Der furchtbare Unfall von Alex De Angelis war nur gut 24 Stunden her, als die Rennleitung in Motegi beschloss, den Rennsonntag trotz Startverbots für den Rettungshubschrauber durchzupeitschen. Dichter Nebel hatte eine Bergung mittels Helikopter unmöglich gemacht, man schwenkte auf einen Abtransport mit Krankenwagen für den Fall eines Unfalls um. Eine Entscheidung, die vielerorts für Unverständnis sorgte. Nach stundenlangem Warten auf eine Freigabe für den Hubschrauber war dieser plötzlich nicht mehr nötig, der Druck der Fernsehstationen wohl einmal mehr zu groß. So zumindest der Eindruck bei den meisten Beobachtern.

Ein Verdacht, den Rennleiter Mike Webb gegenüber MCN auf das Schärfste zurückweist. "Wir verschieben immer so lange es geht, aber wenn wir dann nicht mehr weiter verschieben können, müssen wir andere Möglichkeiten in Betracht ziehen", so Webb. Der Wechsel von Hubschrauber- zu Krankenwagentransport sei keine leichtfertige Entscheidung gewesen: "Wir arbeiten mit einem strengen medizinischen Kodex. Laut diesem Kodex ist die Standardvariante beim Abtransport die mittels eines Hubschraubers. Unter gewissen Umständen, wenn die Verkehrsanbindung wirklich gut ist, reicht aber ein Abtransport mit einem Krankenwagen aus und wir können auf den Hubschrauber verzichten. Das ist überhaupt kein Problem."

Der dichte Nebel machte Helicopterflüge unmöglich, Foto: Twitter/Box Repsol
Der dichte Nebel machte Helicopterflüge unmöglich, Foto: Twitter/Box Repsol

Das sei in Motegi der Fall gewesen, nachdem man mit der lokalen Polizei eine Zusammenarbeit vereinbart hatte, die eine Ankunft im vorbestimmten Krankenhaus innerhalb von 50 Minuten garantierte. "Das Ärzteteam war damit absolut einverstanden und bei ihnen liegt letztendlich auch die Entscheidung. Wir als Rennleitung haben darauf keinen Einfluss", hält Webb fest. Vor einigen Jahren hätte die Entscheidung vielleicht noch anders ausgesehen, doch in der jüngsten Vergangenheit habe man in Motegi viel getan: "Das Medical Center in Motegi wurde extrem verbessert, ebenso wie die Ausrüstung und das Personal. Die Krankenwagen sind ebenfalls bestens ausgestattet, also ist der Abtransport über die Straße eine sehr gute Möglichkeit."

Andere Länder, andere Strecken

Rückendeckung erhalten die Verantwortlichen auch von außenstehenden Notfallmedizinern, wie Dr. Philipp Schultes von der Unfallchirurgie am UKH Salzburg: "Da kann man der Rennleitung und dem Ärzteteam meiner Meinung nach keinen Strick daraus drehen. Man muss immer die Umgebungsbedingungen sehen. Wenn die Mediziner mit diesen 50 Minuten einverstanden waren, dann ist das für die dortigen Gegebenheiten sicher eine gute Zeit." Die Situation in anderen Ländern oder gar auf anderen Kontinenten könne man mit der in Österreich, Deutschland oder der Schweiz nicht vergleichen, stellt Schultes im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com: "Das muss man relativ sehen. Wenn es beispielsweise hier am Salzburgring einen Unfall gibt, dann dauert es nicht einmal bei einem starken Schneesturm 50 Minuten bis ins Krankenhaus. In den USA kann es hingegen sein, dass du in dieser Zeit noch gar nicht in der Nähe eines Krankenhauses bist."