Am kommenden Wochenende steigt im deutschen Motorsportmekka des Motodroms von Hockenheim der erste Lauf zur neuen DTM-Saison 2005. Und die Vorzeichen für das neue Jahr hätten nicht besser stehen können: Neue Fahrer, neue Teams, neue Hersteller, neue Regeln, neue Strecken und noch mehr neue Begeisterung bei den Fans!

Doch schon im Vorfeld des ersten Saisonrennens gab es einen kleinen Dämpfer für die große DTM-Euphorie: Erst das ewige Hickhack um den MG Rover Einstieg, dann die lange Stille um deren Fahrer sowie Auto und nun die Insolvenz des letzten britischen Autobauers.

Wie sich die Situation der Grün-Schwarzen in den kommenden Wochen entwickeln wird, steht zwar noch in den Sternen, doch dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir den angekündigten vierten Hersteller gar nicht in Aktion erleben werden. Für das Jahr 2005 ist dennoch mit viel Spannung auf den erstmals elf Rennstrecken zu rechnen. Ab 2006 könnte sich mit dem Opel-Ausstieg und der MG-Insolvenz aber ein größeres Problem anbahnen...

So international wie nie

Vorerst dürfen wir uns jedoch auf die längste und internationalste DTM-Saison aller Zeiten freuen. Denn obwohl das geplante Rennen in Moskau, mit welchem man sogar dem großen F1-Zampano Bernie Ecclestone zuvor kommen wollte, vorerst auf die nächste Saison verschoben wurde, gehen die DTM-Stars in diesem Jahr gleich fünf Mal auf ausländischen Rennkursen an den Start.

Die erste Auslandsstation ist hierbei die legendäre Ardennenachterbahn von Spa-Francorchamps, wo die DTM-Boliden erstmals in ihrer Geschichte ein Rennwochenende abhalten werden. Aber auch in Brünn und Zandvoort werden die Fahrer sich wieder spannende Rad-an-Rad-Duelle in unseren Nachbarländern liefern.

Ebenfalls zum ersten Mal heißt es zudem auf dem neuen Straßenkurs in Avignon sowie auf der neuen GP-Strecke in Istanbul Gas zu geben.

Gewichtige Regeländerungen

Die Fans erwarten aber nicht nur neue Strecken, sondern auch neue Regeln. Die Einführung eines Einheits-Gurney-Flaps stellt hierbei noch jene Regeländerung mit dem geringsten Sprengstoffpotenzial dar.

Denn ab diesem Jahr gibt es ein Comeback der Handicap-Gewichte, welche zuletzt 1992 eingesetzt wurden. Allerdings wird nicht der siegreiche Fahrer, sondern der komplette siegreiche Hersteller für seine Erfolge 'bestraft'.

Entsprechend erhalten die Neuwagen der drei Hersteller (Vorjahresboliden sind von der Regel nicht betroffen und dürfen sogar ein niedrigeres Gewicht aufweisen) bei einem Sieg eines der Piloten ein Zusatzgewicht von zehn Kilogramm. Der zweitplatzierte Hersteller tritt hingegen mit seinem Normalgewicht an, während die dritt- und viertplatzierten Hersteller mit zehn Kilo weniger an den Start gehen dürfen.

Die Argumente der Gewichts-Gegner lassen sich demnach schnell und einfach auflisten: Warum in aller DTM-Welt wird ein Fahrer für die Siege seines Teamkollegen bestraft? Warum wird überhaupt jemand für Siege bestraft? Die Verfechter der Zusatzgewichte, welche auch bei Bernie Ecclestone für die Formel 1 immer wieder ein heißes Thema sind, beantworten dies mit der klaren Aussage, dass so eine Dominanz verhindert und mehr spannende Zweikämpfe und Chancengleichheit geboten würde. Auch hier gilt ein aus der Formel 1 bekannter Leitsatz, welchen Norbert Haug hervorhebt: "Es geht nicht nur um Sport, sondern auch um die Show."

Audi: Der Titelverteidiger als Jäger des eigenen Schattens

In allen drei DTM-Wertungen gehen die Ingolstädter als Titelverteidiger in ihr zweites Jahr als Werksteam. Das Ziel ist demnach eindeutig umrissen: Möglichst alle drei Titel erneut nach Bayern holen. Dennoch blieb in der Winterpause kaum einer der vier Audi-Ringe auf dem anderen: Es gibt einen neuen Audi A4 DTM, neue Fahrer und eine neue Teamaufteilung.

Aber der Reihe nach. Mit dem Schotten Allan McNish präsentierten die Herren der Ringe in der Winterpause endlich ihren Ex-F1-Piloten, womit alle drei Hersteller von Opel über Mercedes bis hin zu Audi mit einem ehemaligen Fahrer aus der Königsklasse des Motorsports auftrumpfen können.

Neben McNish verpflichtete Audi aber auch noch drei weitere Neulinge, welche alle samt im Team von Joest Racing untergekommen sind. Dort wird auch erstmals Christian Abt, so zu sagen als Teamleader, aktiv sein. Als Arbeitsgeräte stehen den Joest-Piloten aber nicht wie im Vorjahr Neuwagen, sondern die Vorjahresautos zur Verfügung.

Die vier neuen A4-Modelle gehen hingegen alle nach Kempten zum Titelverteidiger Abt Sportsline, wo neben McNish auch Titelverteidiger Mattias Ekström, Tom Kristensen und Martin Tomczyk ins Lenkrad greifen dürfen. Während diese Fahrzeug und Fahreraufteilung bei Joest sicherlich keine Jubelstürme ausgelöst haben dürfte, beruft man sich in der Konzernzentrale darauf, dass man sich so bei den Teams viel besser auf den Einsatz des jeweiligen Modells konzentrieren könne.

Bei den Tests mit der Konkurrenz kamen derweil ohnehin hauptsächlich die alten Autos zum Einsatz, während der 2005er Wagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit in spanischen Gefilden weiterentwickelt wurde. Ob sich die Geheimniskrämerei auszahlen wird, zeigt sich allerdings erst am kommenden Wochenende. Denn bislang erscheint eine Einschätzung des Kräfteverhältnisses ähnlich kompliziert wie die Lage bei MG Zytek.

Mercedes: Der Titel soll her

Im Stuttgarter Lager ist die Zielsetzung für die neue Saison ganz einfach auf den Punkt zu bringen: Der Titel soll wieder her. So stapelt Norbert Haug zwar tief, dass man auch ohne den Titel mit den Rennsiegen des Vorjahres gut leben könne, doch ist klar, dass man bei Mercedes nicht mit weniger als dem Gewinn der Meisterschaft zufrieden sein wird.

Das Rennen um die PR-trächtigste Neuverpflichtung haben die Mercedes-Mannen hingegen schon lange vor Saisonbeginn mit dem Renn-Comeback von Ex-F1-Weltmeister Mika Häkkinen gewonnen.

Ob der Finne aber gleich von Anfang an konkurrenz- und siegfähig sein wird, steht auf einem anderen Blatt, welches auch Jean Alesi und Heinz-Harald Frentzen bereits ausgiebig lesen durften.

Mit Bernd Schneider und Gary Paffett schickt man aber auch noch zwei weitere Stars ins Rennen, von denen vor allem dem jungen Briten viel zugetraut werden darf. Eine fünfte C-Klasse des Jahres 2005 darf zudem der F3 Euro Series Champion Jamie Green chauffieren, was auch ihn in eine siegfähige Position bringen sollte.

Die Vorjahreswagen des Mücke Teams, gefahren von Stefan Mücke und Alex Margaritis, sowie Bruno Spengler dürften zumindest für Punkteränge gut sein.

Opel: Mit Vollgas in Richtung Abschied

Bei Opel stehen die Zeichen hingegen auf Abschied: In der wohl letzten DTM-Saison der Rüsselsheimer (schließlich wurde, trotz gegenteiliger Hoffnungen mit guten Ergebnissen das Ende noch einmal abwenden zu können, für das Jahresende der Ausstieg aus der DTM angekündigt) soll eine "Jetzt erst Recht"-Mentalität für positive Ergebnisse sorgen.

Zumindest bei den offiziellen ITR-Tests in Mugello und Spa-Francorchamps konnten die Opel-Piloten dies bereits in die Tat und vor allem in Testbestzeiten umsetzen. Wie ernst diese Testergebnisse, in Abwesenheit des neuen Audis und unter Berücksichtigung der allgemeinen Verschleierungstaktiken, zu nehmen sind, ist aber noch nicht klar.

Zwar deutete Heinz-Harald Frentzen, der in Spa im Trockenen und bei Regen beinahe nach Belieben dominierte, an, dass auch Opel noch den ein oder anderen Blitz im Köcher habe, doch bleibt abzuwarten, wie kräftig diese Blitze in Hockenheim leuchten werden.

Die nur noch vier OPC-Piloten werden dennoch versuchen gleich beim Saisonauftakt ein Zeichen zu setzen, um nicht doch noch, allen Ankündigungen zum Trotz, in eine kollektive Abschiedsmelancholie zu verfallen. Die Zutaten für einen packenden Saisonauftakt sind also bestens gerichtet.