Wie ist es zum Deal zwischen dir und Marc VDS gekommen?
Tom Lüthi: Ich denke, dass ich es mir schlussendlich erarbeitet habe. Es hat viele Jahre gebraucht, bis ich das geschafft habe, aber nun habe ich die Chance bekommen und wollte sie unbedingt nutzen. Ich habe immer gesagt, dass ich nur mit einem konkurrenzfähigen, gut strukturierten und professionellen Team den Aufstieg wagen werde. Das habe ich jetzt auf jeden Fall. Marc VDS macht einen absoluten Top-Job und so ist es den Fahrern auch möglich, ihre Arbeit gut zu ermöglichen und die ist nun mal schnell Motorrad zu fahren.

Du hast also gar nicht gezögert als das Angebot kam?
Tom Lüthi: Natürlich macht man sich gewisse Gedanken, aber das hat nicht lange gedauert. Mir wurde einfach sehr schnell klar, was das für ein Team ist und dass ich es versuchen will.

Mit der Honda hast du dir aber ein sehr schwieriges Motorrad ausgesucht.
Tom Lüthi: Ich denke 'ausgesucht' ist hier das falsche Wort. Das Motorrad selbst kenne ich nicht. Ich kann es auch nur von außen beurteilen und hin und wieder mit den Jungs sprechen, die es fahren. Am Anfang wird es mit diesem Bike vielleicht schwieriger, aber Honda gewinnt damit auch Rennen.

Aktuell haben die Marc-VDS-Piloten ziemlich zu kämpfen, Foto: Tobias Linke
Aktuell haben die Marc-VDS-Piloten ziemlich zu kämpfen, Foto: Tobias Linke

Du warst jetzt sehr lange in der Moto2 unterwegs, ähnlich wie Johann Zarco. Fühlst du dich ähnlich gut vorbereitet?
Tom Lüthi: Ja. Es gab ja immer wieder Meinungen, dass die Moto2 keine gute Vorbereitung auf die MotoGP ist, weil sie über keine Elektronik verfügt und man ganz anders fahren muss. Zarco und Folger zeigen aber aktuell das Gegenteil. Ich glaube, dass die Moto2 eine gute Schule ist, man dann aber in der MotoGP umdenken und sich anpassen muss. Ich konnte ja bei meinem KTM-Test schon ein bisschen MotoGP-Luft schnuppern und muss schon sagen, dass das ein ganz anderes Ding ist. Man muss viel lernen und den Horizont erweitern.

In den letzten Jahren wollten viele Teams nur ganz junge Fahrer. Findet da jetzt wieder ein Umdenken statt?
Tom Lüthi: Ich denke schon. Zum Glück! Das zeigt auch die Tatsache, dass Zarco bei Tech3 verpflichtet wurde oder Crutchlow für 2018 einen Honda-Werksvertrag bekommen hat. Dieser Jugendwahn hat einfach begonnen, als Marc damals alles gewonnen hat. Dann dachten jeder, dass alle jungen Fahrer so schnell sind. Man hat aber erkannt, dass doch viele länger zum Lernen brauchen als das Riesentalent Marc Marquez. Für mich ist es auf jeden Fall gut, dass der Jugendwahn vorbei ist, denn ich glaube, dass ich noch lange nicht am Zenit bin. Ich habe noch viel vor!

Ist Valentino Rossi da auch eine Inspiration für dich?
Tom Lüthi: Auf jeden Fall. Es gibt aber auch in anderen Sportarten tolle Beispiele, Roger Federer zum Beispiel. Wie er sich wieder zurückgekämpft hat, ist sehr beeindruckend. Das Alter ist nicht entscheidend, man muss nur körperlich fit sein und im Kopf motiviert bleiben.

Du wirkst in allen Belangen stärker denn je. Wie ist das möglich?
Tom Lüthi: Ich denke, es ist ein ständiges Lernen und Wachsen. Die Arbeit mit meinem Crewchief Gilles Bigot hat mich sehr weitergebracht. Außerdem konnte ich mich in den letzten Jahren körperlich immer steigern, weil ich verletzungsfrei in die Winter gegangen bin und so gut aufbauen konnte. Ich bin also fitter denn je, topmotiviert und bringe eine Menge Erfahrung mit. Dieses Paket ist sicher nicht schlecht.

2017 Rivalen, 2018 Kollegen: Lüthi und Franco Morbidelli, Foto: Tobias Linke
2017 Rivalen, 2018 Kollegen: Lüthi und Franco Morbidelli, Foto: Tobias Linke

Wirst du Gilles Bigot als Crewchief auch mit in die MotoGP nehmen?
Tom Lüthi: Es ist noch nicht fix, aber Gespräche laufen. Gilles ist auf jeden Fall ein absoluter Topmann und ich würde gerne diesen Schritt mit ihm machen.

Dein Teamkollege 2018 wird auf jeden Fall dein WM-Rivale Franco Morbidelli sein. Wie siehst du diese Situation?
Tom Lüthi: Das ist toll und eine coole Chance für uns beide. Wir sind beide Rookies, fahren aktuell auf dem gleichen Niveau und kämpfen in der Moto2 um den Titel. Dann starten wir mit der gleichen Erfahrung auf gleichem Material in der MotoGP. Vielleicht können wir uns gegenseitig anstacheln, uns so steigern und voneinander lernen.