Spannender Generationenkonflikt in der MotoGP-Weltmeisterschaft: Wenn "Dottore Rossi" - der fünffache MotoGP-Champion Valentino Rossi - am 26. März im südspanischen Jerez seine Visite auf den Rennstrecken rund um den Globus beginnt, wird sich gleich eine ganze Riege junger, ambitionierter Assistenzärzte an seine Fersen heften. Wichtigstes Operationsbesteck des genialen Doktors bleiben die Michelin Reifen seiner rund 250 PS starken Yamaha YZR-M1.

Jedes Jahr eine neue Herausforderung für Superstar Valentino Rossi: Vor zwei Jahren wählte er mit dem Wechsel von Honda zu Yamaha einen steinigen Weg zum WM-Gipfel und erklomm ihn dennoch souverän. Vor der Saison 2005 hatte Motorrad-Supermacht Honda bewährte Stars auf den "verlorenen Sohn" Rossi angesetzt, der jedoch erneut die Oberhand behielt. In dieser Saison sollen nun die jungen Wilden versuchen, den Leitwolf zu hetzen.

Allen voran schickt Honda den 20-jährigen Spanier Daniel Pedrosa ins Rennen. Der 1,58 Meter kleine Katalane gewann in den vergangenen drei Jahren drei WM-Titel (einmal 125er-, zweimal 250er-Klasse) und erhält nun im Werksteam des japanischen Giganten gleich optimales MotoGP-Material. Das gilt nicht nur für seine Honda RC211V, das nach wie vor wohl ausgereifteste Motorrad der Königsklasse. Der 47 Kilogramm leichte Pedrosa setzt wie alle Honda-Piloten auf Michelin Power Race Rennreifen – jenes Fabrikat, das nunmehr 25 Titel in der 500ccm und MotoGP-Klasse eroberte, davon die vergangenen 14 Jahre in ununterbrochener Folge. Als Teamkollege des auch von "Altmeister" Rossi hoch eingeschätzten Pedrosa brennt der ungestüme US-Amerikaner Nicky Hayden auf seinen endgültigen Durchbruch. Der erst 24 Jahre alte Sunnyboy bestreitet bereits seine vierte MotoGP-Saison und riss die Fans im Vorjahr mit seiner Siegesfahrt in Laguna Seca von den Sitzen.

Mit dem 20-jährigen Australier Casey Stoner hat Honda nach ersten Testeindrücken ein weiteres ganz heißes Eisen im Feuer. Der 250er-Vizeweltmeister tritt im LCR-Team des erfahrenen 125er- und 250er-Teamchefs Lucio Checcinello an und vertraut ebenfalls auf den Michelin Power Race. Mit derselben Motorrad-Reifen-Kombination wollen zwei weitere "Young Guns" dem Übertalent Rossi ans Rennleder: Toni Elias (22) aus Spanien und der im Vorjahr sensationell starke Italiener Marco Melandri (23) ziehen für das Honda-Team von Fausto Gresini am Kabel - jenen Rennstall, der sich in den zurückliegenden Jahren immer wieder in den Titelkampf einmischen konnte.

Den "Junior-Teams" von Honda setzt der große Gegenspieler Yamaha geballte Erfahrung entgegen. Dass der selbst erst 27-jährige Valentino Rossi angesichts von so vielen Nachwuchsstars bereits zu den "Alten" zählt, dürfte dem Naturtalent herzlich egal sein. Er hat im Verein mit seinem kongenialen Crew Chief Jeremy Burgess aus der Werks-Yamaha YZR-M1 ein Motorrad gemacht, das unter allen Bedingungen siegfähig ist. Und für Reifenpartner Michelin ist der technisch ungemein beschlagene Italiener einer der wichtigsten Entwicklungsfahrer. Nichts anderes gilt für Teamgefährte Colin Edwards: Der 31-jährige "Texas Tornado" besitzt nicht erst seit seinen beiden Superbike-WM-Titeln das uneingeschränkte Vertrauen der Michelin Techniker. Die Zeiten der Vorsaisontests deuten an, dass der geradlinige US-Amerikaner dieses Potenzial 2006 endlich auch in längst überfällige MotoGP-Siege ummünzen kann.

Zwei hoch interessante "Einzelkämpfer" runden das neunköpfige Michelin Aufgebot in der Königsklasse ab: Der schnelle Honda-Pilot Makoto Tamada wurde im Vorjahr unter Wert geschlagen und kommt jederzeit für einen Grand Prix-Sieg in Betracht. Nicht ganz so hoch - aber so hoch wie seit rund zehn Jahren nicht mehr - sind die Erfahrungen des Teams Roberts gesteckt. Mit Michelin Reifen und einem Honda-Fünfzylindermotor aus der RC211V in ihrem selbst konstruierten KR-Fahrwerk peilen die Mannen um "King" Kenny Roberts Podestplätze an. Die aussichtsreiche Materialkombination begeisterte den 32-jährigen Ex-Weltmeister Kenny Roberts jr. derart, dass er ins Team seines Vaters wechselte und frisch motiviert angreift.

Während Dunlop nur die D'Antin Ducatis von Alex Hofmann und Luis Cardoso ins Gefecht schickt, stellt Bridgestone gleich mehrere Speerspitzen. Zum einen die Werks-Ducatis von Loris Capirossi sowie Ex-Honda-Vizechampion Sete Gibernau. Beide konnten bei den Wintertests mit guten Zeiten glänzen.

Neben Ducati rollen aber auch Kawasaki und Suzuki auf den japanischen Pneus aus der Box. Für Suzuki drehen John Hopkins und Chris Vermeulen am Gas. Bei den Grünen sind Randy de Puniet und Shinya Nakano am Zug.