Es war die große Frage vor dem Rennwochenende in Zandvoort: Wie stark würde der neue Mercedes-Bolide wohl sein? Christian Vietoris steuerte die überarbeitete Version des AMG Mercedes C-Coupé in den Niederlanden auf den fünften Platz. Damit war er erfolgreichster Mercedes-Fahrer. Ein respektables Ergebnis, nachdem Vietoris im Qualifying nicht über Platz 18 hinausgekommen war. Eine defekte Servolenkung - die aber nichts mit dem neuen Auto direkt zu tun gehabt haben soll - hatte ein besseres Resultat verhindert.

Die wahre Stärke des Mercedes 2.0 war in Zandvoort allerdings noch überhaupt nicht einzuschätzen. Vietoris kollidierte während des aufreibenden Rennens mit Audi-Pilot Nico Müller. Dabei trug sein Bolide einigen Schaden davon, was sich natürlich auf die Aerodynamik auswirkte. "Die Frontpartie war ab Mitte des Rennens beschädigt und von daher hatte ich eh ein Auto, das nicht zu 100 Prozent intakt war", sagte Vietoris anschließend im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Wir haben uns den Mercedes in der Startaufstellung genauestens angeschaut, Foto: Motorsport-Magazin.com
Wir haben uns den Mercedes in der Startaufstellung genauestens angeschaut, Foto: Motorsport-Magazin.com

Einzelkämpfer Vietoris

Mercedes hatte sowieso nicht erwartet, der Konkurrenz mit dem Neuen um die Ohren zu fahren. Bislang hatte der Hersteller lediglich einen einzigen Testtag mit der final homologierten Version. Nun wurde der übliche Prozess der Datensammlung eingeleitet - wie es bei jedem neuen Auto der Fall ist. "Es ist zu früh, um Balance-Änderungen im Auto zu spüren", so Vietoris. "Wir hatten es auch noch nicht richtig abgestimmt. Da müssen wir erst mal ins richtige Fenster kommen. Wir müssen das Auto erst mal kennenlernen, das war beim alten nicht anders."

Ein weiterer Grund, warum noch nicht alles rund lief mit dem neuen Mercedes: Vietoris war der einzige Fahrer, der in den Genuss des Neuen kam. Seine sechs Markenkollegen gingen in Zandvoort mit der alten Version an den Start. Vietoris hatte in den beiden Trainings am Samstag zusammen 35 Runden abgespult, um das völlig neue Auto besser zu verstehen. Auf Daten seiner Kollegen konnte er sich nur bedingt verlassen. "Hier war ich der Einzelkämpfer. Das machte die Sache noch etwas schwieriger", bestätigte der Meisterschaftsdritte.

Vietoris beendete das Rennen auf dem 5. Platz, Foto: DTM
Vietoris beendete das Rennen auf dem 5. Platz, Foto: DTM

Ausreichender Fortschritt?

Trotz all der Hürden hatte Vietoris nach dem ersten Rennwochenende mit dem Mercedes 2.0 kein schlechtes Gefühl. Im Gegensatz: "Das war ein Schritt in die richtige Richtung. Wir müssen jetzt nur schauen, ob der Schritt groß genug war. Von außen stellt man sich das relativ einfach vor, ein neues Auto zu haben. Das ist aber ein Rennauto und muss auf den letzten Millimeter abgestimmt sein. Das macht man nicht mal eben in zwei Stunden."

Vielleicht wäre für Vietoris sogar der vierte Platz in Zandvoort drin gewesen, doch mit dem neuen Boliden sparte er es sich, in den Schlussrunden die Brechstange gegen Edoardo Mortara auszupacken. Eine Kollision mit abschließendem Abflug ins Kiesbett wäre nicht die beste Werbung für den Arbeitgeber gewesen. "Da hatte ich mehr zu verlieren als zu gewinnen", sagte Vietoris. "Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, die Punkte für Platz fünf mitzunehmen und kein unnötiges Risiko mehr einzugehen."