2023 kehrt Ferrari zum ersten Mal seit 50 Jahren in die Top-Klasse bei den 24 Stunden von Le Mans zurück, und die Italiener schließen genau dort an, wo sie 1973 aufgehört haben - nämlich auf Pole. Mit einer spektakulären Runde von 3:22,982 holte Antonio Fuoco am Donnerstag in der Hyperpole den ersten Startplatz für 499P #50 (mit Miguel Molina/Nicklas Nielsen). Teamkollege Alessandro Pier Guidi machte den Tag mit Startplatz zwei für #51 (mit James Calado/Antonio Giovinazzi) perfekt.

Fuoco knüpft nahtlos an 1973 an, als beim letzten Ferrari-Antritt in einem gesamtsieg-fähigen Auto Arturo Merzario sich in einem 312 PB mit 3:37,5 den ersten Startplatz sicherte. Am Abend feiert das Team, mit Vorsicht. Eineinhalb Sekunden Vorsprung auf den besten Toyota bedeuten für sie gar nichts.

Dominante Ferrari-Vorstellung im Qualifying

"Es war eine richtig gute Runde!", beschreibt Fuoco nach dem Qualifying seine Pole-Zeit. "Im ersten Versuch hatte ich einen kleinen Fehler in den Porsche-Kurven, dann habe ich mich fokussiert und eine richtig gute Runde zusammengebracht." Der langjährige Ferrari-F1-Simulatorpilot entriss auf dem zweiten Reifensatz Pier Guidi nicht bloß die Bestzeit, er zerstörte sie förmlich, mit 0,773 Sekunden Vorsprung. Selbst Verkehr zwischen Indianapolis und Arnage, wo er fast über langsame GTE-Autos stolperte, konnte ihn nicht stoppen.

Der beste Toyota (#8, Sebastien Buemi/Brendon Hartley/Ryo Hirakawa) lag bereits 1,469 Sekunden zurück. "Das ist mehr als erwartet", räumt Sportwagen-Chef Antonello Coletta ein, und stellt gleich klar: "Wir realisieren, dass das ein unglaubliches Ergebnis ist, aber unser Erfahrungslevel ist sehr gering. Wir haben im letzten Juli erst angefangen."

Antonio Fuoco feiert die erste Ferrari-Pole seit 1973, Foto: LAT Images
Antonio Fuoco feiert die erste Ferrari-Pole seit 1973, Foto: LAT Images

Ferrari zweifelt an Chance gegen Toyota im Rennen

Über eine Runde ist der Ferrari 499P erwiesen schnell, schon bei seinem Renndebüt in Sebring stand er 2023 auf der Pole. Auch die Balance of Performance kommt entgegen: Vor Le Mans musste der Toyota 37 Kilo zuladen und erhielt 4 Megajoule maximale Stint-Energie. Der Ferrari bekam 24 Kilogramm, ausgeglichen durch 2 Megajoule. Der Erfahrungs-Nachteil des Teams kommt jedoch im Rennen zum Tragen. Strategie, Reifen-Management, Defekte - erst einen zweiten und zwei dritte Plätze kann das Team vorweisen.

"Ich bin lieber vorsichtig", mahnt Coletta und unterstreicht gegenüber Motorsport-Magazin.com, dass 2023 ein Podium nach wie vor schon ein großer Erfolg wäre: "Ich würde mir denken, dass das echte Problem in den 24 Stunden für alle Hersteller bis auf Toyota die Zuverlässigkeit ist. Da entscheidet sich das Rennen."

Le Mans 2023 ist der erste Schritt in einem langen Programm, bei dem Ferrari nicht sofort gewinnen muss. In den ersten Rennen wurden bereits Fortschritte gemacht, Probleme wurden ausgemerzt. Das Verständnis der Reifen hat sich laut Coletta bereits verbessert. Probleme mit dem Brake-by-Wire-System auf der Vorderachse, die im zweiten Rennen in Portimao auftraten, sind gelöst.

Nichts davon ändert die Tatsache, dass Ferrari in Le Mans mit einem brandneuen Auto in erst das vierte Rennen geht. Zum ersten Mal fährt man durch die Nacht, 24 Stunden unter Rennbedingungen. Die Liste an Gefahren und potenziellen Problemen ist lang, und wer Le Mans kennt, weiß: Viele Punkte auf dieser Liste wird man als Neuling noch nie erlebt haben. Auch Coletta weiß das: "Das Rennen wird schwierig. Toyota ist momentan die Messlatte im Feld."