Es ist eine dieser schönen Geschichten, wie sie nur der Sport schreiben kann: Maverick Vinales holt beim Großbritannien-GP in Silverstone seinen allerersten MotoGP-Sieg und den ersten für seinen Arbeitgeber Suzuki seit Chris Vermeulen in Le Mans 2007. Ein Sieg, mit dem nur die wenigsten vor dem Rennen gerechnet haben. Dabei gab es gute Gründe dafür, warum am Rennsonntag Vinales und Suzuki der endgültige Durchbruch gelingen könnte. Motorsport-Magazin.com zählt die entscheidenden Faktoren für euch auf.

Sieg-Faktor 1 für Vinales in Silverstone: Herausragende Trainings

Maverick Vinales war schon in den ersten drei freien Trainings, die allesamt im Trockenen stattfanden, nahezu unschlagbar. Alleine schon die Platzierungen eins, zwei und zwei belegen dies. Am Freitag hätte man aber noch vermuten können, dass Vinales und Suzuki darauf aus sind, sogenannte Vorstandszeiten hinlegen. Ein Blick auf die Zeitentabelle des FP2 widerlegt dies aber. Schon dort war Vinales als erster Fahrer in der Lage, verstärkt in die 2:02er-Zeiten vorzudringen, bevor am Ende der Session eine Zeiten-Attacke auf neuen Reifen gestartet wurde.

Schon in den Trainings zeigte Maverick Vinales Top-Leistungen, Foto: Suzuki
Schon in den Trainings zeigte Maverick Vinales Top-Leistungen, Foto: Suzuki

Vor allem die Arbeit an der Rennpace stand da für Vinales im Vordergrund, wie er nach dem Rennen nochmal bekräftigte: "Wir haben am Freitag hart gearbeitet, damit das Bike die Reifen haushalten kann, und heute hatte ich so viel Vertrauen in die Front." Bestätigt hat sich dieser Trend im dritten freien Training, als Vinales die mittlere 2:02er-Pace der Top-Konkurrenten mitgehen konnte. Aber: als einziger Pilot war Vinales auch in der Lage, in den 2:01er-Bereich vorzudringen. Mit diesen Leistungen war der Grundstein gelegt.

Sieg-Faktor 2 für Vinales in Silverstone: Perfekte Bedingungen für Suzuki

Sobald es kühler ist, wird die MotoGP-Suzuki zur absoluten Rakete. Diesen Trend konnte man schon während der gesamten Saison beobachten. Und dieser Trend sollte sich in Silverstone erneut bestätigen: Beim Rennstart herrschten 18 Grad Luft- und auch 18 Grad Streckentemperatur. Ideal für die Suzuki, um auf der Strecke richtig aufzublühen. Hinzu kommt noch, dass das Layout des Silverstone Circuit der Suzuki GSX-RR mehr als zusagt. "Unser Bike ist in schnellen Kurven wirklich stark, und hier gibt es viele schnelle Richtungswechsel", bemerkte Vinales bereits am Samstag.

Denn ähnlich wie bei der wundersamen Doppel-Pole 2015 in Barcelona, war auch dieses Mal die Suzuki wieder in zwei Streckenabschnitten der versammelten restlichen Konkurrenz, sei es Honda, Yamaha oder Ducati, überlegen. Vinales holte seine Rundenzeit in den trockenen Trainingssessions vor allem in den ersten beiden Sektoren heraus. Im FP1 und im FP3 war er dort jeweils Schnellster, im FP2 holte Vinales die Bestzeit im ersten Sektor und war Dritter in Abschnitt zwei.

Sieg-Faktor 3 für Vinales in Silverstone: Die Reifenwahl

Cal Crutchlow vor Valentino Rossi und Maverick Vinales lautete die Reihenfolge am Start, im Ziel lag Vinales vor Crutchlow und Rossi. Alle drei Piloten haben sich für dieselbe Reifenkombination entschieden. Vorne hat das Top-Trio den harten Reifen aufgezogen, hinten haben sie sich für die Medium-Option entschieden. Die Konkurrenz ist bei der Reifenwahl mit Ausnahme von Aleix Espargaro und Esteve Rabat durch die Bank in eine andere Richtung gegangen.

Zufall ist der Erfolg der Top-3 daher wohl eher nicht. Jorge Lorenzo und Marc Marquez entschieden sich beispielsweise vorne für den weichen Reifen. Hinterher musste Marquez eingestehen: "Vielleicht haben wir vorne mit dem Soft die falsche Wahl getroffen, aber vor dem Rennen dachten wir, das wäre die beste Option." Dani Pedrosa und das Ducati-Duo Andrea Dovizioso und Andrea Iannone verwendeten vorne und hinten den Soft-Reifen.

Sieg-Faktor 4 für Vinales in Silverstone: Überlegene Pace im Rennen

Alle drei oben genannten Faktoren kamen schließlich im Rennen zusammen und gipfelten zusammen mit dem riesigen Talent des Maverick Vinales in einer Demonstrationsfahrt im Rennen. Die versammelte Konkurrenz, egal ob sie Valentino Rossi oder Marc Marquez hieß, hatte zu keinem einzigen Zeitpunkt auch nur den Hauch einer Chance auf den Sieg. Zu überlegen war Vinales auf der Strecke unterwegs. Unsere Grafik unten zeigt: In den ersten sieben Rennrunden nahm Vinales seinem ersten Verfolger in jedem Umlauf stets drei bis sieben Zehntelsekunden ab! Erst in Runde acht war Valentino Rossi erstmals schneller unterwegs als Vinales. Aber da war der Suzuki-Pilot schon um fast drei Sekunden in der Ferne verschwunden.

Erst im letzten Rennviertel nahm Vinales so weit das Tempo heraus, dass die Konkurrenz wieder minimal aufschließen konnte. Denn in den letzten fünf Runden war stets Vinales' erster Verfolger schneller als der Suzuki-Pilot. Wegen des großen Vorsprungs wollte Vinales keinerlei Risiken mehr eingehen: "Ein paar Runden vor dem Ende habe ich gesehen, dass ich um vier Sekunden vorne liege, da wollte ich einfach keinen Fehler mehr machen." Und so fuhr Maverick Vinales den Sieg im Stile eines Champions nach Hause und holte damit seinen allerersten MotoGP-Sieg und den ersten für Suzuki seit über neun Jahren. Ein MotoGP-Märchen ist wahr geworden.