Der 500ccm-Weltmeister von 1987, Wayne Gardner, fuhr in seiner gesamten Grand Prix-Karriere für Honda und ist auch heute dem Werk und der HRC noch sehr eng verbunden. Darum macht sich der 50-jährige auch heute noch Gedanken, warum man bei Honda seit dem Weggang Valentino Rossis in der Krise steckt und wie diese zu lösen ist. Im Hinblick darauf, dass 2010 die Verträge der aktuellen Top-Piloten Rossi, Casey Stoner, Dani Pedrosa und Jorge Lorenzo auslaufen, nannte der 18-fache GP-Sieger seine Traumpaarung im Honda-Team. "Ich würde es gern sehen, wenn Honda Casey holt, die richtigen Leute um ihn herumgruppiert und das ganze Team neu strukturiert. Außerdem sollen sie Dani als seinen Teamkollegen behalten. Das wäre ein wirklich überragendes Team für 2011", sagte er dem US-amerikanischen TV-Sender SpeedTV. "Honda muss jetzt beginnen nachzudenken und bereit sein, wenn diese Top Vier-Fahrer nächstes Jahr verfügbar sein werden. Wenn ich Honda wäre, würde ich schon jetzt an Caseys Tür klopfen."

Gardner findet unter anderem, dass man Pedrosa auf jeden Fall behalten soll, dass der Spanier aber nicht die Persönlichkeit und Erfahrung habe, um zu sagen, was er brauche. Bei Weltmeister Rossi ist das anders. "Schaut doch einfach mal, was Valentino tat. Yamaha war nirgendwo und Valentino brachte seine Erfahrung in dieses Team und verwandelte es in eine Sieger-Mannschaft", analysierte Gardner. Doch ganz will er Pedrosa auch nicht die Schuld daran geben, dass es bei Honda nicht mehr so läuft und abgesehen von Nicky Haydens WM-Titel 2006 nichts mehr gewonnen wurde. "Wann immer ich mit Leuten von Honda spreche, im Rennsport oder im Geschäft, überall auf der Welt, scheint es allen immer, dass Honda sich nur um Autos kümmert und ich denke, dass sie, was die Motorräder angeht, einfach die Richtung verloren haben."

"Soichiro Honda würde sich im Grab rumdrehen, wenn er das wüsste", fügte Gardner an, der zwischen 1983 und 1992 insgesamt 99 Grand Prix in der 500ccm-Klasse für diese Marke bestritt. "Es ist enttäuschend. Honda kann es doch, aber sie haben einfach nicht die richtigen Leute und die Struktur passt nicht. Ich war auf Phillip Island zum Abendessen mit Dani und Alberto Puig und ich fragte sie nach ihrem Gefühl, was fehlt. Ich weiß, wie die interne Politik in der HRC funktioniert und ich bin nun überzeugt davon, dass es einfach eine fehlende Marschrute aus dem Top-Management ist. Sie haben die Richtung verloren. Es gibt niemanden, der das Lenkrad in der Hand hält, das Schiff hat keinen Kapitän." Es seien einfach massive Änderungen in der Firmenstruktur und im Rennsporteinsatz der Marke notwendig und man müsse die eigene Strategie komplett überdenken.

Doch Stoner allein könne die Honda-Misere auch nicht lösen. Innerhalb der Mannschaft fehlen laut Gardner einfach ein paar fähige Männer. "Neben Casey brauchen sie ein paar Schlüsselfiguren im Team, die die richtigen Informationen aus den Fahrern herausfiltern. Jemanden der versteht, was draußen auf der Strecke vor sich geht, jemand, der Teammanagement aus europäischer Sicht versteht. Das ist es, was gebraucht wird, aber unter japanischem Management, sorry, wird das nicht passieren. Es wird nicht passieren, niemals."

Von seinem Landsmann Casey Stoner schwärmt Gardner aber ununterbrochen. Der Weltmeister von 2007 sei für ihn ein ganz besonderer Pilot. "Er ist ein außergewöhnliches Talent und er hat Ducati gut aussehen lasen. Wenn irgendjemand Valentino schlagen kann, dann ist es Casey." Doch das ginge noch besser, wenn Stoner nicht auf einer Ducati säße. Er bräuchte ein einfacher zu fahrendes Motorrad, eines, welches dem Fahrer ein besseres Gefühl vermittelt. "Wer auf einer Ducati schnell ist, gehört einem ganz exklusiven Club an. Casey hat das gezeigt. Ich denke, dass sogar Rossi und Lorenzo mit der Ducati zu kämpfen hätten, denn Casey kommt aus dem Dirt Track-Sport und fuhr dort seit dem er fünf Jahre alt war. Schwierige Motorräder bei schwierigen Bedingungen zu fahren sind es, warum er auf der Ducati so überlegen und auf einem höheren Level ist."

Gardner weiß, wovon er redet. Er konnte die Ducati Stoners bereits testen und war mehr oder weniger schockiert. "Vor zwei Jahren fuhr ich Caseys Ducati bei einem kurzen Test und es ist ein wirklich komisch zu fahrendes Bike", erinnerte er sich. "Jeder, der es gefahren ist, sagt dasselbe - es fehlt an Gefühl und an mechanischem Grip und darum braucht man ein ganz besonderes Talent, dieses Motorrad schnell fahren zu können und Casey ist ein außergewöhnliches Talent."

"Aus all diesen Gründen würde ich ihn gern auf einem Bike sehen, welches dem Fahrer mehr Gefühl und Feedback gibt. Ducati war schon immer clever bei der Elektronik und damit kann man viele Probleme dieses Bikes übertünchen. Das konnte ich bereits nach vier Runden spüren. Und darum würde ich ihn gern auf einem Bike sehen, welches mehr Gefühl als die Ducati bietet. Die Ducati ist ein gutes Motorrad, aber wenn er auf etwas Besserem sitzen würde, was mehr Gefühl liefert, dann würde man das Heck von Casey nicht sehen - er wäre einfach weg."