Der Lausitzring gilt eigentlich als Lieblingsstrecke von Mercedes. Immerhin konnte das Team bislang neun von zwölf Rennen auf dem EuroSpeedway für sich entscheiden. Noch besser las sich die Quali-Bilanz mit zwölf von vierzehn möglichen Pole Positions. Doch im Qualifying zum zweiten Lauf der Saison 2012 fand sich Mercedes, in Person von Gary Paffett, auf dem dritten Rang wieder. Er und Teamkollege Jamie Green, der den sechsen Startplatz ergatterte, waren die einzigen Fahrer, die den Sprung unter die erste zehn schafften.

Motorsportchef Norbert Haug war allerdings weit davon entfernt, von einem Rückschlag zu sprechen. Ganz im Gegenteil: Der 59-Jährige schwärmte von der hohen Leistungsdichte im Feld. "Das ist irre, wie sich das dreht. Heute Morgen die sieben Audis vorne und am Nachmittag ist der beste Audi nur Vierter. Das ist verrückt", sagte Haug. "Gary hat im letzten Sektor einen minimalen Rutscher gehabt - und ist Dritter. Da passt ein Handtuch dazwischen, auf 3074 Meter sind das 1,80 Meter und zum zweiten Platz sind es 21 Zentimeter. Bei der Verschiedenartigkeit der Konzepte ist das mehr als man erwarten kann."

Allerdings schlage die Stunde von Mercedes ohnehin erst im Rennen, dies treffe vor allem auf den in der Gesamtwertung führenden Paffet zu. "Gary speziell ist ja nicht der Top-Qualifyer, auch in der vergangenen Woche hat er von Platz sechs gewonnen", meinte er. Allerdings sei es bei der Ausgeglichenheit zwischen den drei Herstellern unmöglich, eine verlässliche Prognose abzugeben. "Vielleicht macht Ekström gleich drei Plätze gut, ich habe nicht umsonst gesagt, dass ein Dutzend Fahrer noch Siegchancen hat."

Dass der Trend im Gegensatz zu den Vorjahren, als ein guter Startplatz bereits die halbe Miete war, dahin ginge, sich auf eine gute Rennpace zu konzentrieren, wollte Haug nicht bestätigen. "Ohne gute Rennpace war das auch vorher nicht möglich", erklärte er. "Wenn die Autos nach ihrem Leistungsvermögen aufgereiht sind - was auch passieren kann - darf man nicht groß mit Überholvorgängen rechnen. Wäre Gary in Hockenheim von der Pole losgefahren und hätte den Start gewonnen, hätte den keiner mehr gesehen."

Zum Wirbel um Ralf Schumacher, der wegen seiner Fahrweise auf dem Hockenheimring von einigen Kollegen, insbesondere von Bruno Spengler, heftig kritisiert worden war, wollte sich Haug nicht mehr äußern. "Jeder hat gehört, was über Funk gesagt wurde. Ich glaube, es ist besser, wenn man das nicht kommentiert", sagte er. "Einige sollten die Kirche im Dorf lassen. Da haben manche Fahrer schon ganz andere Sachen umgefahren."

Haug schien allerdings froh darüber, dass es am Randes des Rennens eine medienwirksame Versöhnung gab. Ein Feindbild bräuchten die Piloten nämlich nicht, um auf der Strecke bessere Leistung zu bringen. "Schaut Euch mal den Schumacher und den Vettel an. Die wirklich Guten gehen gut miteinander um und besorgen es sich auf der Strecke", sagte Haug. "Wie es zum Beispiel der Gary und der Jamie in Hockenheim gemacht haben, das ist Hochkultur. Ich glaube nicht, dass man vor dem Start einen Eimer Blut trinken muss, um zu attackieren. "