Es gibt zwei Typen von Fahrerfrauen. Die einen verfolgen jede einzelne Zwischenzeit ihres Mannes, während die anderen eher die Stütze im Hintergrund sind. Wo würdest du dich einordnen?
Andrea Kaiser: Ich bin vielleicht eine Art Mentalcoach - aber nicht im klassischen Sinne. Ich gebe ihm eine Konstante, indem ich ihn eher von den Rallyes ablenke, damit er nicht so viel grübelt und dadurch wieder fokussierter arbeiten kann. Ich freue mich auch, wenn ich bei einer Sendung zwischendurch etwas anderes sehe oder höre, um eine gewisse Distanz zu den Dingen zu bekommen. Am Rennwochenende gibt es mir selbst ganz wenig, draußen an der Strecke zu sein und die Autos für zwei Sekunden an mir vorbeifahren zu sehen. Ich muss die Zwischenzeiten sehen - da bin ich wieder Journalist [lacht]. Welche Zeit dabei herauskommt, ist mir letztlich egal. Ich freue mich natürlich, wenn er gewinnt, aber wichtig ist nur, dass er ankommt. Entsprechend freue ich mich über Zwischenzeiten - vor allem regelmäßige. Wenn der Computer zwischendurch stehenbleibt, dann mein Herz gleich mit.

Also schwingt durchaus immer etwas Angst bei dir mit?
Andrea Kaiser: Ich würde nicht sagen Angst, sondern Anspannung. Es geht mir auch in anderen Rennserien so, dass ich bei schlimmen Unfällen die Luft anhalte. Motorsport ist gefährlich und das macht in gewisser Weise auch die Faszination aus - da muss man ehrlich sein. Wenn der eigene Mann fährt, ist die Situation natürlich etwas anders, da bin ich manchmal zwiegespalten. Ich vertraue aber Seb und auch der Technik.

Andrea Kaiser versucht bei so vielen Rallyes wie möglich dabei zu sein, Foto: Volkswagen Motorsport
Andrea Kaiser versucht bei so vielen Rallyes wie möglich dabei zu sein, Foto: Volkswagen Motorsport

Was geht in dir vor, wenn trotzdem ein Unfall passiert...wie beispielsweise 2014 in Deutschland?
Andrea Kaiser: Das sind natürlich Dinge, die ich mir nicht wünsche. Ich war gerade auf dem Weg zur Panzerplatte, als ich einen Anruf von Seb bekam. "Darling, I had a big crash." Und wenn Seb "big crash" sagt, dann ist das auch so. Ich habe dann sofort jemanden gebeten, mich zurückzufahren, als schon der nächste Anruf kam. Diesmal war es die Notärztin, die mich aufklärte, in welches Krankenhaus sie jetzt mit ihm fahren würden.

Wie groß war dein Interesse am Rallye-Sport, bevor du Sebastien kennengelernt hast?
Andrea Kaiser: Gar nicht! [lacht]. Ich würde aber nicht sagen, dass es mich nicht interessiert hat, sondern ich kannte es schlicht nicht. Ich habe den Namen Sebastien Loeb zuvor mal gehört, aber ich hätte ihn ganz ehrlich nicht einordnen können. Ich war total in meiner MotoGP-, GT-Masters oder DTM-Welt. Als mich damals beim Race of Champions jemand fragte, ob ich ein Interview mit Sebastien Ogier haben möchte, konnte ich ihn überhaupt nicht einordnen. Ich dachte an Rallye Dakar und hatte das Bild eines älteren Franzosen vor Augen. Ich habe das Interview abgelehnt, weil ich ihn schlicht nicht kannte und mir noch nicht bewusst war, was die WRC ist. Ich habe aber schnell dazugelernt!

Ihr zeigt gerne Bilder von eurem Privatleben auf Twitter. Ist es euch wichtig, euer Glück mit den Fans zu teilen?
Andrea Kaiser: Es gibt zwei verschiedene Gründe für Posts. Wenn ich beispielsweise beim Boxen bin, schieße ich Fotos und teile sie aus beruflichen Gründen. Manchmal ist es aber auch so, dass wir irgendwo stehen und unser Glück einfach teilen wollen. Das geschieht aus dem Herzen heraus. Du bist einfach so verliebt und willst das zeigen. Mir ist es lieber so, als wenn ich irgendwo auf einem roten Teppich auftauche und alle Reporter nur fragen, wo mein Mann ist und sofort Scheidungsgerüchte gestreut werden. Jeder kann wissen, wie glücklich wir sind. Diese Posts sind nicht groß durchdacht. Am Anfang habe ich die Beziehung ja auch lange geheim gehalten. Er hat immer gesagt: Ich bin dein Geheimnis. Aber es musste der richtige Zeitpunkt sein und mir war wichtig, dass wir es nach der Saison bekanntgeben - es gab ja selbst da schon viele Gerüchte.

Hinter vorgehaltener Hand wurde nach Bekanntwerden eurer Beziehung darüber gesprochen, dass du zuerst mit dem Fußballspieler Lars Ricken und jetzt mit dem Rallye-Weltmeister Sebastien Ogier zusammen bist. Trifft dich so etwas?
Andrea Kaiser: Das ist mir wirklich total egal! Ich war zuvor mit einem Musikproduzenten zusammen und wollte immer einen Tierarzt zum Freund haben [lacht]. Die Tatsache, dass Seb ein Profisportler ist, war einer der Gründe, warum ich mit mir selbst gerungen habe, diese Beziehung überhaupt entstehen zu lassen. Im Endeffekt verliebst du dich aber ja in einen Menschen und nicht in den Beruf - der ist in diesem Moment zweitrangig. Ich freue mich ehrlich schon auf den Moment, wenn wir beide in Rente sind, irgendwo rumsitzen und nichts mehr machen. Solange du in der Öffentlichkeit stehst, redet aber jeder hinter deinem Rücken, das ist die Natur des Menschen. Daher halte ich mich an den Song der Ärzte: Lass die Leute reden.

Ihr seid beruflich beide viel unterwegs. Wie kriegt ihr das unter einen Hut?
Andrea Kaiser: Viel reisen. Wir reisen einfach immer zusammen. Er war mit mir beim Super Bowl in Arizona, ich war zwei Wochen später mit ihm bei der Rallye Mexiko. Ich fliege für ihn fünf Tage nach Australien, er kommt wiederum mit mir zum Boxen nach Karlsruhe. Diese Beziehung bedeutet viel reisen und viele Kompromisse füreinander eingehen. Ich glaube, dass man sich schnell verlieren kann, wenn man das nicht macht. Wir sind tatsächlich fast immer zusammen, aber fast nie zuhause.

Andrea Kaiser und Sebastien Ogier bei einer kleinen Rallye, Foto: Volkswagen Motorsport
Andrea Kaiser und Sebastien Ogier bei einer kleinen Rallye, Foto: Volkswagen Motorsport

Du bist nicht nur beruflich, sondern auch privat bekennender Fußballfan. Nicht gerade das Steckenpferd von Sebastien. Entdeckt er durch dich noch irgendwann seine Leidenschaft für den Fußball?
Andrea Kaiser: Er interessiert sich für Fußball und mag Marseille, aber er wird sicher nie ein brennender Fußballfan sein. Selbst spielt er allerdings wirklich gut. Insgesamt kann der Mann einfach alles, was Sport angeht. Ich reite sehr gerne und dachte, ich setze ihn auf mein Pferd, weil Männer in diesem Bereich meist nicht so gut sind - von wegen! Er setzt sich drauf und meint schon nach einem Tag, dass er jetzt gerne galoppieren würde. Ich konnte es nicht glauben! Er kann Fußball spielen, Wakeboarden oder steigt zum ersten Mal auf ein Surfboard und kann sofort surfen. Ich dachte immer, dass ich sehr sportlich bin, aber seit wir zusammen sind, kommt es mir nicht mehr so vor [lacht].

Wenn ihr in Deutschland unterwegs seid, gilt das Interesse fast ausschließlich dir. Ist es nicht merkwürdig, dass er Weltmeister ist, aber du hier der große Star?
Andrea Kaiser: Das macht das Gleichgewicht in unserer Beziehung aus. Wenn ich bei einer Rallye bin, kennt mich kein Mensch und wenn er mit mir unterwegs ist, kennen ihn die wenigsten. In Arizona hat er beispielsweise unser gesamtes Team herumgefahren - er war sozusagen Produktionsfahrer [lacht]. Wenn er mich irgendwo mit hinnimmt, bin ich nur die Begleitung von... - besonders in Frankreich. Ich stehe dann meistens nur daneben und überlege, wie ich gerade lächle. In seiner Welt ist er der Star und in meiner Welt - also in Deutschland - bin ich die bekanntere. Das stärkt unser Verständnis für die Situation des anderen und genau das macht uns beide aus. Wir sind ein ganz normales Pärchen, das eben sehr viel reist. Für mich ist er ja nicht der Rallye-Weltmeister.

Andrea Kaiser und Sebastien Ogier bei der FIA Preisverleihung, Foto: Volkswagen Motorsport
Andrea Kaiser und Sebastien Ogier bei der FIA Preisverleihung, Foto: Volkswagen Motorsport

Sebastien meinte in einem Interview mit uns, dass er dem Privatleben immer mehr Bedeutung beimisst und sich vorstellen kann, nicht mehr allzu lang im Rallye-Sport zu bleiben. Gibt es schon konkrete Zukunftspläne?
Andrea Kaiser: Irgendwann ist Familie sicherlich ein Thema. Ich habe aber meinen Vertrag gerade um drei Jahre verlängert und er ist in der WRC ja auch noch gebunden. Ich glaube, wir leben uns noch ein bisschen aus. Viele denken, Seb will den Rekord von Sebastien Loeb, aber der ist ihm total egal. Er will einfach nur glücklich sein. Fritz Egner hat in einem Interview einmal gesagt "Ich wollte nie der reichste und nie der berühmteste Moderator sein, sondern der glücklichste." Dieses Motto hat mich berührt. Seb ging es genauso und er hat es für sich adaptiert. Fakt ist: Es ist total egal, wie oft du Weltmeister wirst, wenn du nicht glücklich bist und immer deinen Weg suchst, dann werden dir auch 100 WM-Titel nichts bringen. Es geht darum, glücklich zu sein und das muss man erst einmal lernen.