Jedes MotoGP-Rennen beantwortet viele Fragen. Doch an einem Rennwochenende gibt es nichts Schöneres, als eben diese Fragen schon im Vorfeld auszuformulieren. Diese Brennpunkte beschäftigen die MotoGP-Fans beim Japan-GP in Motegi:

Holt Marc Marquez schon in Japan den MotoGP-Titel 2016?

Rein rechnerisch ist das auf jeden Fall möglich. Bei noch drei ausstehenden Rennen muss Marquez in Motegi 24 Punkte mehr als Valentino Rossi und zehn Zähler mehr als Jorge Lorenzo einfahren. Ohne einen eigenen Sieg durch Marquez wird die WM-Entscheidung also auf jeden Fall vertagt. Verständlich, dass dieses Szenario Marquez im Kopf herumgeistern mag, wurde er doch schon 2014 im Honda-Land Motegi Weltmeister. Dennoch geht Marquez konservativ an den Japan-GP heran: "Während Aragon beispielsweise eine Strecke war, auf der ich mir vorgenommen habe, anzugreifen, ist Motegi eine Strecke, auf der ich mir vorgenommen habe, so wenig Punkte wie möglich abzugeben."

Marc Marquez kann mit einem weiteren Saisonsieg schon alles klar machen, Foto: Repsol
Marc Marquez kann mit einem weiteren Saisonsieg schon alles klar machen, Foto: Repsol

Ein Pessimismus, der durchaus begründet ist. In der MotoGP-Klasse konnte Marquez den Japan-GP noch nie gewinnen. Nach zwei zweiten Plätzen aus den Jahren 2013 und 2014 fuhr er im Vorjahr die vierte Position nach Hause. Lediglich in den unteren Klassen konnte der Repsol-Honda-Pilot zwei Siege in Motegi einfahren, 2010 bei den 125ern und 2012 in der Moto2 war das der Fall. Überhaupt hatte Marquez in seiner bisher knapp vierjährigen MotoGP-Laufbahn seine Schwierigkeiten auf der Fernost-Tournee. Im Schnitt holte er dort in den letzten drei Jahren die wenigsten Punkte der Großen Vier. Eine Weltmeister-Krönung in Motegi ist daher zwar möglich, aber nur schwer vorstellbar. Doch wie der bisherige Saisonverlauf gezeigt hat: In der MotoGP 2016 ist nichts unmöglich!

Wie sieht die Situation um Valentino Rossi und Jorge Lorenzo aus?

Valentino Rossi und Jorge Lorenzo sind die einzigen Piloten, die Marquez noch davon abhalten können, den MotoGP-Titel 2016 zu holen. Rein rechnerisch sind zwar auch Dani Pedrosa und Maverick Vinales noch nicht aus dem Rennen, doch mit 93 bzw. 99 Punkten Rückstand vier Rennen vor Schluss sind ihre WM-Chancen nur noch theoretischer Natur. Wollen Rossi und Lorenzo das Titelrennen bis zum Ende offen halten, müssen schleunigst Siege her. Zusätzlich müssen die Yamaha-Piloten auf Pech bei Marquez hoffen. Daher scheint man sich im Yamaha-Team eher auf den internen Kampf um die zweite WM-Position zu fokussieren. "52 Punkte sind eine Menge Holz, aber der Kampf um den zweiten Platz gegen Jorge ist noch eng", weiß Rossi.

Jorge Lorenzo darf nur bei den offiziellen Tests in Valencia auf die Ducati umsatteln, Foto: Ducati
Jorge Lorenzo darf nur bei den offiziellen Tests in Valencia auf die Ducati umsatteln, Foto: Ducati

Lorenzo hingegen plagen derzeit neben dem WM-Kampf noch andere Probleme: Yamaha erteilte ihm zwar die Freigabe, für Ducati an den offiziellen Testfahrten in Valencia teilzunehmen. Private Testfahrten auf der Desmosedici sind dagegen tabu für den Mallorquiner. Bei Ducati stößt diese Entscheidung auf Unverständnis, schließlich lassen die Italiener Andrea Iannone auch Privattests mit seinem zukünftigem Arbeitgeber Suzuki zu. "Wir haben nicht eine Sekunde überlegt, Iannone nicht testen zu lassen. Wir denken, dass so etwas im Sinne des Sportsgeists normal sein sollte", so Ducatis Sportdirektor Davide Tardozzi.

Iannone fällt in Motegi wieder aus - Was tut sich bei Ducati?

Auf der Fahrerseite wurde es in den letzten Tagen chaotisch bei Ducati. Andrea Iannone musste auch für Motegi seine Teilnahme zurückziehen, seine Rückenverletzung verheilt langsamer als erhofft. In einem solchen Fall springt normalerweise Ducatis Allround-Tester Michele Pirro als Ersatzfahrer ein. Doch Pirro befindet sich aktuell in Valencia und bestreitet dort den Shakedown der GP17, sodass der Italiener als Option flach fällt. Aus diesem Grund fragte Ducati bei seinem zweiten Testfahrer, Casey Stoner, an, ob er nicht Lust hätte, Iannones GP16 in Japan auszuführen.

Hector Barbera darf in Motegi Andrea Iannones Werks-Ducati steuern, Foto: Simninja
Hector Barbera darf in Motegi Andrea Iannones Werks-Ducati steuern, Foto: Simninja

Doch Stoner lehnte dankend ab. Ducati hat es dennoch kurzfristig noch geschafft, einen zweiten Fahrer für das Werksteam zu melden. Fündig geworden ist man dabei beim Kunden-Rennstall Avintia. Hector Barbera wird für seine guten Leistungen in 2016 belohnt und darf zum ersten Mal in seiner MotoGP-Karriere für ein Werksteam an den Start gehen. Möglich gemacht wurde dies durch einen Last-Minute-Deal mit dem Australier Mike Jones, der in Motegi als Barbera-Ersatzmann bei Avintia fungiert. Jones ist australischer Superbike-Meister und war heuer beim WSBK-Auftakt mit einer Wildcard dabei.

Gelingt Stefan Bradl ein versöhnlicher Abschied aus der MotoGP?

Vier Rennen stehen noch aus, dann ist die MotoGP-Karriere des Stefan Bradl (vorerst) beendet. Klar, dass sich der Deutsche mit einem guten Eindruck aus der Königsklasse verabschieden möchte. Den Anfang machte Bradl schon vor knapp drei Wochen im Motorland Aragon. Dort erreichte Bradl mit seiner Aprilia die Top-10 und schlug dabei die versammelte Ducati-Meute - eine Klatsche für die Roten.

Stefan Bradl holte 2008 seinen zweiten WM-Laufsieg in Motegi, Foto: Sutton
Stefan Bradl holte 2008 seinen zweiten WM-Laufsieg in Motegi, Foto: Sutton

Auch in Motegi lief es in der Vergangenheit oft gut für Bradl, 2008 fuhr er dort seinen überhaupt erst zweiten Rennsieg in der Motorrad-WM ein. "Die Rennen, die jetzt kommen, die taugen mir, die liegen mir. Speziell in Motegi war ich letztes Jahr schon gut drauf, das kommt mir einfach entgegen, die Strecke, da fällt's mir nicht schwer", unterstrich Bradl bereits auf der Intermot seine Ambitionen für den anstehenden Japan-GP.