Beim Saisonauftakt in Hockenheim ging es nicht nur in den beiden Rennen heiß her. Auch abseits der Strecke gaben es sich die Fahrer untereinander mit voller Breitseite. Die DTM hat 2016 eine neue, alte Qualität erreicht, die sie mit der Zeit leider verloren hatte. Devise dieses Jahr: Der Fahrer ist wieder der Star und soll mit aller Macht in den Vordergrund gestellt werden. Darauf haben sich Audi, BMW und Mercedes über den langen Winter noch einmal deutlich verständigt.

Die neue Marschroute wurde der Öffentlichkeit am Hockenheim-Wochenende auf unterschiedliche Art und Weise vor Augen geführt. Wäre es früher etwa undenkbar gewesen, dass sich Audi- und Mercedes-Fahrer medial wirksam über die Bevorteilung der Konkurrenz von BMW beschweren, wurde diesmal ordentlich ausgeteilt. Eben so, wie man es von einem mündigen Rennfahrer erwarten würde.

Mortara: Vollidioten!

Selbst in den Pressemitteilungen gab es keinen Kuschelkurs mehr. War in den vergangenen Jahren von ‚einem anderen Fahrer´ die Rede, der einem ins Auto gekachelt war, wurde das Kind respektive der Unfallgegner jetzt direkt beim Namen genannt. Noch ein Beispiel, dass der PR-Sprech nun offenbar ein Ende hat: Edoardo Mortara, der in der Audi-Pressemitteilung so zitiert wurde: "Leider gibt es in der DTM ein paar Vollidioten, die noch immer glauben, man kann ein Rennen in der ersten, zweiten oder dritten Kurve gewinnen." Rumms!

Als einen ‚Idioten´ bezeichnete auch Gary Paffett seinen langjährigen DTM-Gefährten Mattias Ekström via Twitter. Später erfolgte eine Aussprache der beiden Veteranen. Gleiches Spiel bei Timo Scheider und Antonio Felix Da Costa. Der Audi-Pilot flippte am Funk derart aus, dass er in den USA wohl verklagt worden wäre. Nachdem sich die Wogen geglättet hatten, folgte ein klärendes Gespräch direkt vor den Journalisten. Die Fahrer fluchten wie die Kesselflicker - hart, aber nicht böse oder nachtragend. So wie es in den Glanzzeiten der DTM der Fall war, als Helden à la Stuck oder Ludwig die Tribünen füllten.

Der Sportler ist der Star

"Jetzt werden die Jungs ein wenig von der Leine gelassen", sagte ITR-Boss Hans Werner Aufrecht in einer kleinen Medienrunde, bei der auch Motorsport-Magazin.com dabei war. "Es sind die Sportler, die wir in den Vordergrund schieben müssen. Der Sportler ist der Star. Bei uns ist das leider in den Hintergrund getreten." Stattdessen stand die Marke über allem. Die Fahrer mit wenigen Ausnahmen als Erfüllungsgehilfen des Kommandostandes, wie es der frühere DTM-Meister Manuel Reuter einmal kritiserte.

Klartext von Aufrecht: "Das ist eine politische Einstellung. Will ich, dass meine Fahrer in den Vordergrund kommen? Diese Einstellung war wichtig, dass man erkannt hat, dass es nicht nur die Marke sein kann. Ich verstehe, dass die Hersteller ihre Marke nach vorne bringen müssen. Nur wenn sie keine Stars haben, dann können sie auch nicht ihre Marke nach vorne bringen." Die DTM sei eine faszinierende Serie, die aber verblasse, weil die Fahrer nicht im Vordergrund stünden.

Reglement als Hürde?

Die leidige Helden-Diskussion gibt es seit Jahren in der DTM. Immer wieder wurden neuen Schuldige ausgemacht, die die Entfaltung der Fahrer verhinderten. Laut Aufrecht sei das Reglement ein Problem gewesen. "Wir haben die ganzen Jahre geklagt: Wir haben keine Helden", sagte er. "Wir haben keine Möglichkeit, dass sich jemand profilieren kann. Ich sage, auch das ist ein Problem des Reglements. Wenn die Autos perfekt sind, dann kann auch jeder gut fahren. Wenn ein Auto etwas schwieriger zu fahren ist, dann trennt sich die Spreu vom Weizen. Und dann gibt es auch Stars."

Regelanpassungen wie DRS-Nutzen mit höherer Eigenverantwortung oder die bessere Verteilung des Erfolgsballasts sollen genau dies bewirken. Verständlich sind die neuen Regeln von außen betrachtet nicht unbedingt - doch am Ende soll ja sowieso der Fahrer im Mittelpunkt stehen. In Hockenheim ist der Plan voll aufgegangen. Mit Spielberg wartet nun ein weiteres Rennen, das in den vergangenen Jahren immer gut war für Skandale und Geschichten...