Ein Strategie-Coup brachte Audi den zweiten Saisonsieg in der Langstrecken-Weltmeisterschaft ein: Marcel Fässler, Andre Lotterer und Benoit Treluyer holten sich in einem Rennen den Sieg, in dem Porsche lange wie der sichere Sieger aussah. Doch Porsche scheiterte an den notwendigen Doppelstints, während Audi am Ende gar ein Triple Stint gelang. Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb kamen als einziger Porsche 919 Hybrid ohne Probleme durch das Rennen und wurden Zweite, obwohl sie lange geführt haben. Trotz eines unplanmäßigen Boxenstopps wurden Timo Bernhard, Mark Webber und Brendon Hartley Dritte. In Spa wurde außerdem ein neuer Distanzrekord für Sechs-Stunden-Rennen aufgestellt.

Früher Crash wirft Hülkenberg-Porsche zurück

Porsche verteidigte beim Start die ersten drei Positionen, während Audi und Toyota dahinter einige Runden die Verfolgerplätze aussortierten. Audi stellte sich schnell als erster Verfolger heraus, Toyota kam nicht mehr mit. Den ersten Knall gab es schon nach 20 Minuten: Nick Tandy krachte beim Überrunden ausgerechnet mit dem Manthey-Porsche von Kevin Estre zusammen. Während der von McLaren ausgeliehene GT-Fahrer weiterfahren konnte, musste Tandy den beschädigten Porsche an die Box bringen. Zwar reparierte das Porsche Team beeindruckend schnell, doch es dauerte trotzdem zwei Runden. Damit war der Hülkenberg-Porsche aller Chancen beraubt.

Ein Unfall von Nick Tandy beim Überrunden warf den Hülkenberg-Porsche früh zurück, Foto: Speedpictures
Ein Unfall von Nick Tandy beim Überrunden warf den Hülkenberg-Porsche früh zurück, Foto: Speedpictures

Hartley hielt sich an der Spitze schadlos bis zur letzten Runde seines Stints: Der Neuseeländer verbremste sich in der Bus Stop Schikane und fuhr mitten durch einen Streckenposten hindurch. Er nutzte dabei eine Tasche in der Leitplanke, die eigentlich dafür da ist, ausgefallene Fahrzeuge von der Strecke zu ziehen. Die Konsequenz: Eine 15-sekündige Stop&Go-Strafe, die Timo Bernhard absitzen musste. Er fiel dadurch auf Platz zwei zurück und wurde sogleich von Loic Duval im Audi überfallen. Bevor er kontern konnte, wurde der Porsche jedoch in die Box zurückgeschoben. Wie schon in Silverstone gab es ein Problem mit dem FRIC-System, diesmal konnte Bernhard das Rennen aber wieder aufnehmen.

Somit blieb nur noch ein Porsche übrig, der von drei Audi R18 e-tron quattro gejagt wurde. Es sollte jedoch nicht lange dauern, da schlug das Schicksal auch bei Audi zu: Zunächst verlor Marco Bonanomi im High-Downforce-R18 die Seitenscheibe und musste zur Reparatur an die Box. Wenig später erwischte es dann den drittplatzierten Audi: Eine spinnende ECU legte Loic Duval lahm, der sich daraufhin rein elektrisch an die Box schleppte und sechs Runden verlor.

Doppelter Doppelstint kostet Porsche den Sieg

Auch Toyota sollte nicht ohne Opfer durchkommen: Die TS040 Hybrid waren ohnehin schon so langsam, dass selbst der zurückgefallene Porsche von Bernhard, Webber und Hartley wieder vorbeizog, dann gab es ein Sensor-Problem am Auto der Weltmeister Anthony Davidson und Sebastien Buemi, das das Auto hoffnungslos zurückwarf. Wie langsam Toyota war, zeigte die Tatsache, dass der High-Downforce-Audi trotz seiner Probleme auch wieder am verbliebenen intakten Toyota von Alexander Wurz, Stephane Sarrazin und Mike Conway vorbei ging und P4 nach Hause fuhr.

Ohne Chance: Toyota erlebte einen Alptraum in Spa, Foto: Speedpictures
Ohne Chance: Toyota erlebte einen Alptraum in Spa, Foto: Speedpictures

So blieben ein Porsche und ein Audi im Kampf um den Sieg zurück. Andre Lotterer übernahm zwischenzeitlich sehr überraschend durch einen Doppelstint die Führung. Porsche musste auf die Strategie antworten, doch der 919 Hybrid ging nicht so generös mit den Michelin-Gummis um wie der Audi R18 e-tron quattro. Lotterer machte eine halbe Minute in einem Stint gut und übernahm auf der Außenbahn die Führung. Porsche musste das Doppelstint-Experiment abbrechen, während Audi das Kunststück zweimal gelang. Doch Porsche war mit frischen Reifen schnell: Auch Jani gelang es, innerhalb eines Stints über 20 Sekunden auf Treluyer aufzuholen. Vor dem letzten Stopp ging Jani in Führung.

Zur allgemeinen Überraschung holte Neel Jani keine frischen Reifen beim letzten Stopp, sondern wagte einen weiteren Doppelstint. Das zwang Audi zur Extreme-Strategie, zweieinhalb Stints auf einem Reifensatz zu fahren. Trotz allem gelang es Jani nicht, den Abstand zu verringern, Treluyer fuhr den Sieg für Audi nach Hause. Hinter Dumas/Jani/Lieb fuhren sich noch Bernhard, Webber und Hartley auf Platz drei nach vorn, gefolgt vom High-Downforce-Audi und dem Toyota von Alex Wurz, Stephane Sarrazin und Mike Conway. Nico Hülkenberg, Nick Tandy und Earl Bamber beendeten ihr erstes LMP1-Rennen auf dem sechsten Platz.

Bittersüßer LMP2-Sieg für G-Drive Racing.

Überzeugender Sieg der Gaststarter von Jota Sport, Foto: Speedpictures
Überzeugender Sieg der Gaststarter von Jota Sport, Foto: Speedpictures

Harry Tincknell stürmte direkt beim Start in Führung - zu gut, wie die Rennkommissare befanden. Eine Durchfahrtsstrafe für eine Frühstart war das Resultat. Das hielt Jota Sport aber nicht davon ab, eine beeindruckende Leistung zu zeigen: Bereits bei Rennhälfte führten Simon Dolan, Harry Tincknell und Mitch Evans das LMP2-Feld wieder an und fuhren einem sicheren Sieg entgegen. Als Gaststarter erhalten sie jedoch keine WEC-Punkte.

Somit waren lange Zeit Roman Rusinov, Julien Canal und Sam Bird auf dem besten Weg, zum zweiten Mal nach Silverstone 25 Punkte zu holen. Doch 100 Minuten vor Schluss die Katastrophe: Motorschaden und das Aus. Somit sprangen die Teamkollegen ein: Gustavo Yacaman, Pipo Derani und Ricardo Gonzales holten die zweite Position und maximale Punkte, auf Platz drei kam beim Debüt gleich das Team SARD-Morand mit Pierre Ragues, Oliver Webb und Zoel Amberg. Signatech Alpine kam auf Platz vier, mehr als Platz fünf war für den KCMG-Oreca nicht drin, nachdem Matt Howson, Richard Bradley und Nicolas Lapierre wegen eines Technik-Verstoßes im Qualifying dem Feld mit 30 Sekunden Abstand hinterherstarten mussten.

Aston Martin hält Ferrari in Schach

Stefan Mücke übernahm direkt beim Start die Führung, musste aber schon nach 30 Minuten mit einem schleichenden Plattfuß die Box aufsuchen. Der Aston Martin V8 Vantage fuhr daraufhin off sequence, während die Teamkollegen Alex MacDowall, Fernando Rees und Richie Stanaway die Führung übernahmen. Zwischenzeitlich sah alles nach einem lockeren Sieg für den Aston Martin aus, aber in der letzten Stunde tauchte plötzlich der Ferrari von Gimmi Bruni und Toni Vilander im Rückspiegel auf und ging in Führung. Doch ein beim Boxenstopp wegrollendes Rad brachte Bruni eine einminütige Stop&Go ein, was ihn auf den vierten Platz zurückwarf.

Bruni ging zwar vorbei, doch am Ende lachten MacDowall, Rees und Stanaway, Foto: Speedpictures
Bruni ging zwar vorbei, doch am Ende lachten MacDowall, Rees und Stanaway, Foto: Speedpictures

Eine Kollision in der Bus-Stop-Schikane mit dem Proton-Porsche von Khaled Al Qubaisi warf den lange Zeit drittplatzierten Davide Rigon weit zurück, so dass der Manthey-Porsche von Richard Lietz und Frederic Makowiecki vorrückte. Es war sogar der Klassensieg drin, denn zwischenzeitlich attackierte Lietz sogar Bruni, musste aber dann eine Durchfahrtsstrafe wegen Track Limits absitzen. Dass Bruni seinerseits eine Strafe erhielt, brachte Lietz und Makoweicki aber noch den zweiten Platz ein, P3 ging an den zweiten Porsche von Sven Müller und Kevin Estre - trotz des Crashs in der Anfangsphase.

In der GTE Am wurde mit der Larbre-Corvette der einzige nennenswerte Gegner des Aston Martin von Paul Dalla Lana, Pedro Lamy und Mathias Lauda beim Überrunden durch einen LMP2 eliminiert. Somit cruiste die AMR-Mannschaft zu einem ungefährdeten Sieg vor dem AF-Corse-Ferrari von Francois Perrodo, Emmanuel Collard und Rui Aguas. Mit SMP Racing kam ein weiterer Ferrari 458 Italia auf das Podium, gefahren von Viktor Shaitar, Alexey Basov und Andrea Bertolini.