"Ich denke, man muss Angst vor uns haben, weil wir den sauren Geschmack der Niederlage des letzten Rennens in eine große Motivation umgewandelt haben. Wir sind zuversichtlich und konzentriert, wir werden sehr stark sein", ließ Valentino Rossi anlässlich der Präsentation des neuen Yamaha Teams mit Fiat Unterstützung wissen. Nimmt man die Testfahrten im Winter als Maßstab, könnte er damit durchaus recht haben. Doch Rossi ist nicht der einzige, der vor Saisonbeginn als großer Anwärter auf den Titel gilt. Einige haben ihre Anwartschaft auf Siege und auch den Titel angemeldet.

Dani Pedrosa bot bei den Testfahrten gute Leistungen, Foto: Honda
Dani Pedrosa bot bei den Testfahrten gute Leistungen, Foto: Honda

Da wäre zum einen Dani Pedrosa, der als einziger beim BMW-Qualifying in Jerez mit Valentino Rossi mithalten konnte. Der Spanier hat während des ganzen Winters sehr starke Leistungen gezeigt und aufgrund seiner Körpergröße und -masse profitiert er von den kleineren 800cc-Maschinen mehr als jeder andere. "Mir hat es Spaß gemacht, die RC212V bei den Tests zu fahren und die kleinere Größe erlaubt es mir, mich leichter auf dem Motorrad zu bewegen als es bei der 990er der Fall war", sagt der Spanier.

Etwas weniger überzeugen konnte bei den Tests Weltmeister Nicky Hayden. Doch das muss nichts bedeuten, denn einerseits hatte der Amerikaner noch mit den Nachwehen seiner Schulteroperation zu kämpfen, die mittlerweile aber größtenteils ausgestanden sind. Andererseits soll er noch eine neue Verkleidung für seine Maschine bekommen, die den Luftwiderstand des großen und breitschultrigen Piloten reduzieren soll. Außerdem ist Hayden ein Racer, der Testfahrten nicht für fabelhafte Rundenzeiten sondern für die perfekte Abstimmung nutzt.

"Das Warten ist vorbei und ich bin heiß darauf, wieder Rennen zu fahren", lässt Hayden wissen, "Es wird ein stolzer Moment, wenn ich mit der Nummer 1 auf meinem Bike in der Startaufstellung stehe - davon habe ich geträumt seit ich ein Kind war. Das ist aber die Geschichte des Vorjahres und wir müssen gleich von Beginn an schnell sein und den Titel von der ersten Session weg verteidigen, weil der Wettbewerb in der MotoGP so intensiv ist."

Wie intensiv der Wettbewerb wirklich ist, kann Colin Edwards beurteilen. Bereits seit 2003 ist der Texan Tornado in der MotoGP mit dabei und wartet nach wie vor auf seinen ersten Sieg. Nach einigen Bestzeiten während der Testfahrten, die sogar seinem Teamkollegen Valentino Rossi einiges an Lob entlockt haben, soll es dieses Jahr aber soweit sein. Die Form, die Maschine und auch der Wille dafür scheinen da zu sein: "Ich habe es während der gesamten Vorsaison gesagt, dass es das Ziel in dieser Saison ist, Rennen zu gewinnen, also freue ich mich darauf, endlich loszulegen."

Loris Capirossi spürt den Zahn der Zeit an sich nagen, Foto: Ducati
Loris Capirossi spürt den Zahn der Zeit an sich nagen, Foto: Ducati

Neben den vier Piloten der Spitzenteams gibt es aber noch vier weitere Fahrer, die man jederzeit auf der Rechnung haben sollte und die ohne unnötige Missgeschicke ganz vorne dabei sein können. Da sind zunächst die beiden Ducati-Piloten Loris Capirossi und Casey Stoner, wobei vor allem der Routinier Capirossi keinesfalls zu unterschätzen ist. Im vergangenen Jahr war er mehrere Rennen wegen des Massensturzes in Barcelona gehandicapped und beendete das Jahr dennoch mit gerade einmal 23 Punkten Rückstand auf dem dritten Rang. Viel wichtiger ist aber noch, dass er seine biologische Rennfahrer-Uhr ticken hört.

"Dieses Jahr ist so wichtig für mich, weil ich weiß, dass ich nicht mehr allzu viele Saisonen in mir habe - vielleicht eine, vielleicht zwei, vielleicht auch mehr, ich bin mir nicht sicher. Also bin ich entschlossener als jemals zuvor, um mein Bestes zu geben und das erste Rennen ist sehr wichtig", sagt der Italiener.

Sein junger Teamkollege Stoner wird erst einmal seine unfallfreudige Fahrweise ad acta legen müssen, wenn er wirklich dauerhaft vorne mitfahren will. Denn bereits im vergangenen Jahr hat er auf der Privat-Honda des LCR-Teams gezeigt, wie schnell er sein kann. Lediglich die Anzahl der Zielankünfte ließ etwas zu wünschen übrig. Rein von der Stimmung her ist er aber schon nahe an der Spitze angelangt. "Ich könnte mit dem Team nicht glücklicher sein, jeder kommt gut miteinander aus und die Maschine ist auf jeder Strecke, die wir besucht haben, besser und besser geworden. Sie sieht sehr konkurrenzfähig aus und die Reifen sehen auch gut aus", sagt er.

Fehlen noch zwei auf der Favoritenliste, die nicht für das selbe Team fahren. Marco Melandri konnte in Jerez mit einigen Testbestzeiten überzeugen, musste sich im Qualifying aber dann, wie die anderen Bridgestone-Fahrer, doch klar geschlagen geben. "Wir haben im Winter viel Vorbereitungsarbeit geleistet, methodisch gearbeitet und uns auf die Renn-Geschwindigkeit konzentriert anstatt auf eine einzelne Runde. Ich mag die Maschine sehr, ich habe ein gutes Gefühl damit und ich habe wieder Spaß", sagt der Vierte der WM 2006.

Ist John Hopkins rechtzeitig wieder fit?, Foto: Suzuki
Ist John Hopkins rechtzeitig wieder fit?, Foto: Suzuki

Über den Winter auch einen Platz in der Favoritenliste erfahren hat sich John Hopkins, der vor allem zu Beginn der Testfahrten im Januar eine Bestzeit nach der anderen hinlegte. Zu Saisonbeginn prangt allerdings ein Fragezeichen über der Fitness des Amerikaners, da er bei den Testfahrten in Katar gestürzt ist und vor allem die Verletzung am Handgelenk noch störend sein könnte. Deswegen fehlte er auch bei den abschließenden Testfahrten in Katar. "Ich war enttäuscht, den letzten Test in Katar zu versäumen, da wir immer noch etwas Arbeit hatten und ich wirklich um das Auto mitfahren wollte. Aber es war das Beste was ich tun konnte, da ich für das kommende Wochenende bereit sein musste", sagt Hopkins.

Acht Namen, acht Favoriten und am Ende könnte es eine ganz knappe Entscheidung werden. Denn so offen wie vor dieser Saison war es schon lange nicht mehr. Wenn am Donnerstag die erste Trainingssession des neuen Rennjahres beginnt, werden die ersten Antworten folgen und am Samstag wird das Bild schon etwas klarer sein, da nach dem Rennergebnis die Kräfteverhältnisse in einem klareren Licht erscheinen sollten.