Die DTM gastierte am Wochenende zum zweiten Teil des Double-Headers auf dem Circuit Zolder in Belgien. Rene Rast gewann alle vier Rennen innerhalb von nur neun Tagen - Rekord in der Geschichte der Tourenwagenserie. Der zweifache DTM-Champion reist mit 19 Punkten Vorsprung auf Titelrivale Nico Müller zum Saisonfinale an den Hockenheimring (06.-08. November 2020).

"Für uns hat in Zolder einfach alles gepasst", sagt der 23-fache Rennsieger Rast. "Die Boxen-Strategie war perfekt und ich konnte mir die Hankook Rennreifen sehr gut einteilen. Ich gehe mit einem guten Vorsprung in die letzten beiden Rennen, aber die Meisterschaft ist noch nicht entschieden."

Die Sieger-Strategien

Rennen 1: Schon das Samstagsrennen war geprägt vom Kampf um die Meisterschaft. Als Nico Müller (Platz sechs beim Zieleinlauf), der zwischenzeitlich auf den vorletzten Platz zurückgefallen war, bereits in Runde 5 seinen Pflicht-Boxenstopp absolvierte, reagierte Abt-Teamkollege Robin Frijns in Runde 11, um sich gegen ein mögliches Safety Car abzusichern. Der Niederländer ließ einen frischen Satz Hankook-Reifen aufziehen und verfolgte den Plan, Vordermann Rene Rast anzugreifen.

Dieser konnte sich nach seinem Reifenwechsel in der darauffolgenden Runde 12 jedoch mit den erlaubten Zusatzhilfen Push-to-Pass und DRS gegen Frijns zur Wehr setzen, weil vor ihm noch Timo Glock und Robert Kubica fuhren. Frijns war im weiteren Rennverlauf nicht entscheidend schneller und konnte nicht zu nah an Rast heranfahren, um einen Reifenabbau durch 'Dirty Air' zu vermeiden. Der Niederländer wollte sich für einen letzten Angriff in Position bringen, kalkulierte aber mit einer Runde zu wenig, weil er die Boxenanzeigetafel in der letzten Runde übersah.

Strategie-Analyse Rennen 1 (Top-5)

PositionFahrerStint 1Stint 2
1Rene Rast12 Rd. (160.327 km/h)29 Rd. (173.099 km/h)
2Robin Frijns11 Rd. (158.580 km/h)30 Rd. (173.334 km/h)
3Ferdinand Habsburg11 Rd. (158.187 km/h)30 Rd. (171.993 km/h)
4Jonathan Aberdein11 Rd. (158.062 km/h)30 Rd. (171.796 km/h)
5Fabio Scherer8 Rd. (151.121 km/h)33 Rd. (172.007 km/h)

Rennen 2: Nach der chaotischen Startphase mit zwei Safety Cars spielte die Strategie die rennentscheidende Rolle. Eine Runde nach der zweiten Safety-Car-Phase fuhren der Führende Ferdinand Habsburg und Nico Müller auf P3 liegend im 12. Umlauf an die Box, um sich gegen weitere Safety Cars zu wappnen. Das löste eine wahre Ketten-Reaktion aus: Sieben Fahrer ließen in den Runden 12 und 13 frische Hankook-Reifen aufziehen.

Da Robin Frijns nach einem unverschuldeten Ausfall früh aus dem Rennen war, konzentrierte sich Rast auf Titelgegner Müller und wählte eine Overcut-Strategie in Runde 13 gegen den Schweizer. Dadurch kam Rast auch vor Habsburg aus der Box und hatte mit dem zeitgleich gestoppten Mike Rockenfeller kurzzeitig einen 'Bremsklotz' für Habsburg und Müller hinter sich. Das verschaffte Rast genügend Zeit, um seine Hankook-Slicks in das optimale Arbeitsfenster zu bringen. Beim Zieleinlauf hatte er genau 11,5 Sekunden Vorsprung auf den Zweitplatzierten Müller.

Strategie-Analyse Rennen 2 (Top-5)

PositionFahrerStint 1Stint 2
1Rene Rast13 Rd. (135.330 km/h)27 Rd. (173.071 km/h)
2Nico Müller12 Rd. (132.586 km/h)28 Rd. (172.459 km/h)
3Robert Kubica18 Rd. (144.296 km/h)22 Rd. (170.393 km/h)
4Timo Glock15 Rd. (139.143 km/h)25 Rd. (170.861 km/h)
5Jamie Green14 Rd. (137.403 km/h)26 Rd. (170.744 km/h)
DTM 2020: Hankook-Reifen im Fokus - Blick hinter die Kulissen: (02:07 Min.)

Die ungewöhnlichste Strategie

Geht auf das Konto von Robert Kubica und führte den früheren Formel-1-Fahrer zu seinem ersten Podestplatz in der DTM. Im Sonntagsrennen auf dem Circuit Zolder wurde der Mut des ART-BMW-Piloten mit Platz drei belohnt.

Während ein Großteil des Feldes nach den beiden frühen Safety-Car-Phasen in einer Kettenreaktion seine Pflicht-Boxenstopps einlegte, blieb Kubica auf der Strecke. In dieser Zeit hielt sich der Pole geschickt aus dem Verkehr heraus und konnte das Potenzial seiner Hankook-Reifen voll ausschöpfen. Kubica führte das Rennen in den Runden 14 bis 18 an und sammelte weitere Führungsrunden.

Nach Runde 18 absolvierte er als letzter aller verbliebenen zehn Fahrer seinen Pflicht-Reifenwechsel und kehrte als Viertplatzierter auf die Strecke zurück. In Runde 27 nutzte Kubica die Gelegenheit und überholte Pole-Setter Ferdinand Habsburg, der wegen abbauender Reifen in der Schlussphase einen zusätzlichen Boxenstopp einlegen musste. Beim Zieleinlauf nach 41 Runden hatte Kubica als Dritter 25,785 Sekunden Rückstand auf Rennsieger Rene Rast.

Robert Kubica erzielt im 16. Saisonrennen seinen ersten DTM-Podiumsplatz, Foto: DTM
Robert Kubica erzielt im 16. Saisonrennen seinen ersten DTM-Podiumsplatz, Foto: DTM

Der längste Stint

Beim Rennwochenende in Zolder teilten sich drei Fahrer die Spitze in der Liste der längsten Renn-Stints. Am Samstag absolvierten Nico Müller, Marco Wittmann und Lucas Auer bereits in der fünften Runde ihren Pflicht-Boxenstopp. Eine riskante Strategie, doch nach einer frühen Safety-Car-Phase fuhr das Trio geschlossen auf den letzten drei Plätzen.

Hinter den frühen Reifenwechseln steckte die Hoffnung auf ein weiteres Safety Car, welches das Feld zusammenführen würde. Dadurch wären Müller, Wittmann und Auer die Profiteure gewesen, weil die restlichen Fahrer noch ihre Boxenstopps hätte absolvieren müssen. Trotz einer hohen Safety-Car-Wahrscheinlichkeit auf der Oldschool-Strecke blieb eine weitere Neutralisierungsphase aus.

Müller verbesserte sich bis zur 18. Runde auf den sechsten Platz. Da es in der zweiten Rennhälfte keine weiteren Zwischenfälle gab, fuhren die Top-6 24 Runden lang bis zum Zieleinlauf (Runde 41) auf den gleichen Positionen. Wittmann errang als Zehnter einen Meisterschaftspunkt, Auer folgte auf der elften Position. Das Früh-Stopper-Trio legte im zweiten Stint je 36 Runden zurück, was 144 Kilometern bei einer Streckenlänge von 4,000 Kilometern entspricht.

Nico Müller reist als Gesamtzweiter zum DTM-Finale nach Hockenheim, Foto: Audi Communications Motorsport
Nico Müller reist als Gesamtzweiter zum DTM-Finale nach Hockenheim, Foto: Audi Communications Motorsport

Der schnellste Boxenstopp

Als eines von zwei Privatteams in der DTM glänzte das WRT Team Audi Sport beim Heimspiel im belgischen Zolder. Die Mannschaft von Teamchef Vincent Vosse errang mit Ferdinand Habsburg nicht nur den ersten Podestplatz und die erste Pole Position seiner DTM-Geschichte, sondern absolvierte auch die schnellsten Boxenstopps am Wochenende.

Im Samstagsrennen benötigte Habsburg für seinen Wechsel auf neue Hankook-Reifen nur 51,170 Sekunden (Boxengasseneinfahrt bis Ausfahrt). Das WRT Team Audi Sport absolvierte in diesem Rennen bei DTM-Debütant Fabio Scherer (51,196 Sekunden) auch den zweitschnellsten Reifenwechsel. Am gesamten Rennwochenende gelang es WRT als einzigem Team, Boxenstopps in weniger als 51,2 Sekunden abzuarbeiten.

Die schnellsten Boxenstopps in Zolder (Top-10 kombiniert)

PositionFahrerTeamDauer in Sekunden
1Habsburg FerdinandWRT Team Audi Sport51,170 (Rennen 1)
2Scherer FabioWRT Team Audi Sport51,196 (Rennen 1)
3Sheldon van der LindeBMW Team RBM51,209 (Rennen 2)
4Mike RockenfellerAudi Sport Team Phoenix51,269 (Rennen 2)
5Ferdinand HabsburgWRT Team Audi Sport51,332 (Rennen 2)
6Nico MüllerAudi Sport Team Abt Sportsline51,465 (Rennen 1)
7Timo GlockBMW Team RMG51,535 (Rennen 1)
8Nico MüllerAudi Sport Team Abt Sportsline51,653 (Rennen 2)
9Jamie GreenAudi Sport Team Rosberg51,706 (Rennen 1)
10Marco WittmannBMW Team RMG51,845 (Rennen 2)