der DTM. "Als RBM werden wir vorerst unsere Rennsportaktivitäten reduzieren. Das bedeutet aber nicht, dass das Kapitel Motorsport für uns beendet ist", wurde Mampaey zitiert.
Wie es bei Schnitzer Motorsport weitergeht, ist unklar. Die Einstellung der Motorsportaktivitäten würde das Ende einer großen Ära bedeuten. Mit BMW-Fahrzeugen feierte Schnitzer Motorsport großartige Triumphe im internationalen Rennsport - darunter der einzige Gesamtsieg von BMW bei den 24 Stunden von Le Mans 1999 sowie weitere insgesamt zehn Gesamterfolge bei den berühmten 24h-Klassikern in Spa-Francorchamps (1985, 1986, 1988, 1990, 1995) und auf dem Nürburgring (1989, 1991, 2004, 2005, 2010).
Auch in der Tourenwagen-WM (1987), der Tourenwagen-EM (1983, 1986, 1988), der DTM (1989, 2012), der STW (1998) sowie in vielen weiteren Rennserien rund um den Globus war Schnitzer Motorsport erfolgreich. In diesem Jahr erzielte die Truppe beim 24-Stunden-Rennen Nürburgring einen weiteren Podestplatz, nachdem das Motorsportprogramm seitens BMW in den letzten Jahren immer weiter beschnitten wurde.
Schnitzer: Große Erfolge - schwere Rückschläge
Familienbande - In Freilassing daheim, in der Welt zuhause. 16.000 Einwohner hat das oberbayerische Freilassing - und auch Schnitzer Motorsport hat dort seine Basis. Seine Rennerfolge feierte die Mannschaft aber in aller Welt. Seit seiner Gründung im Jahr 1963 hat Schnitzer Siege und Meisterschaften in Europa, Asien und Nordamerika errungen.
Der Erfolg des BMW Team Schnitzer hat zwei Namen: Schnitzer und Lamm.
Als die Brüder Josef und Herbert Schnitzer 1963 einen Unfallwagen kauften, um ihn zu restaurieren und mit ihm Rennen zu fahren, war das die Geburtsstunde des Motorsport-Teams Schnitzer. Wenige Jahre später stießen die Halbbrüder der beiden, Karl, genannt "Charly", und Dieter Lamm dazu. Fortan führte das Quartett Schnitzer Motorsport zu immer größeren Erfolgen.
Nach dem Tod von Josef Schnitzer im Jahr 1978 leiteten Herbert Schnitzer und die Zwillingsbrüder Lamm das Team 36 Jahre lang äußerst erfolgreich. 2014 verstarb Dieter Lamm nach schwerer Krankheit.
Zu Jahresbeginn 2019 erlitt Schnitzer mit dem Tod von Charly Lamm einen weiteren schweren Rückschlag. Und das, nachdem er erst zum Ende der vergangenen Saison seine Aufgaben am Kommandostand abgegeben hatte und vom ADAC mit dem Ehren-Christophorus für sein Motorsport-Lebenswerk ausgezeichnet worden war. Charly Lamm wurde nur 63 Jahre alt.
Triumphe in aller Welt: Die Meilensteine von Schnitzer Motorsport
1963 - Firmengründung - Zwei Brüder, ein Auto
Im Jahr 1963 kaufen die Brüder Josef und Herbert Schnitzer einen unfallbeschädigten Fiat, den sie in Eigenregie restaurieren und bei Rennen einsetzen. Es ist die Geburtsstunde der Motorsport-Aktivitäten im Hause Schnitzer.
1966 - Der erste Meistertitel - Sieg für Josef Schnitzer
Josef Schnitzer wird in einem von ihm getunten BMW 2000ti Deutscher Rennsport-Meister und holt den ersten Titel nach Freilassing. Zu diesem Zeitpunkt kann noch keiner ahnen, dass dies der Beginn einer einmaligen Titelsammlung sein würde.
1968 - Schnitzer erobert Europas Berge
1968 beginnt die Vorherrschaft des Teams Schnitzer in der Berg-Europameisterschaft. Ernst Furtmayr erringt seinen ersten Gesamtsieg auf dem bewährten BMW 2002ti. Es folgen zwei weitere Titel in den Jahren 1969 und 1970.
1971- Der vierte Titel in Folge
Der Schweizer Walter Brun, der in den folgenden Jahrzehnten noch Motorsport-Geschichte schreiben soll, verschafft dem Freilassinger Team den vierten Titel in der Europa-Bergmeisterschaft in Folge. Er gewinnt das Championat im bewährten BMW 2,8 CS.
1975 - Erfolgreicher Ausflug in den Formelsport - Formel 2 Europameister
Der Franzose Jacques Laffite gewinnt auf seinem Martini Formel 2 mit Schnitzer-Motor die Formel-2-Europameisterschaft und verhilft Schnitzer damit zum ersten Titel im Formelsport.
1978 - Triumph und Tragik - Ein großer Verlust
So erfolgreich das Jahr 1978 aus sportlicher Sicht verläuft, so tragisch gestaltet es sich im menschlichen Bereich. Den überragenden Leistungen des neuen Piloten Harald Ertl im BMW 320 turbo, die schließlich zum Gewinn der deutschen Rennsportmeisterschaft führen, steht der tragische Unfall von Josef Schnitzer gegenüber, der bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall bei der Anreise nach Zolder verstirbt.
1980 - Einzigartige Siegerserie in Macau
Auf Anhieb gewann Schnitzer Motorsport mit Hans-Joachim Stuck bei seiner Rennpremiere im Spielerparadies Macau vor den Toren Hongkongs. Bei insgesamt 20 Starts in der Glückspielstadt am südchinesischen Meer erzielte Schnitzer insgesamt 12 Siege, vier Doppel- und drei Dreifach-Erfolge sowie 25 Podiumsplätze.
1983 - Auf Europas Thron: Tourenwagen-Europameister
Schnitzer Motorsport gewinnt mit dem Österreicher Dieter Quester die Tourenwagen-Europameisterschaft auf einem BMW 635 CSi Gruppe A. Nach den Europameister-Titeln in der Bergmeisterschaft sowie in der Formel 2 als Motorenlieferant ist dies bereits der sechste EM-Titel in der 20-jährigen Firmengeschichte.
1985 - Marathon-Premiere: Sieg in den Ardennen
1985 gelingt im BMW 635 CSi der erste Sieg bei einem 24-Stunden-Rennen in der Geschichte des Schnitzer-Teams. Das Trio Roberto Ravaglia, Gerhard Berger und Marc Surer gewinnt den Klassiker in Spa-Francorchamps vor dem Schwesterauto, pilotiert von Dieter Quester, Markus Oestreich und Johnny Cecotto. Es sollten noch vier weitere Erfolge 1986, 1988, 1990 und 1995 folgen. Damit ist Schnitzer Motorsport bis heute das erfolgreichste BMW- und deutsche Rennteam in der 70-jährigen Spa-Geschichte.
1986 - Beginn einer Ära: Erster Titel für Ravaglia
Zum zweiten Mal nach 1983 gewinnt Schnitzer Motorsport die Europameisterschaft - und das im erprobten BMW 635 CSi Gruppe A. Hinter dem Lenkrad sitzt diesmal der Italiener Roberto Ravaglia. Diesem ersten gemeinsamen Triumph folgen in den folgenden Jahren viele weitere großartige Siege.
1987- Sieg bei der Premiere: Tourenwagen-Weltmeister
Der italienische Schnitzer-Pilot Roberto Ravaglia gewinnt die 1987 zum ersten Mal ausgetragene Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) auf einem BMW M3. Ravaglia bleibt 18 Jahre lang Titelträger, da erst 2005 die nächste offizielle WTCC ausgetragen wird.
1988 - Ravaglia zum Dritten: Wieder Europameister
Nach dem Gewinn der Europameisterschaft 1983 und 1986 sowie der WM 1987, gewinnt Roberto Ravaglia für Schnitzer Motorsport in der Tourenwagen-Europameisterschaft den dritten EM-Titel. Wie bereits im Vorjahr wird ein BMW M3 Gruppe A eingesetzt.
1989 - Der erste DTM-Titel und Sieg beim Eifelmarathon
1989 ist ein ganz besonderes Jahr für das Team Schnitzer: Zum ersten Mal können in einer Saison zwei Meistertitel gewonnen werden. Im Debütjahr erringt Roberto Ravaglia den Meistertitel in der DTM, in der italienischen Tourenwagenmeisterschaft ist Johnny Cecotto erfolgreich.
Zudem feiert die Mannschaft aus Oberbayern ihren ersten Triumph beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Weitere Gesamtsiege auf der legendären Nordschleife in der Eifel folgen 1991, 2004, 2005 und 2010.
1990 - Titel in Italien: Ravaglias fünfter Streich
Nach einem Weltmeistertitel, zwei Europameisterschaften sowie dem Triumph in der DTM gewinnt Roberto Ravaglia in der italienischen Tourenwagenmeisterschaft den fünften Titel hintereinander. Eine eindrucksvolle Bilanz, die den Italiener bis heute zu einem der erfolgreichsten Tourenwagenpiloten weltweit macht.
1993 - Britischer Tourenwagen-Meister: Winkelhock erobert England
Nach dem Ausstieg von BMW aus der DTM sucht Schnitzer ein neues Betätigungsfeld - und findet es in der britischen Tourenwagen-Meisterschaft. Joachim Winkelhock, genannt "Smoking Joe", gewinnt auf Anhieb die Meisterschaft und beschert dem Schnitzer-Team einen weiteren Titel in einem nationalen Championat.
1994 - Ein neues Abenteuer: FIA Asien-Pazifik Tourenwagen-Meister
Neue Saison, neue Meisterschaft, neuer Kontinent und altbekannte Sieger. Unser Team gewinnt mit Joachim Winkelhock die FIA Asien-Pazifik Tourenwagenmeisterschaft.
1998 - Zurück in Deutschland - Johnny Cecotto auch in der STW Spitze
In Johnny Cecotto gewinnt 1998 eine weitere Tourenwagen-Ikone die deutsche ADAC Supertourenwagen-Meisterschaft auf einem Schnitzer BMW. Nach dem Ende der ITC und der DTM ist die STW auch 1998 die höchste Tourenwagenkategorie in Deutschland.
1999 - Im Dienste von BMW Motorsport: Triumph in Le Mans
Als Einsatzteam für BMW Motorsport gewinnt das Team Schnitzer mit einem BMW V12 LMR und den Fahrern Joachim Winkelhock, Pier-Luigi Martini und Yannick Dalmas bei den legendären 24 Stunden von Le Mans. Es ist bis heute einer der größten Siege für die Mannschaft aus Freilassing. Mit diesem großartigen Triumph schafft das Team Schnitzer zudem ein einzigartiges Kunststück: Die Mannschaft aus Freilassing ist weltweit das einzige Rennteam, dem Gesamtsiege bei den berühmten 24-Stunden-Rennen in Le Mans, Spa-Francorchamps und auf dem Nürburgring gelungen sind. Joachim Winkelhock gehörte als einziger BMW-Werksfahrer ebenfalls zu den Gewinnern der drei Langstreckenklassiker.
2001 - Auch jenseits des Atlantiks erfolgreich - Winning in America
Auch auf der anderen Seite des Atlantiks ist Schnitzer das Maß aller Dinge: Jörg Müller gewinnt den GT-Titel in der American Le Mans Series (ALMS) auf einem vom Schnitzer-Team eingesetzten BMW M3 GTR vor seinem Teamkollegen J.J. Lehto. Zudem geht auch der Team-Titel nach Oberbayern.
2005 - 2009 - Kampf um den WM-Titel: Schnitzer erneut in der WTCC am Start
Zwischen 2005 und 2009 gewinnt das BMW Team Schnitzer mit dem BMW 320i und dem BMW 320si WTCC 25 Rennen in der FIA World Touring Car Championship (WTCC). Ein weiterer WM-Titel bleibt dem Team jedoch versagt, obwohl es mehrmals bis zum großen Finale in Macau um den Spitzenplatz kämpft.
2012 - Fulminante Rückkehr: DTM-Champion beim Comeback
Wie zuvor 1989 mit Roberto Ravaglia gewinnt das BMW Team Schnitzer mit Bruno Spengler im ersten Jahr nach der DTM-Rückkehr den Titel. Darüber hinaus belegt das Team in der Mannschaftswertung Platz eins.
2018 - Neue Herausforderung: ADAC GT Masters
Mit zwei BMW M6 GT3, dem zweimaligen DTM-Champion Timo Scheider sowie talentierten BMW-Junioren kämpft das BMW Team Schnitzer um die Titel in der Fahrer- und Teamwertung des ADAC GT Masters.
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