Wo lagen vor dem Hintergrund der vielen direkt aufeinanderfolgenden Rennwochenenden die besonderen Anforderungen der bisherigen DTM-Saison 2012?
Hans-Jürgen Abt: Für Mensch und Maschine war es ein aufregendes und kein leichtes Jahr: Neue Autos zu bauen, alle in Hockenheim an den Start zu bringen, gleich konkurrenzfähig zu sein und dann mit viel Elan weiterzumachen. Danach folgte eine lange Pause, anschließend wieder der nächste Doppelschlag. So ist es aber, solche Jahre gibt es. Hoffen wir, dass es im nächsten Jahr wieder ein bisschen ruhiger wird.

Bei Audi steht für die zweite Saisonhälfte eine Aufholjagd auf dem Programm - wie läuft ihre Zusammenarbeit mit dem Hersteller?
Hans-Jürgen Abt: Wir sind schon sehr lange Partner - daher weiß man auch, wo man den Hebel ansetzen und wie man solche Themen angehen muss, damit es letztendlich zu einer Lösung führt. Wie im Sport auch, wird akribisch abgearbeitet. Man muss seine Hausaufgaben hundertprozentig machen, wenn man eine Eins schreiben will. Wenn man sie nur zu 95 Prozent macht, muss man die fünf Prozent eben aufholen, das ist einfach so im Sport. Manchmal macht man es besser, manchmal schlechter und manchmal spielt auch das Rennglück eine Rolle. Im Sport ist das nun einmal so, man kann nicht von Seriensiegen ausgehen. Jedes Jahr muss man sich neu motivieren und sich die Erfolge neu erarbeiten - es wird einem nichts in den Schoß gelegt, schon gar nicht in der DTM, wo es mittlerweile ja dramatisch eng und höchst professionell zugeht. Für viele ist das sehr positiv, für uns aber auf der anderen Seite auch eine riesige Belastung, denn schließlich möchte niemand freiwillig verlieren, jeder aber gewinnen.

Als Titelverteidiger in der Teamwertung haben Sie mit HWA 2012 einen harten Brocken als Konkurrenten...
Hans-Jürgen Abt: Wir haben die Jahre über schon immer hart miteinander gekämpft. Man könnte natürlich sagen, dass das jetzt wieder die Revanche ist, aber so schnell geben wir nicht auf. Wir müssen sehen, dass wir Ekström und Scheider auf Spur bringen und dann gibt es auch wieder die doppelte Punktzahl von beiden. Wenn beide so performen, wie wir uns das vorstellen, haben wir noch Chancen. Auch bei HWA kann etwas passieren. BMW redet bei allem noch genauso mit. Jeder hat die gleichen Voraussetzungen, aber ich denke, die Rennstrecken, die jetzt kommen, sind uns wohlgesonnen. Da waren wir die letzten Jahre über in der zweiten Saisonhälfte immer sehr erfolgreich, egal ob man jetzt von Zandvoort, Oschersleben, Valencia oder Hockenheim spricht. Die Zeichen stehen also auf Hoffnung. Wir sind sehr optimistisch, dass wir eine spannende zweite Hälfte erleben werden.

Eiszeit zwischen Ekström & Tomczyk? Hans-Jürgen Abt ist nichts bekannt, Foto: DTM
Eiszeit zwischen Ekström & Tomczyk? Hans-Jürgen Abt ist nichts bekannt, Foto: DTM

Wie bewerten Sie den überraschend starken BMW-Einstieg? Würden Sie sich wünschen, dass noch weitere Hersteller hinzukommen oder reicht es nun erst einmal mit der sehr engen Konkurrenzdichte?
Hans-Jürgen Abt: Generell sind weitere Hersteller immer erwünscht. Man hat gesehen, dass es Spannung pur ist, wenn drei Premium-Hersteller wie Audi, BMW und Mercedes miteinander Rennsport betreiben. Es war aber auch zu erkennen, wie sauber und sachlich sich BMW darauf vorbereitet hat, wieder in die DTM einzusteigen. Sie kommen aus der Formel 1 und dem Tourenwagensport und haben Tradition und Erfolge vorzuweisen. Sie haben bereits ein Jahr zuvor die Abläufe studiert und geschaut, wie die Dinge laufen. Sie waren nicht unbekannt und haben ja auch Rennteams, die wissen, wie Tourenwagensport funktioniert. Überrascht hat es mich also nicht, dass sie konkurrenzfähig sind. Dass den Erfolg mit Spengler und Tomczyk eher die erfahrenen Piloten in ihrem Kader einfahren, ist ein Schlüsselelement. Diese Jungs holen dann letztendlich die Pokale für BMW. In Sachen Vorbereitung und Performance war aber klar, dass sie auf Augenhöhe sein werden. Augenhöhe heißt in der DTM aber noch lange nichts, wenn zwei Zehntel so einen Unterschied machen, wie das im Moment der Fall ist.

Stichwort Martin Tomczyk - das ehemals sehr gute Verhältnis zwischen ihm und Mattias Ekström soll mittlerweile leichte Risse erhalten haben. Sie kennen beide Fahrer sehr gut...
Hans-Jürgen Abt: Mattias hat meines Erachtens nach mit keinem Fahrer im Fahrerlager ein großes Problem, auch nicht mit Martin. Dass sie früher aber anders befreundet waren, ist klar. Wenn man gemeinsam für die gleiche Firma fährt, hat man auch viel mehr miteinander zu tun. Von Rissen in ihrem Verhältnis ist mir persönlich aber nichts bekannt. Zuletzt in München sind sie ja auch noch direkt gegeneinander gefahren und haben sich danach gegenseitig fair gratuliert, obwohl Martin dann ausgeschieden ist. Es kann sein, dass das gegenseitige Interesse abgenommen hat, zu hoch beurteilen möchte ich das aber nicht, denn letztendlich haben die Berührungspunkte der beiden ohnehin abgenommen und sie sehen sich nur noch am Rennschauplatz - und dort sitzen sie entweder im Auto oder haben anderweitig zu tun.

Nach der Sommerpause geht es mit dem Lauf auf dem Nürburgring weiter - wie schätzen Sie als Motorsportliebhaber die beunruhigenden Meldungen über die aktuelle Situation am Ring ein?
Hans-Jürgen Abt: Das ganze Thema ist ja schon lange hochgekocht. Dass dann irgendwann einmal ein Schnitt erfolgen musste, war klar. Diese Art der Investition war für diesen Nürburgring einfach zu überkandidelt. Die Leute vor Ort werden aber alles versuchen und wenn die wichtigen Großveranstaltungen wie Rock am Ring, vielleicht auch wieder die Formel 1, die DTM, GT- und 24-Stunden-Rennen bestehen bleiben, sind zumindest gewisse Einnahmen vorhanden. Dann muss man schauen, dass man es am Leben erhält, aber eben mit Mitteln, mit denen es auch möglich ist und eben nicht durch ein Herangehen mit Superdimensionen. Jetzt ist die Blase geplatzt. Hoffentlich wird das jetzt alles in die richtige Richtung gelenkt. Die Politik hat an alledem ja mit einen Anteil gehabt, das war eine große Debatte. Der Beschluss, nun aber doch noch einmal Geld zur Verfügung zu stellen, ist von der Regierung her schon einmal ein gutes Zeichen, dass dort weitergemacht werden kann. Das würde dem Motorsport sonst schon wahnsinnig schaden und ich hoffe, dass die ganzen Fans in der Region durchatmen können, denn es wäre schon ein Wahnsinn, wenn es den Nürburgring in dieser Form nicht mehr gäbe.

Nur eine Woche nach dem Nürburgring steht dann in Holland schon der nächste DTM-Lauf an - wie sieht der Ausblick auf das Rennen in Zandvoort aus?
Hans-Jürgen Abt: Zandvoort war für uns schon immer ein tolles Rennen. Es ist immer schön, zwischen den Dünen zu fahren und wir haben dort auch immer viele Erfolge gefeiert und schon Meisterschaften entschieden. Nun hoffen wir natürlich, dass wir nach diesen beiden Rennen in der Tabelle wieder weiter nach vorne kommen, um dann auch für den Schlussspurt gerüstet zu sein.