Aus deutscher Sicht war Brünn definitiv ein Highlight. Es hat fünf Jahre seit Assen gedauert, bis wieder ein deutscher Fahrer gewonnen hat. Ein großes Kompliment an Stefan Bradl. Es war ein schwieriges Rennen, er hatte zwar ein schnelles Motorrad, aber er hat auch fahrerisch nichts falsch gemacht. Hat man Anfang der Saison gesagt, man hat hier und da noch ein paar Patzer gesehen, war diese Fahrt wirklich einwandfrei und er hat das Rennen absolut verdient gewonnen.

Bei Stefan scheint nun wirklich alles zu passen und eine gute Vorrausetzung dafür, dass es positiv weitergehen kann, ist der Umstand, dass er sich eigentlich schon vorzeitig mit seinem Team auf eine weitere Zusammenarbeit geeinigt hat oder beim nächsten Rennen dann endgültig einigen wird. Das gibt Sicherheit, da kann er entspannt fahren und dann kommen die Resultate fast von alleine.

Reifenkrise, die nächste Runde

Die Situation in der MotoGP ist aktuell nicht gerade gut. Der große Unterschied zwischen den beiden Reifenherstellern sollte so nicht sein. Ich verstehe auch nicht, warum die Leistung so weit auseinander geht. Schön und gut, in Brünn war neuer Asphalt, aber es ist immer noch dieselbe Streckenführung. Es waren auch annähernd die gleichen Streckentemperaturen wie in den Vorjahren, also kann ich mir nicht erklären, warum Michelin da so verwachst hat. Denn die Zeiten, die von den Bridgestone - Fahrern aufgestellt wurden, waren nichts besonders Neues, das war einfach nur der Anschluss an das vorige Jahr. Sie waren jetzt nicht auf einmal zwei Sekunden schneller und deswegen kann ich mir nicht erklären, woher der Unterschied kommt.

Auf der anderen Seite finde ich es nicht gut, dass nun wieder Einheitsreifen im Raum stehen. Denn es ist eine Weltmeisterschaft - und nicht nur eine Weltmeisterschaft der Fahrer oder der Hersteller, sondern eine WM eines jeden Ausrüsters. Ob das jetzt Brembo- und Nissin Bremsanlagen sind, die gegeneinander kämpfen oder Ducati gegen Honda. Warum soll dann ein Einheitsreifen her? Dann könnte man auch fragen, warum die 250er und 125er so auf der Abschussliste stehen, nur weil dort Aprilia alles gewinnt. Das ist im Prinzip dasselbe Problem und beißt sich ein wenig für mich. Wenn man natürlich nur an die Show denkt, und in die Richtung geht es momentan leider, dann wäre es natürlich besser, wenn jeder denselben Reifen hätte, damit Chancengleichheit herrscht. Allerdings wird es dann immer weniger zu einer Weltmeisterschaft.

Wem winkt das Michelin-Männchen?, Foto: adrivo Sportpresse
Wem winkt das Michelin-Männchen?, Foto: adrivo Sportpresse

Klar könnte man auch sagen, dass Michelin an den vergangenen drei Wochenenden von den Umständen nicht begünstigt war, aber eine Firma mit so viel Erfahrung und Know-how sollte das schon in den Griff kriegen. Würde man diese besonderen Umstände weiterdenken, dann müsste man für Indianapolis auch schwarzsehen. Dort ist eine neue Strecke, ein neuer Asphalt; passiert es dann, dass dort gar niemand fährt oder wie? Ich kann wirklich nicht verstehen, was da gerade passiert. Wenn man darüber redet, dass es nicht so schnell geht, ist es eine Sache, wenn es aber heißt, dass ein Reifen unfahrbar ist, dann ist das eine ganz andere Sache. Ich hoffe, dass dadurch nicht schon eine Vorentscheidung Richtung Einheitsreifen getroffen werden soll. Denn wenn er kommt, besteht die Frage, wer ihn stellt. Das wird derjenige sein, der das beste Angebot stellt.

Und wie kommt man zum Einheitsreifen? Indem ein großer Unterschied geschaffen wird. Das ist jetzt natürlich ganz schwarz gemalt, aber das könnte auch so zusammenhängen. Es ist schon komisch, wie ein Werk in zwei Rennen so einbrechen kann. Wenn wir uns an den Saisonanfang erinnern, da haben alle davon geredet, dass Valentino Rossi mit Bridgestone die falsche Entscheidung getroffen hätte. Und jetzt soll sich das innerhalb von einigen Rennen so gewandelt haben. Das ist schon etwas fragwürdig.

Eigenartige Reihenfolge

Während um die Reifen gestritten wird, fahren vorne auch noch zwei um die Weltmeisterschaft. Und Casey Stoner hat da momentan schon Druck, auch wenn er sich den nicht anmerken lassen will. Im Gegensatz zum Vorjahr liegt er zurück und muss Rennen gewinnen, um gegen einen starken Rossi Boden gutzumachen. Diesen Druck würde ich jetzt aber nicht als Grund sehen, warum er in Brünn gestürzt ist. Das war einfach ein unglücklicher Umstand und beim Testen am Montag und Dienstag war Casey auch wieder sehr stark. Interessant habe ich aber gefunden, dass Rossi meinen Eindruck bestätigt indem er sagte, dass die erste Runde im Psycho-Krieg in Laguna Seca an ihn gegangen ist. Das spielt mittlerweile sicher eine große Rolle.

Was generell überrascht hat, war die Reihenfolge an der Spitze. Es war abzusehen, dass die Michelin-Fahrer keine Chance haben werden und die Spitzenplätze an Bridgestone gehen. Aber Elias oder Capirossi auf dem Podest oder West in den Top Fünf, das hätte sich kaum jemand getippt. Es ist gut für die Meisterschaft, wenn einmal andere Leute vorne sind, die schon fast in Vergessenheit geraten. Da ich für Bridgestone beim Alice Team arbeite, war es für mich natürlich auch ganz angenehm, dass Elias so weit vorne angekommen ist.

Das Duell geht weiter: Rossi gegen Stoner., Foto: Fiat Yamaha
Das Duell geht weiter: Rossi gegen Stoner., Foto: Fiat Yamaha

Ob Marco Melandris Wechsel zu Kawasaki der richtige Schritt war, lässt sich im Vorhinein nur schwer beurteilen - immerhin hat man zum Ducati-Wechsel zunächst auch gesagt, der wäre genau richtig. Aber Marco hatte nicht allzu viele Alternativen. Eine Werks-Honda hätte er wohl nicht bekommen, da ist Dovizioso der heißeste Anwärter. Er hätte zu Gresini zurückgehen können, aber da weiß man nicht genau, wie sie das Verhältnis beendet haben. Yamaha ist bereits voll besetzt, bei Suzuki sind im Moment beide Fahrer stark, also war nicht so viel frei. Es war eigentlich schon eine glückliche Fügung, dass er überhaupt noch einen Platz gefunden hat.

Dass im kommenden Jahr noch eine dritte Kawasaki kommt, finde ich natürlich sehr gut. Von mir aus könnten auch noch drei oder vier weitere Maschinen dazukommen. Was die Gerüchte um Toni Elias und die dritte Maschine betrifft, so weiß ich, dass er gerne beim Alice Team bleiben will. Er kennt das Potential des Motorrads ganz genau und weiß, dass er ähnliche Resultate wie in Brünn herausfahren kann. Sollten noch ein paar gute Ergebnisse unter den ersten Fünf kommen, dann gibt es auch keinen Grund, ihn vom Team weggehen zu lassen.

KTM muss die Chance nutzen

Für Alex Debon freut es mich, dass er seinen nächsten Sieg in der 250er geholt hat. Er ist der Erfahrenste in der Klasse, sitzt auf einer Werks-Aprilia und hat etwas zu beweisen. Die Chance hat er bekommen, weil er als Testfahrer so gute Leistungen gebracht hat und jetzt steht er eben ein wenig unter Druck, dieses Vertrauen auch zu bestätigen. Das Rennen war schwierig und für mich war es eigentlich das spannendste Rennen am ganzen Wochenende. Bis zur Zielkurve haben drei Mann um den Sieg gestritten, es ging haarig zu, teilweise haben sie sich sogar fast berührt, das war echt toll zum Zusehen. Simoncelli und Bautista haben auch wieder starke Leistungen gezeigt.

Für die WM war zwar gut, dass Simoncelli nicht ganz vorne angekommen ist, aber was da in der letzten Kurve passiert ist, das waren Entscheidungen in Sekundenbruchteilen, da kann man niemand einen Vorwurf machen. Da hat auch Glück dazugehört. Klar war nur, dass KTM ein wenig zulegen wird müssen, wenn man bis zum Ende um die WM kämpfen will. Mika Kallio ist zwar ein Spitzenfahrer, aber die Ergebnisse in den letzten Rennen haben so ausgesehen, als ob man etwas zurückgefallen sei. Die Maschine scheint nicht mehr so konkurrenzfähig wie am Anfang der Saison.

Das liegt teilweise natürlich am starken Aprilia-Motor, aber teilweise sicher auch am Chassis. Die neue Werks-Aprilia hat ja ein völlig neues Chassis und dort wird auch weiterentwickelt. Wenn man da mithalten will, dann darf man nicht stehen bleiben. Bei KTM wird man da noch nachlegen müssen. Da Kallio ein neues Chassis bereits angekündigt hat, scheint das auch zu passieren. Problematisch für KTM könnte werden, dass Kallio nächstes Jahr schon in der MotoGP sein könnte. Ein Fahrer seiner Qualität hinterlässt eine riesige Lücke und dann würde es richtig schwer werden, gegen Aprilia zu bestehen. Gerade deswegen wäre es wichtig, noch in diesem Jahr die Chance am Schopf zu packen.