Die Bilder im Anschluss an das Rennen ähnelten denen, wie sie sich dem Betrachter bereits in Hockenheim boten: Ein strahlender Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug und ein tief enttäuschter Opel-Sportchef Volker Strycek. Lediglich die Miene ihres Audi-Kollegen Dr. Wolfgang Ullrich hellte sich sichtlich auf.

Mercedes-Benz - Sternzeichen Waage...

Gemäß den allgemeinen Erwartungen sollte das Rennen des Sterns im Zeichen der Waage stehen – doch es kam anders: Obgleich die C-Klasse nach der brillanten Vorstellung in Hockenheim auf 1.060 Kilogramm zugelegt hatte, schienen weder die Stuttgarter DTM-Limousine noch ihre Piloten aus der Puste zu kommen. Wie bereits zwei Wochen zuvor gelang sechs Mercedes-Fahrern der Sprung in die Super Pole; die Pole Position ging anders als in Hockenheim nicht an Audi, sondern an den amtierenden Vizemeister Gary Paffett. Beste Voraussetzungen für das Rennen...

Und so konnte es kaum überraschen, dass erneut ein C-Klasse-Pilot triumphierte: Gary Paffett, der vor seiner Disqualifikation bereits im vergangenen Jahr in der Lausitz der scheinbare Sieger war, fuhr souverän seinen ersten Sieg der Saison und den fünften seiner DTM-Karriere ein. Dass dem Speed des jungen Engländers abgesehen von Mika Häkkinen trotz des Zusatzgewichts insbesondere in der Anfangsphase niemand gewachsen war, überraschte umso mehr in Anbetracht der Tatsache, dass der Brite keineswegs leicht unterwegs war: Erst in der 17. Runde stand der erste Boxenstopp an. Das Pech seines finnischen Teamkollegen tat sein Übriges, um Paffet anschließend eine sichere Fahrt zum Sieg zu ermöglichen.

Mindestens ebenso bemerkenswert gestaltete sich Mika Häkkinens Rennwochenende, das nicht nur durch ein übergewichtiges Dienstfahrzeug, sondern überdies auch durch fehlende Erfahrung und Streckenkenntnis erschwert wurde. Nachdem der in Kürze zweifache Familienvater bereits im Qualifying mit dem dritten Platz aufhorchen ließ, bestätigte er in Form eines dritten Platzes eindrucksvoll die Kürze seiner Lern- und Eingewöhnungsphase. Doch wie schon in Hockenheim verhinderte ein Erlebnis der besonderen Art in der Boxengasse ein noch besseres Ergebnis: Nach einem in den Augen Häkkinens verwirrenden Safety-Car in der Hockenheimer Boxengasse sorgte in Klettwitz ein defekter Wagenheber beim Boxenstopp, der zugleich einen glücklicherweise unverletzten Mercedes-Mechaniker in die Tiefen des Asphalts riss, für einigen Zeitverlust und warf den Finnen hinter Audi-Pilot Tom Kristensen zurück.

Die nach wie vor überlegene Performance der C-Klasse nicht in Ergebnisse umsetzen konnten die übrigen drei Piloten aktueller Fahrzeuge: Bernd Schneider, dessen Super-Pole-Schwäche erstmals in dieser Saison erneut zum Vorschein kam und eine gute Ausgangsposition verhinderte, wurde auf Grund von Leistungsverlust seines V8-Motors kontinuierlich durchgereicht und war so gezwungen, seine C-Klasse vorzeitig auf dem eleganten Parkettboden der HWA-Box abzustellen. Jean Alesi, der Triumphator von Hockenheim, hatte zwar wie auch Häkkinen zum zweiten Mal mit Kuriositäten in der Boxengasse zu kämpfen, die diesmal nicht in einem über die Boxengasse hoppelnden Hasen, sondern vielmehr in einer von seiner C-Klasse offenbar unzertrennlichen Tankkanne bestanden. Dennoch konnte der Franzose auch in fahrerischer Hinsicht weder im Qualifying noch im Rennen an die vorherige Leistung anknüpfen und landete nach dem elften Startplatz im Qualifying nur auf Rang sieben. Jamie Greens Rennen endete nach einem misslungenen Überholversuch von Seiten Mattias Ekströms im Kies.

Und so wird immer deutlicher, welch gelungenen Nachfolger die C-Klasse des Jahrgangs 2004, die von Bruno Spengler und Stefan Mücke in die Super Pole und von letztgenanntem immerhin auf den achten Platz im Rennen pilotiert wurde, gefunden hat: Zwar war angesichts der Überlegenheit der Stuttgarter in Hockenheim auch in der Lausitz mit Siegpotenzial zu rechnen – dass der Sieg der 1.060 Kilogramm schweren C-Klasse gegen die zehn bzw. 20 Kilogramm leichtere Konkurrenz jedoch auch in Klettwitz nicht ansatzweise gefährdet war, überrascht. Die C-Klasse des Jahrgangs 2005 ist anders als sein hauptsächlich auf Hochgeschwindigkeitsstrecken und –abschnitten brillierender Vorgänger zu einem Allround-Fahrzeug geworden, das auch auf vermeintlichen Audi-Strecken kaum eine Schwäche offenbart. Das Niveau der C-Klasse-Neukonstruktion bleibt somit weiterhin unerreicht und lässt den Weg zur Meisterschaft zurzeit zwar gewichtig, aber dennoch nicht steinig erscheinen...

Audi – ohne Ringe um die Hüften...

Das infolge der eher enttäuschenden Vorstellung in Hockenheim erhaltene Idealgewicht sorgte zumindest teilweise für ein Widererstarken der Ingolstädter: Obwohl der Sieg auch diesmal an die Konkurrenz ging, verließ man immerhin als nach Punkten erfolgreichste Marke die Lausitz. Die erreichten 20 Punkte erschienen nach dem Qualifying noch als utopisch; wie schon in Hockenheim gelang nur drei Audi-Piloten der Sprung in die Super Pole. Der amtierende Meister Mattias Ekström war diesmal nicht mit Rang eins, sondern nur mit Rang vier erfolgreichster Audi-Pilot.

Von C-Klassen umzingelt vermochte der Schwede seine Startposition auch nach dem Start zu halten und konnte zumindest den Speed Jamie Greens mitgehen – was sich als verhängnisvoll herausstellte. Ein misslungener Überholversuch gegen Selbigen wurde nicht nur durch harte Worte von Seiten Norbert Haugs, sondern auch mit einer Drive-through-Penalty bestraft. Überdies verlor der Schwede im weiteren Verlauf des Rennens infolge jener Berührung einen Teil der Frontpartie seines A4. Obgleich der blaue Audi auf diese Weise ganz ohne die Platzierungsgewichtsregel um einige Pfunde erleichtert worden war, verschlechterte sich das Handling auf Grund der gestörten Aerodynamik zusehends. Mit Rang vier betrieb Ekström immerhin bestmögliche Schadensbegrenzung und wahrte den Anschluss in der Meisterschaft

Herr der Ringe war diesmal jedoch Tom Kristensen, der dem neuen A4 DTM zum ersten Podestplatz verhalf. Nach einem eher verhaltenen siebten Rang in der Super Pole gewann der Däne beim Start einen Platz und schob sich in Runde zehn souverän an Bruno Spengler vorbei. Doch obschon der sechsfache Le-Mans-Sieger angesichts des misslungenen Boxenstopp Häkkinens und des mindestens ebenso missglückten Manövers Ekströms gegen Green selbst zunächst nicht allzu viel zur Eroberung des zweiten Ranges beizutragen hatte, sah die Lausitz einen verdienten Zweitplatzierten, der sich fehlerfrei und souverän gegen den rundenlang pushenden Mika Häkkinen zur Wehr setzte.

Martin Tomczyk war wie auch in Hockenheim vom Pech verfolgt: Wie bereits vor zwei Wochen stand für den jungen Rosenheimer schon nach der ersten Runde der erste Boxenstopp an, nachdem ein Reifenschaden die Weiterfahrt verhinderte. Mit der Vergabe der Punkte hatte der letztlich Zwölftplatzierte fortan nichts mehr zu tun. Nicht überzeugen konnte auch diesmal Audi-Neuzugang Allan McNish; vielmehr waren im Vergleich zu Hockenheim eher Rückschritte zu erkennen. Nach einem 13. Rang im Qualifying fuhr der Schotte fernab der Punkteränge und stellte seinen demolierten Singleframe-A4 nach einem allzu optimistischen Überholversuch gegen Marcel Fässler in der Box ab. Zu überzeugen vermochte hingegen einmal mehr der A4 des Jahrgangs 2004, den Pierre Kaffer und Frank Stippler mit Hilfe einer fahrerisch makellosen Leistung auf die Ränge fünf und sechs pilotierten. Christian Abt konnte angesichts des neunten Rangs trotz einer kampfstarken Aufholjagd vom 18. Startplatz aus nicht an den Hockenheim-Erfolg anknüpfen.

Summa summarum verzeichnete Audi somit eine Formsteigerung, die sich insbesondere im Rennen bemerkbar machte. Vor allem hier wussten die Ingolstädter ihren Gewichtsvorteil im Vergleich zu Mercedes zu nutzen. Der vermeintliche Streckenvorteil auf der neuen, winkligeren Variante des Eurospeedways, der im Vorfeld auch für den neuen A4 von so manchem Beobachter prognostiziert worden war, kam allerdings nur dem Jahreswagen sichtlich zu Gute, dessen Metier seit jeher die hohen Abtrieb fordernden Streckenabschnitte sind. Wie bei der C-Klasse lässt sich jedoch auch beim neuen A4 keine besondere Vorliebe für bestimmte Streckencharakteristika mehr ausmachen; mit stoischer Ruhe umrundete die Ingolstädter Mittelklasselimousine den Kurs und zeigte sich somit hinsichtlich des Handlings als unproblematisch. Dennoch erreicht der A4 noch nicht das hohe Niveau der C-Klasse und dürfte in Spa – wenn überhaupt – hauptsächlich auf Grund der Platzierung der Ringe, die auch weiterhin im markanten Kühlergrill und nicht um die "Hüfte" des A4 beheimatet sind, nicht den Erfolgen des Vorgängers hinterherfahren.

Opel – die Pfunde purzeln blitzartig...

Dass der Opel Vectra GTS infolge der Platzierungsgewichtsregel nicht bis auf das Skelett – sprich: den Überrollkäfig – abmagert, dürfte zurzeit wohl nur aus dem Mindestgewichtsgrenze von 1.030 Kilogramm resultieren. Auch aus der Lausitz reisten die Rüsselsheimer nach einer enttäuschenden Leistung am gesamten Rennwochenende, das wie gewohnt noch von einer Portion Pech gekrönt wurde, ohne Punkte ab.

Ebenso wie beim Auftaktrennen hielt Marcel Fässler auch auf dem Eurospeedway als einziger Opel-Pilot während der Super Pole die gelbe Opel-Flagge hoch. Ergebnis war Rang neun, womit zumindest ein Vectra-Fahrer die Chance auf Punkte gewahrt hatte. Die Umsetzung jener Chance in ein zählbares Ergebnis scheiterte jedoch erneut an einer Feindberührung. Nachdem sich Fässler nur mit Mühe in den Top Ten gehalten hatte, tat eine von Seiten Fässlers unverschuldete Kollision mit Allan McNish ihr Übriges.

Für die beiden deutschen Piloten des OPC-Teams lief es nicht besser: Der vom 15. Startplatz ins Rennen gegangene Manuel Reuter kreiselte ohne Fremdeinwirkung ins Kiesbett, klemmende Radmuttern beim ersten Boxenstopp vereitelten Heinz-Harald Frentzens ohnehin schon begrenzte Chance, wenigstens in die Nähe der Top Ten zu gelangen.

Laurent Aiello, im Qualifying angesichts eines letzten Startplatzes schlechtester Opel-Pilot, gelang es immerhin als Einzigem, den Vectra GTS in die Top Ten zu pilotieren – von einem Lichtblick zu sprechen, wäre aber wohl übertrieben. Der Gewichtsvorteil der Rüsselsheimer, auf Grund dessen für den Eurospeedway eine steigende Formkurve prognostiziert worden war, machte sich in keiner Weise bemerkbar und konnte nicht verhindern, dass sich der Vectra GTS als das schwächste Fahrzeug in der Lausitz präsentierte – hinter den Vorjahresmodellen von Audi und Mercedes. Mit welch eklatanten Handlings- und Fahrwerkproblemen die Truppe um Volker Strycek zu kämpfen hat, offenbarte sich allzu deutlich: Eine bunte Mischung aus Unter- und Übersteuern sowie eine fehlende Harmonie zwischen Reifen und Auto, die sich insbesondere im Qualifying bemerkbar machte, trugen zu den erschreckend schwachen Ergebnissen bei. Und so wird wohl ein weiteres Abspecken des Vectra GTS allein nicht dazu beitragen können, in Spa mit den Schwergewichten C-Klasse und A4 um nennenswerte Erfolge zu kämpfen.