Knapp 70 Jahre ist es nun her, als die Stuttgarter 1952 den straßentauglichen Rennsportwagen SL hervorbrachten. Mit seinen charakteristischen Flügeltüren („Gullwings“), den zahlreichen Erfolgen auf weltweiten Rennstrecken und der Auszeichnung zum „Sportwagen des Jahrhunderts“, wurde der SL schnell zum Mythos.

Die letzte Generation des SL wurde bereits 2020 eingestellt. Für 2022 bringt Mercedes den SL unter der hauseigenen Marke AMG hervor. Das neue Fahrzeug basiert auf einer völlig neukonzipierten Plattform und hat weder mit seinem Vorgänger noch mit dem AMG GT Roadster Bauteile gemein.

Designtreue und Effizienzsteigerung

Die prägenden Merkmale des Karosseriedesigns vom Ur-Modell aus dem Jahre 1952 wurden beibehalten. Der große Radstand, die kurzen Überhänge, die lange Motorhaube, der nach hinten versetzte Fahrgastraum, sowie das kräftige Heck bilden die typischen SL-Proportionen. Darüber hinaus besitzt auch das neue Modell den trapezförmigen AMG-Kühlergrill mit vertikalen Lamellen. Scharf geschnittene LED-Leuchten vorne und hinten sowie 21-Zoll-Leichtmetallräder ergänzen den sportlichen Auftritt des Roadsters.

Ganz oben auf der Entwicklungsliste bei AMG für den neuen SL lag die Effizienzsteigerung des Modells. Die neue Plattform ist, verglichen mit der des Vorgängers, um 270 Kilogramm leichter geworden. Dank Aluminium-Verbundwerkstoffen ist sie auch um 18 Prozent steifer. Einen weiteren Beitrag zur Gewichtseinsparung leistet die neue Dachkonstruktion. Nach 20 Jahren Hardtop-Modellen wird der neue SL nur mehr mit Stoffdach erhältlich sein. Dieses wiegt um 27 Kilogramm weniger und lässt sich in nur 15 Sekunden bei einer Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h ein- und ausfahren.

Aktive Aero-Komponenten sorgen für eine bessere Performance

Der neue SL bringt es auf einen cW-Wert von 0,31. Für eine verbesserte Fahrdynamik unterstützen bewegliche aerodynamische Anbauteile. Im Unterboden vor dem Motor verbirgt sich beispielsweise ein Carbon-Profil, das bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h automatisch 40 Millimeter nach unten ausfährt. Dadurch wird der sogenannte Venturi-Effekt erzeugt, der den Wagen zusätzlich an die Fahrbahn saugt und den Auftrieb an der Vorderachse reduziert. Der SL lässt sich so präziser in Kurven dirigieren und fährt spurstabiler. Eine weitere aktive Komponente ist der nahtlos in den Heckdeckel integrierte ausfahrbare Heckspoiler. Er verändert seine Stellung je nach Fahrzustand.

Premiere feiert das AMG Active Ride Control Fahrwerk mit aktiver hydraulischer Wankstabilisierung. Größte Erneuerung: Aktive Hydraulikelemente ersetzen die herkömmlichen mechanischen Querstabilisatoren und gleichen Wankbewegungen laut Mercedes in Sekundenbruchteilen aus. Weiters ist der SL serienmäßig mit einer aktiven Hinterachslenkung ausgestattet. Das bis auf 2,5 Grad einlenkende System verringert den Wendekreis von 13,2 auf 12,1 Meter.

S-Klasse-Luxus im AMG SL

Auch im Interieur hat sich bei der Neuauflage viel getan. Der auf eine Gesamtlänge von 4,70 Meter gewachsene SL kommt nun als 2+2 Sitzer auf die Straßen. Die hinteren Plätze sollen die Alltagstauglichkeit erhöhen und laut Mercedes auch Personen bis 1,50 Meter Körpergröße noch Platz bieten. Im Alltag werden hier jedoch höchstwahrscheinlich Golf- und Einkaufstaschen landen. Wer noch zusätzlich Stauraum benötigt, kann auf den 240 Liter großen Kofferraum ausweichen.

Der restliche Innenraum kommt luxuriös und volldigitalisiert daher. Neben Leder, Alcantara, Karbon und Holz, sowie der serienmäßigen Kopfraumheizung „Airscarf“, findet man in der Mitte einen 11,9-Zoll-Touchscreen. Um bei offenem Verdeck störende Lichtreflexionen durch unterschiedliche Sonnenstände zu vermeiden, lässt sich der Touchscreen elektrisch in der Neigung von 12 bis 32 Grad verstellen. Spiegelungen sollen auch durch ein spezielles Visier beim 12,3-Zoll-LCD-Kombiinstrument hinter dem Lenkrad verhindert werden. Beide Bildschirme verfügen über die aktuelle MBUX-Version, die bereits auch in der neuen S-Klasse Verwendung findet.

585 PS und sechs Fahrprogramme

Trotz der Gewichtseinsparungen wiegt der neue SL rund 150 Kilogramm mehr als sein Vorgänger. Je nach Ausführung bringt der Sportwagen 1.950 bis 1.970 Kilogramm auf die Waage. Auch der erstmals erhältliche Allradantrieb 4Matic+ trägt zu der Gewichtszunahme bei.

Die zwei Vierliter-V8-Biturbo-Motoren leisten 476 PS und 700 Newtonmeter Drehmoment im SL 55 4Matic+, beziehungsweise in der stärkeren Version SL 63 4Matic+, 585 PS und 800 Newtonmeter Drehmoment. Für die Kraftübertragung sorgt das AMG Speedshift 9G Getriebe inklusive Launch Control namens „Race Start“. Dieses verhilft dem SL in 3,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Schluss ist laut Mercedes bei rund 295 beziehungsweise 315 Stundenkilometer. Insgesamt können zusätzlich sechs Fahrprogramme („Glätte“, „Comfort“, „Sport“, „Sport+“, „Individual“ und „Race“) angewählt werden.

Zu einem späteren Zeitpunkt wird Mercedes den SL auch mit einem Performance-Hybridantrieb anbieten. Eine reine Elektro-Version des Sportwagens sei aber nicht geplant. Genaue Daten zum Hybrid-Modell sowie die Preise für den neuen AMG SL wurden von Mercedes noch nicht veröffentlicht.