Yamaha gibt beim Saisonauftakt in Katar momentan die geheimnisvolle Wundertüte. Jorge Lorenzo und Valentino Rossi scheinen sich auch nach drei Sessions noch im Kampf mit zahlreichen Problemen an der M1-YZR aufzureiben. Dennoch lassen ihre Resultate auch anderweitige Schlüsse zu.

Obwohl die kombinierten Positionen acht und neun nach den drei Freien Trainings wenige Zweifel an einer zumindest temporären Yamaha-Schwächephase gestatten sollten, scheinen ein Blick auf das Zeitentableau sowie in die Vergangenheit noch eine 'zweite Wahrheit' offenzulegen.

Yamaha: Steigerung stets zur rechten Zeit?

Dass Yamaha auf eine schnelle Runde unerwartet auch 'reifenbereinigt' hinter mehreren Kontrahenten hinterherhinkt, muss bekanntermaßen nämlich nichts heißen. Auch in der vergangenen Saison offenbarten Lorenzo und Rossi zum Einstieg eines Wochenendes des Öfteren größere Probleme, die sich nicht immer bis zu Q2 - aber spätestens bis zum Warm-Up - meist verflüchtigt hatten.

Jorge Lorenzo ist ein Meister des Limits, Foto: Milagro
Jorge Lorenzo ist ein Meister des Limits, Foto: Milagro

Mit ihren persönlich schnellsten Runden von 1:55.108 und 1:55.192 lagen Lorenzo und Rossi dann auch lediglich jeweils rund 0,3 Sekunden hinter Pace-Setter Marc Marquez, erzielten dabei in den hektischen letzten Minuten von FP3 quasi wie auf Knopfdruck eine Steigerung von jeweils rund einer halben Sekunde.

Während bei Marquez jedoch alles weitestgehend am Schnürchen zu laufen scheint, klagt vor allem Lorenzo über mannigfaltige Probleme: "Es war für uns heute schwierig. Wir haben auch den harten Reifen ausprobiert, der sehr konstant ist, aber leider zu langsam. Wir haben am Nachmittag ein paar Probleme mit der Elektronik aufgedeckt, die doch sehr komisch waren."

Rossi: Unzufrieden aber zuversichtlich

Zwar gebe der weichere Reifen ein gutes Gefühl, jedoch reiche dies momentan noch nicht aus, um ambitionierte Ziele zu formulieren: "Ich hoffe, wir können die Performance der weicheren Reifen über die Renndistanz konservieren, denn mit dem harten sehe ich keine Chancen für uns. Es wird aber auch schwierig, sich für die ersten beiden Startreihen zu qualifizieren."

Valentino Rossi schöpft Mut aus seiner Top-Leistung 2014, Foto: Yamaha
Valentino Rossi schöpft Mut aus seiner Top-Leistung 2014, Foto: Yamaha

Rossi gestattet sich trotz Platz neun im Gegensatz zu Lorenzo keine resignierenden Gedanken: "Ich habe heute mein Minimalziel erreicht, und das war, unter die besten Zehn zu fahren. FP3 war wirklich unglaublich, denn zehn Bikes liegen ungefähr innerhalb von 0,3 Sekunden. Ich bin über meine Position nicht wirklich glücklich, aber meine Nähe zu Platz eins macht mir dennoch Mut."

Der italienische Superstar glaubt zwar nicht an die Pole Position, schielt aber auf eine gute Startposition in den ersten beiden Reihen. Im Vorjahr hatte sich Rossi von Startplatz zehn nach sensationellem Kampf gegen Marc Marquez im Rennen Platz zwei gesichert, sieht also keinen Grund zur Panik.

Dennoch will Rossi lieber den einfachen Weg gehen: "Ich will weiter vorne starten, um gleich gut ins Rennen kommen zu können. Wir haben uns hinsichtlich des Setups heute enorm gesteigert und unser einziges Problem scheint noch der Reifenverschleiß zu sein. Kann ich den weichen Reifen über das Rennen konservieren und starte vernünftig ins Rennen, traue ich mir hier wieder viel zu."

Sonntag: Ende der Rätselraterei?

Trotz Rossi-Optimismus scheint beim designierten Honda-Verfolger Nummer eins etwas im Argen zu liegen. Oder lamentiert Lorenzo unbegründet? Fakt ist: Bereits bei den Wintertestfahrten schwamm Yamaha trotz meist ansprechender Leistungen meist nur in der erweiterten Spitzengruppe mit, als wie Honda und Ducati an guten Tagen auch mal stichhaltige Ausrufezeichen zu setzen.

Experimentiert das Team im Wissen um die eigene Stärke herum? Blufft Yamaha, um die Konkurrenz in Sicherheit zu wiegen? Oder musste das Team im Entwicklungsrennen - und somit auch dem WM-Kampf - bereits den ersten bitteren Rückschlag hinnehmen? Spätestens am Sonntag könnte die Zeit des Rätselratens vorerst einmal ein Ende finden...